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Beiblatt zur Eilpost für Moden. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. 1842. Tlcucstcs Aüllctin -er Moden. Paris, den 6. März 1842. Ncuc und für jede Saison brauchbare Gegenstände der Mode findet man stets bei M. Gagelin, ruo Uiciwlieu Nr. ; diese Künstlerin zeichnet sich außerordentlich durch guten Ge schmack sowohl als durch Reichhaltigkeit der Erfindung aus. Um einiges namhaft zu machen, was besonders gefällt, so mache ich Sie aufmerksam auf die maurischen, arabischen, Alhambra-Echarpes, dann die von Cachemir, ferner ihre Fou lards mit Mustern von Spitze, nicht zu vergessen die aller liebsten Jbis-Echarpes, die ihren Namen von jenem mystischen Vogel führen, welcher auf den Grund des Stoffes eingcwebt ist; sie sind zur Vervollständigung der Frühlingstoilette vor züglich geeignet. Die Cachemires behalten immer ihre Geltung, ihre Schönheit, Feinheit und Mannigfaltigkeit ist in der That bewundernswürdig. Zu dem allgemeinen Glanz der Toilette trägt besonders der sehr beliebte Turban bei, der meist ent weder von Sammet mit goldenen Bandclctten oder auch blos von Tüll und Goldrcsille besteht. Diese letzte Art ist leichter und einfacher und verräth schon eine Hinneigung zu dem Putz der mildern Jahreszeit. Der kleine helmartige Hut wird, wie cs scheint, sein Ansehn bewahren; wir hören, beiläufig gesagt, daß er bei den Londoner Damen sehr gesucht sein soll. Und wirklich ist auch seine Form eben so anmuthig, als selt sam ; dazu kommt die lange auf der einen Seite herabwallende Feder und die Gold - und Perlenschnuren, welche die andere Seite schmücken und sich mit den Locken vereinigen — dieß gibt einen eigenen Reiz dem ganzen übrigen Anzug. Zur Ball- eoiffüre nimmt man mitunter auch blos eine lange Feder, welche an der linken Seite der Haare herabhängt und oben am Zopfe in einigen Blumen verschlungen ist. Bei einer neulichen Abendgesellschaft in einem Privathause, die sehr glänzend war, haben wir Gelegenheit gehabt, aus nehmend schöne Toiletten zu bewundern. Unter den Roben zeichneten sich aus: eine Robe von rosenfarbenem Mohr mit fünf Reihen Perlen geschmückt, welche unten breit waren und sich nach oben zu verkleinerten. Das Eorsage war mit Schlei fen geziert, die auf den Schultern sich wiederholten; die Acrmel kurz. Ferner eine Robe von weißem Atlas mit zwei Reihen Goldstreifen; darüber eine Tunica von Seidentüll; um die Taille schlang sich eine reiche Goldschnur; die Acrmel kurz, hinten abgerundet, vorn ganz offen, ebenfalls mitGoldcinfassung. Die Schlafröcke, um auch von diesen ein Wort zu sagen, von Flanell oder Mouffeline de laine werden nur für den ersten Morgen, d. h. nur beim Lever benutzt; dann legt man sogleich einen türkischen Schlafrock an, oder auch eine Robe von Atlas. Die beliebtesten Farben sind das Grün, das Bischof-Violet und das französische Blau. In den Herrenmoden hat sich wenig geändert; der Paletot scheint indessen immer mehr von dem eigentlichen Ueber- rock mit Sammctaufschlägen und großen Knöpfen verdrängt zu werden. Eine interessante Erscheinung sind die Fracks von Sammet in verschiedenen Farben mit reichen goldciselirten Knöpfen. Diese Art von Fräcken erinnert sehr lebhaft an die Kleider der Rococcozeit; es fehlt fast nur die Stickerei, welche sich aber schon auf den Westen befindet. Markt dcs gebens. Du, Sie, Er. Ueber diese drei Wörtchen äußerl sich der Domprcdiger Veith zu Wien in seinen jüngst herausge kommenen „Erzählungen und Humoresken" in folgender Weise: „Was haben doch die Deutschen für eine ausgezeichnete Art, durch die dritte Person in der einfachen Zahl grob, und durch die dritte Person in der vielfachen Zahl höflich zu sein! Das edle D u enthält doch den ehrlichen und natürlichen Sinn. Ich erkenne Dich als ein selbstständiges und mir gegenwärtiges Individuum, in untheilbarer Einheit, ja sogar als eine Per sönlichkeit. Das Er aber scheint als ein zwar individuelles, aber abwesendes Geschöpf bezeichnen zu wollen, als ob der Sprechende gar nicht bekennen wollte: Du bist würdig, von meinen Augen gesehen zu werden und meine Aufmerksamkeit auf Dich zu lenken; sondern Du bist nur in sofern mir ge genwärtig, als ich Dich brauchen oder dulden will. In der ehrenvollen vielfachen Zahl dagegen scheint der rechte Sinn dieser zu sein: nicht Du, sondern Deine Herkunft, Deine Co- nerionen, Dein feiner Rock, Dein Geld und Gut, Deine ge priesene Kunst und Kenntniß; nicht Du, sondern Deine zeit lichen und vergänglichen Eigenschaften sind es, mit denen ich mich abgebe. Diesen Umständen empfiehlt sich, der da sagt: ich empfehle mich Ihnen. Diese Eigenschaft sind jene Sie, die man sich zu sehen freut, wenn man sagt: ich bin entzückt, Sic zu sehen." Noth in England. Unter den schrecklichen Erschei nungen, welche zu London der Mangel an Lebensmitteln her vorbringt, gehört die Vermehrung der Zahl der Kindermorde und die Untersuchung der Leichen von Kindern, die vor Hunger