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Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreiS: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Bezirk -es Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Abonnement viertelt. 1 M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstaltcn. V8. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. Z8. Za»r«an«. Sonnabend, den 4. Juli 18SL. Bekanntmachung. Bei dem unterzeichneten Stadtrath ist die Stelle eines Nachtwächters, mit welcher ein jährlicher Gehalt von 350 Mk. verbunden ist, sofort zu besetzen. Etwaige Bewerber um diese Stelle wollen ihre Gesuche nebst Führungs zeugnissen längstens öis 10. Juki dieses Jahres bei dem unterzeichneten Stadlralh einreichen. Eibenstock, den 3. Juli 1891. Der Stadtrath. »>-. Körner. Konkursverfahren. Neber das Vermögen des Handelsmanns in Eibenstock ist am 2. Juli 189l RacbmittagS 3 Uhr das Konkursverfahren eröffnet worven. Kcnkursverwalter: Herr Rechtsanwalt Landrock in Eibenstock. Offener Arrest mit Anzeigefrist bis zum 25. Juli 1891. Frist zur Anmeldung der Konkursforderungen bis zum 30. Juli 1891. Erste Gläubigerversammlung, sowie"allgemeiner Prüfungstermin: den 28. Äugnll 1891, Vormittags 10 Ähr. Eibenstock, den 2. Juli 1891. Königliches Amtsgericht. Der Gerichtsschreibcr: Gruhle. Dienstag, den 7. Juli 1881, Nachmittags 2 Uhr sollen im hiesigen Amtsgcrichksgebäude eine größere Anzahl Spiegel, 1 Faß Stickmaschinenöl — 107 Kilo — und 500 Stück Cigarren gegen Baar zahlung versteigert werden. Eibenstock, am 2. Juli 1891. Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgerichts. Liebmann. Der Nothstand des Handwerks. In Rr. 76 d. Bl. brachten wir unter der Rubrik „Tagcsgeschichle" eine Mittheilung über die jüngst stattgehabte Handwerker-Konferenz, welche sich in hoffnungsfreudiger Weise über die voraussichtlich einzuführenden gesetzgeberischen Maßregeln zum Schutze des Handwerks ausließ. Weniger vertrauensvoll spricht sich dagegen ein Leitartikel der „Dr. Nachr." aus, welchen wir der darin ausgesprochenen Wahrheiten wegen hier gern folgen lassen unv der von jedem Kenner der wirth- schaftlichen 'Roth unseres Mittelstandes als in jeder Beziehung zutreffend erachtet werden wird. Es heißt darin: Für Denjenigen, welcher Charakter und Ziel eines großen Theiles der einflußreichen deutschen Presse nicht kennt, kann es wunderlich erscheinen, daß der so überaus wichtigen Handwerkerfrage so gut wie gar keine Aufmerksamkeit geschenkt wird, während jeder kleine Wunsch der Arbeiterschaft sofort nach allen Seiten besprochen und möglichst berücksichtigt wird. Die TheilnahmSlosigkeit der Presse führt wieder eine gewisse Gleichgiltigkeit im Publikum herbei, und das Resultat der ganzen Geschichte ist cs, daß die meisten Leute ganz verwundert dreinblickcn, wenn Jemand in ihrer Gegenwart von einer .Handwerkerfrage" spricht. Und doch liegt hier eine Gefahr, die ein klarblickender Staatsmann abzuwendcn die Pflicht hat, die Gefahr, daß unser tüchtigster Stand zu Grunde geht und daß er seine Mitglieder verzweiflungsvoll in die Reihen der Sozialdemokratie entsendet. Mit welchem Jubel wurden die Maßnahmen begleitet, welche der Besserung der Arbeiterverhältnisse gellen! Seit anderthalb Jahren hört man kaum von etwas Anderem, als von sozialen 'Reuerungen. Sogar der Freisinn bekehrt sich äußerlich zu Anschauungen, die ihm in seinem Innersten zuwider sein müssen; allerdings wurde ihm dieser Wechsel erleichtert durch das angenehme Gefühl, durch Vermehrung der von dem Handwerkerstände zu tragenden Lasten die Lebensfähigkeit desselben immer stärker zu verringern und das Vordringen der groß kapitalistischen Betriebe immer mehr zu erleichtern. Wer noch trotz aller Enttäuschungen an der Hoffnung fcsthielt, daß das Stiefkind unserer Zeit, das ehrliche Handwerk, auch einmal Gehör finden werde, daß z. B. die Konferenz, die neulich in Berlin tagte, positiv reformatorische Erfolge haben werde, der wird wohl langsam zu der Einsicht gelangen, daß er — sich ge irrt Hai. Ist eS doch heutzutage schon fast verpönt, setzt man sich doch sofort den tollsten Beschimpfungen au», wenn man überhaupt wagt, für da» Handwerk einzutreten. Warum? Weil man gleichzeitig die Drohnen verurtheilt, indem man die Arbeitsbienen lobt. ES giebt eine ganze Reihe von Wünschen, die aus Handwerkerkreisen immer wieder erhoben werden, ohne daß man jedoch da« Geringste von ihrer Berücksichtig ung erführe. Al» grundlegend für den Nothstand in Hanrwerkerkrcisen wird man die zügellose Ge werbefreiheit zu betrachten haben. ES klingt so einleuchtend und doch leuchtet es so Wenigen ein, daß das Gewerbe den Leuten gehören muß, welche es erlernt haben! Der Staat geht gegen den Kur pfuscher vor, der die ärztliche Praxis ausübt, er schließt den „Linksanwalt", wie im Volksmunde der Winkel advokat genannt wird, von der Gerichlsstclle aus, er läßt weder in der Justiz noch in der Medizin Be werber zu, die nicht im Examen den Befähigungs nachweis erbrachten. Er geht da von der richtigen Erkenntniß aus, daß Leute, die etwas Ordentliches gelernt haben, fähiger zur Ausübung eines Berufes sind, als solche, die nichts lernten, als ein Berufsfeld geschickt abzugrasen. Das Handwerk aber ist vogelfrei, hier hat jeder schmutzige Gesell das Recht, hinein zn pfuschen. Seit Einführung der Gcwerbefreiheit gehen zahlreiche unsolide Existenzen mit dem schönen „Bei spiel" voran, schleckte Waaren auf den Markt zu bringen für einen Preis, der natürlich billig scheint, in Wahrheit aber bei der gelieferten Schundwaare viel zu theuer ist. Be* der Blindheit und Gedanken losigkeit ver Käufer gelingt es ihr natürlich bald, das solide Handwerk außer Konkurrenz zu setzen. Das Schacherthnm florirt, mag auch das Bürgerthum zu Grunde gehen! Es ist da vor einiger Zeit hier in Dresden ein Heftchen erschienen, das sich „Der Ruin des Mittel standes" betitelt und in den Kreisen der sächsischen Regierung verdiente Würdigung fand. Se. Excell. der Herr Staatsminister v. Gerber hat dieses Heft allen ernsten Politikern zur Lektüre empsohlen. ES sei bei dieser Gelegenheit dankbar anerkannt, daß man nirgendwo in ganz Deutschland den hier angeregten Fragen eine so ernste Aufmerksamkeit schenkt, als in unserem engeren Vaterlande, und es sei zugleich der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß Sachsen diese Dinge thatkräftig in die Hand nehmen und im Rathe der deutschen Fürsten darauf dringen möge, daß Wandel geschaffen werde. Die erwähnte Broschüre giebt manch werthvollen Fingerzeig darüber, wo unser Handwerk der Schuh drückt, und sie darf wohl als ein Noth- schrei aus dem bedrängten Herzen von vielen Tausenden betrachtet werden. Wenn der größte Bundesstaat nicht die Initiative ergreifen will, wenn er sich sogar direkt ablehnend verhält, dann Sachsen voran! ES sind Forderungen verschiedener Art, welche da« Handwerk stellt; aber sie alle stehen in einem bemerk baren, inneren Zusammenhang, sie alle stehen im Gegensatz zu der manchesterlichen Ausbeutungsfreiheit de» soliden Mannes durch den Geschäftskniff. Zunächst muß immer wieder die Noihwendigkeit betont werden, moderne Innungen mit Ausstattung weitestgehender Rechte zu schaffen. E« bricht ja allerdings sofort ein Wuthgeheul auf der ganzen Linie der Indianer der Gewerbefrciheit aus, wenn man da« Wort „Innung" nur ausspricht, man wird al» mittelalterlicher Finsterling al» Ultra-Reaktionär verschrieen: gut, wir wollen un» das gefallen lassen, wir wollen eine Reaktion gegen schlechte Gesetze, wir wollen eine Rückkehr zu solchen Formen der Ver gangenheit, die nur durch Ucberrumpelung vernichtet wurden. Wir wollen eine Reaktion in dem Sinne einer Hausfrau, welche den Schmutz, der sich in ihren Zimmern ansammelt, nicht als Produkt einer natür lichen Entwickelung schont, sondern ihn mit scharfem Besen hinauskehrt. Straffe Zucht und ernste Er ziehung, das seien die Stichwörter! Schiedsgerichte müssen über die Ehre der einzelnen Berufe wachen, sie müssen das Recht haben, der Sckleuderkonkurrenz enrgegenzutreten und sie zu vernichten. Würden denn dabei irgend welche wirthschaftlich werthvolle Existenzen zu Grunde gehen? Wir werden die Antwort er halten, wenn Rußland auf Grund seiner gegen wärtigen Maßregeln gesünder als jemals fortbestchcn wird. Mit Produktivgenossenschaften ist da nicht« ge- than, sie helfen Einzelnen, aber nicht der Gesammthcit! Eine weitere, durchaus berechtigte, ja nothwendige Forderung ist eine klare Regelung des Submissions wesens, auch hierbei würde der Innung eine hohe Aufgabe zufallen. Die heutige SubmissionSwcise ist geradezu ein Hohn, denn die Art der Arbeits vergebung drückt das Gewerbe, statt es zu heben, tief hinab. Dahin gehört serner die Regelung der Zuchthausarbeiten, die bei den niedrigen in Gefäng nissen üblichen Löhnen die Konkurrenz der ehrlichen Leute vernichten. Fürst Bismarck trat, wie die citirte Broschüre hervorhebt, für die Beschäftigung von Ge fangenen in Kohlenbergwerken ein! Ein beachtens- werther Vorschlag geht dahin, durch eine Umsatzsteuer die Einkommensteuer in Handel, Gewerbe und In dustrie in Fortfall zu bringen. Es würde hiermit erzielt werden, daß der Grundsatz gewisser Geschäfts männer „die Masse muß es bringen" elend Schiff bruch erleidet. Auch der Thatsache dürfte eine weit blickende Regierung sich nickt verschließen, daß die Lasten der sozialen Reform sich größtentheilS auf den Mittelstand senken. Man sucht die« zu vertuschen, indem man den Begriff „Arbeitgeber" einsetzt und den Anschein erweckt, als wenn solch' „protziger Ar beitgeber" nicht genug Geld ausschwitzen kann. Aber sehr doch nur die Mehrzahl solcher Arbeitgeber an! Es sind die ehrsamen Kleinmeister, welche fast Alles zu tragen haben. Was trägt denn der Börsenmann, der Millionen umsetzt, zu den Lasten der sozialen Reform bei? Nichts, gar nichts! Immer, immer wieder ist der Mittelstand ras Lastlhier! Und wer sorgt denn für den alten, kranken Handwerksmeister, der sich in einem kleinen Betriebe mühsam durch « Leben schlug und Zeitlebens für seine Arbeiter zn Kranken- und Alterskassen steuern mußte? Niemand! Da» GerichtSkostcngesetz ist ein soziale» Monstrum; seine Lasten treffen wiederum in erster Linie da« Gewerbe. Denn diese» hat, namentlich bei ungünstigen Kreditverhältnissen, hauptsächlich beim Civilgericht zu thun. Zu wessen Gunsten die unglaubliche Bestimm ung getroffen wurde, daß jeder erwachsene Mensch gezwungen ist, selbst in klaren Fällen einen Rechts anwalt zu nehmen, sobald es sich um Objekte von über 3M Mark handelt, ist leicht zu erkennen, wenn man sich daran erinnert, daß aus Betreiben LaSker'S diese Bestimmung Gesetz wurve. Man kann e« Nie-