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Bericht aus Südafrika. Nachdruck verboten. D ie Ergebnisse für das Jahr 1897 im Handel mit Südafrika sind günstiger ausgefallen, als man annahm. Wenn auch aus einzel nen Teilen Südafrikas Nachrichten über schlechten Geschäftsgang bekannt wurden, so unterliegt es keinem Zweifel für den Kenner der Verhältnisse, dafs die gedrückte Lage nur eine vorübergehende ist. Alt angesessene Firmen erklären die Depression durch eine Überanhäufung von Waren seitens Firmen in Johannesburg, weil viele glaubten, der lang ersehnte „Boom“, das heifst ein glänzender Geschäftsaufschwung stände nahe bevor. Dieser blieb aber aus und zwar infolge der politischen Ver hältnisse in Transvaal, welches Land seit der Erschliefsung der reichen Goldfelder für ganz Südafrika ausschlaggebend ist. Nachdem nunmehr der alte Präsident Paul Krüger trotz aller An feindungen und Verdächtigungen der Gegner mit grofser Stimmenmehrheit auf weitere fünf Jahre wiedergewählt worden ist, kann man auf eine Wieder belebung des Geschäftes rechnen, wenn diese auch nur langsam vor sich gehen wird. Die ruhige Entwickelung des ganzen Landes und der Han delsverhältnisse im Süden überhaupt hing von dieser Wahl ab. Deutsch land kann es bei seinen grofsen Handelsinteressen in Südafrika, speziell in Transvaal, nur mit Freuden begrüfsen, dafs die Wahl wieder auf Paul Krüger gefallen ist, denn viele Millionen deutschen Kapitals wurden dort unter seiner Regierung angelegt. Die ganz bedeutende Entwickelung der Goldminenindustrie hat nicht nur der Republik Transvaal, sondern auch dem ganzen Süden gewaltige Vorteile gebracht. Es geht dies am besten aus den Einfuhrzahlen der letzten fünf Jahre hervor (1893—1897): Gesamteinfuhr Kap-Kolonie Ji> 1400000000 Natal „ 370 000 000 Transvaal „ 135 000000 Total „ T905 000 000 Die für Transvaal gegebenen Zahlen bedeuten die Einfuhr über den Hafen Delagoabay, doch sind über Kap-Kolonie wie auch von Natal nach dort viele Güter eingeführt worden. Maschinen und Geräte aller Art für den Minenbau, sowie Kleineisenwaren nehmen unter diesen Zahlen eine hohe Stelle ein. Es erhellt dies aus dem Umstande, dafs im genannten Zeitraum gefördert wurden: Gold Wert A 760 000000. — Diamanten „ 300000 000. — Fortgesetzt bilden sich überall im Lande neue Gesellschaften und die geschäftsgewandten und rührigen Engländer zögern nicht, ihre Gelder in diesen Unternehmungen anzulegen. Auf vielen Minen, die oft ausgedehnte Terrains umfassen, sind bereits teilweise telephonische und Telegraphenleitungen hergestellt, doch planen die Minenbesitzer ein grofses Telephonnetz, das sämtliche Minen mitein ander verbinden soll. So haben kürzlich die Transvaal Gold Mining Estates bedeutende Aufträge an Telephonmaterialien gegeben. Die Johannesburg-Municipality (Stadtverwaltung) hat beschlossen, die schon ausgedehnten Wasserwerke in der Nähe Johannesburgs noch be deutend zu erweitern, da die Wasserversorgung für den gewaltig angewach senen Platz fortwährend grofse Übelstände zeigt. Die Zuurbekom Water- works Johannesburg haben daher grofsen Bedarf an Röhren und maschi nellen Einrichtungen. Da die Leitung mehrere Kilometer Länge haben mufs, so ist die Errichtung verschiedener Stationen notwendig. Gleichfalls sind Pumpen und andere Hilfsapparate in gröfserer Menge erforderlich. Neuerdings trägt sich die Transvaalregierung auch mit der Absicht, Wasser von den Wonderfontein Springs, die dicht bei Cyferfontein, etwa einige 20 engl. Meilen südwestlich von Johannesburg liegen, nach den Minendistrikten und der Stadt zu leiten. Von den vorgelegten Plänen wird voraussichtlich dieser und zwar bald zur Ausführung gelangen. Die Wassermassen von Wonderfontein sammeln sich in einem höhlenartigen Raume von grofser Ausdehnung und anscheinend von Norden kommend, nehmen sie ihren Abflufs nach Süden und Südwesten. Man ist daher auf die Vermutung gekommen, dafs eine unterirdische Verbindung zwischen Flüssen des Nordens mit dem Vaal- resp. Orangeflufs besteht. Die Sucht nach dem raschen Erwerb des Goldes hat das Interesse zur Erforschung dieser ganz eigenartigen Quellen vollständig in den Hintergrund gedrängt. In dem neu erschlossenen Rhodesia-Gebiet macht man jetzt alle An strengungen, um die enormen Vorräte an Minenmaschinen etc., die in den Hafenplätzen für das wunderbare Goldland lagerten, nacli den Hauptplätzen Buluwayo und Salisbury zu schaffen. Die Regenperiode hat den Transport allerdings etwas lahm gelegt. Grofse Massen von Gütern aller Art lagern auf den Stationen der neuen Bahnlinie und die niedergegangenen Wasser- j massen haben arge Verwüstungen an Brücken und Übergängen angerichtet, doch sind alle Vorbereitungen getroffen, um sofort nach Herbeischaffung J der Maschinen mit der Arbeit beginnen zu können. Seitens des Cap Governments werden grofse Aufträge auf Eisenbahn matenalien aller Art erwartet, ebenso mufs das rollende Material bedeu tend vergröfsert werden, da es den Bedürfnissen lange nicht mehr ent spricht. Die Pumpstationen der Rhodesialinie sind noch sehr mangelhaft und sollen in diesem Jahre ausgebaut werden. Die Regierung ist genö- j tigt, diese Sache bald zur Ausführung zu bringen, denn da die Züge grofse wasserlose Strecken durchziehen, so ist die Wasserzufuhr hier um so mehr erforderlich. Die neuen Stationen sollen mit allen technischen Hilfsmitteln der Neuzeit eingerichtet werden. (Offerten sind an das Cape-Government, Railway-Department, Capetown Cape Colony zu richten.) Die jetzt im Bau begriffene Strecke Buluwayo-Salisbury ist bereits bis Umtali fertiggestellt. Sie soll den Anschlufs vermitteln an die Linie nach dem portugiesischen Hafenorte Beira, Rhodesia hat bekanntlich keinen Hafen. Die Ausführung ist der bekannten Londoner Firma Pauling & Co. Ltd. übertragen worden. Die ca. 300 engl. Meilen lange Linie wird unter der Leitung des bewährten Engineers Mr. Harold Pauling ausgeführt; die Firma besorgt alle Anschaffungen. Der 600 engl. Meilen lange Schinen- weg von Vryburg nach Buluwayo wurde von derselben Firma erbaut. Die j Kosten stellten sich, wie wir hier zur Veranschaulichung erwähnen wollen, auf £ 3000 per engl. Meile. Gesamtkosten entstanden £ 1 800000. Etwa 200 Europäer fanden bei der Herstellung Beschäftigung, darunter viele Deutsche, da dieselben ihres vielseitigen Wissens wegen, was Maschinen bau etc. anbetrifft, gern genommen wurden. Deutsche Firmen wurden auch mit grofsen Aufträgen für verschiedene Linien bedacht. Auch in Natal werden grofse Verbesserungen geplant. Dort hat der Magistrat von Pietermaritzburg (Town Council of Pietermaritzburg) £ 60 000 bewilligt, die zur Verbesserung der Wasserzufuhr für die Hauptstadt Na tals verwendet werden sollen. Gegenwärtig ist das Trinkwasser der Stadt unfiltriert und wird in drei Behältern gesammelt, die gesamt etwa 2 200 000 Gallonen fassen. Jetzt sollen Filtrirbassins gebaut werden, und man will die Werke mit allen Neuheiten vervollkommnen. Auch die Abführung der Fäkalien soll verbessert werden. Ein Kanalsystem mit Wasserspülung ist als einzig praktisch für den Platz in Vorschlag gebracht worden und wird wahrscheinlich auch von der Stadtverwaltung angenommen werden. Da ' bei diesem System auch die Bade-, Wasch- und Küchenwasser Abführung finden werden, so steht ein enormer Bedarf an allen möglichen Haus- und Strafseneinrichtungen in naher Aussicht. Man beratet darüber, ob man die erforderlichen Wassermengen vom nahen Umsindusiflusse dicht bei der Stadt oder einige Kilometer oberhalb herleiten soll. Durch die stetig sich steigernde schwarze Bevölkerung sind unhalt bare Zustände entstanden — Pietermaritzburg hat etwa 20 000 Einwohner, davon die Hälfte Eingeborene und Indier — welche in hygienischer Be ziehung schleunigst Verbesserungen der bisherigen Abführung notwendig machen. Vielfach sind Deutsche bei solchen Arbeiten bevorzugt worden, und es ist erfreulich zu konstatieren, dafs es ein deutscher Zivilingenieur (W. H. Flügge, P. 0. Box 2795, Johannesburg, Transvaal) war, der mit 146