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So. 11. „VOLLDAMPF“, DEUTSCHE MONATSSCHRIFT FUER HANDEL UND INDUSTRIE. VI. Jahrg. Auszug aus dem Original-Bericht über die Forschungsreise der nordamerikanisehen Handelskommission naeh S ii d -ß. m g r i k a. I. lira (Fortsetzung aus Über Warenzeichen. Warenzeichen sind für Brasilien sehr wichtig und spielen eine grofse Kollo. — Viele gut bekannte europäische Warenzeichen werden nachgemacht, entweder in Europa selbst oder von brasilianischen Etablissements. Ameri kanische Warenzeichen sind noch nicht nachgemacht worden, weil solche auf dem Markte in Brasilien noch zu wenig bekannt sind. — Ausländische Fabrikanten können sich gegen solche Fälschungen leicht schützen, da das betreffende Gesetz in dieser Hinsicht sehr deutlich und klar ist. — Nach stehend daraus einige- Paragraphen: Art. 27. Jede Person oder Firma derselben Branche kann die Eintragung eines gleichen oder dem seinen ähnlichen Namens verbieten, wenn die Möglichkeit einer Täuschung vorliegt. Dieses kann sogar von solchen Personen geschehen, welche ihren Namen als Firma nicht haben eintragen lassen. Art. .16. Eine Strafe von 1—6 Monaten Gefängnis und eine Geldstrafe von 500—5000 $ trifft den, welcher den Namen einer an deren Firma als seine eigene Firma mifsbraucht, auch dann, wenn der Name nur einen Teil der bereits eingetragenen Firma bildet. Art. 37. Eine Strafe von 100 -500 S trifft jeden, der Waren verkauft oder zum Verkaufe ausstellt, welche Handelsmarken tragen, die teilweise oder ganz gefälscht sind. Um also gegen Fälscher mit Erfolg Vorgehen zu können, ist es nötig, seine eigenen Handelsmarken und Warenzeichen in Brasilien eintragen zu lassen. — Die Kosten dafür sind sehr gering. Im letzten Paragraph des brasilianischen Warenzeichengesetzes wird gesagt, dafs der ausländische Fabrikant nicht verpflichtet ist, den Ursprung der Waren mit gefälschten Warenzeichen zu ermitteln, sondern dafs er gleich den die Waren anbie tenden Händler belangen kann. — Um in Brasilien erfolgreich Geschäfte machen zu können, ist es nötig, unausgesetzt zuverlässige Vertrauensmänner (Supervisor) dort zu haben, welche je nach Umständen Kredite gewähren und verweigern können, aber ohne dafs sich die Fabrikanten entscliliefsen, regelmäfsig ihre eigenen Reisenden nach Brasilien zu senden, werden sie mit ihren Handelsverbindungen nach dort nur wenige Fortschritte machen. — Geschäfte sind heute in Brasilien wie in Argentinien immer zu machen, aber unter so scharfer Konkurrenz und mit so geringem Nutzen, dafs mehr schlechte Geschäfte gemacht werden als gute, wenn nicht bei jeder neuen Geschäftsverbindung mit der gröfsten Vorsicht bezüglich der Kreditfähig keit vorgegangen wird. Immerhin mufs doch als Thatsache gemeldet wer den, dafs englische Importfirmen bei den europäischen Exporthäusern in der höchsten Achtung stehen, da Fallimente unter denselben nur höchst selten Vorkommen. San Paolo und Minas Geraes. Fabrikanten, welche ihre Reisende nach Brasilien senden, thun gut, ihre besondere Aufmerksamkeit auf die Provinzen San Paolo und Minas Geraes zu richten, welche die günstigsten und blühendsten der ganzen Re publik sind. — Der Grund dieser Sache liegt darin, dafs dort der Haupt sitz der Kaffeeindustrie ist, der lukrativsten Industrie Brasiliens, welche seit kurzem eine so mächtige Ausdehnung genommen hat, dafs die Ent wickelung und die Zunahme der Bevölkerung jener beiden Staaten einzig dastelit in ganz Südamerika. Auch die Thatsache, dafs diese beiden Pro vinzen — infolge ihrer hohen Lage über dem Meeresspiegel — ein ge- mäfsigtes und gesundes Klima haben, ist ein weiterer Vorteil für dieselben. Thatsächlich haben die sämtlichen Kaffeezonen Brasiliens ein schönes ge- ^ ' 1 * • (Nachdruck verboten.) Oktober-Nummer.) sundes Klima, im Gegensatz zu dem Haupteindruck des Landes. — Kaffee gedeiht nicht an der heifsen Meeresküste, sondern nur auf den höher ge legenen Plateaus im Inneren, wohin das Fieber niemals dringt. In jenen Staaten befindet sich auch das ausgedehnteste Eisenbahn netz, so dafs man heute bis an die Ufer des Goyaz — im Herzen Bra siliens — fahren kann. — Minas Geraes ist sehr reich an Mineralien. Die amerikanische Kommission besuchte mehrere Bergbaugegenden sowie einen Bezirk, in dem mächtige Läger von Magnesiaerzen gefunden worden sind. Dieses Erz wird jetzt meistens nach England verschifft. Die inter essanteste Stadt von ganz Brasilien ist San Paolo, die Hauptstadt des Staates gleichen Namens. Sie hat 180—200000 Einwohner. — Obgleich in der sub-tropischen Zone gelegen, ist ihr Klima doch — weil das Land hoch liegt — aufserordentlieh angenehm und schön im Winter, und selten hält im Sommer die Hitze so intensiv an w r ie in den nördlicher gelegenen Städten Nordamerikas. Das Klima im Staate San Paolo ist ähnlich dem Klima Südeuropas. Mehr als die Hälfte des ganzen Staates steht bereits unter Kultur, hauptsächlich Kaffee. — San Paolo ist für ihre Lage viel leicht die schönst-gebaute Stadt Südamerikas. Sie hat viele schöne archi tektonische Gebäude und ist eine Stadt der Eleganz. — Der Hafen von San Paolo ist Santas, 49 Meilen entfernt. — Die Entfernung zwischen Rio und San Paolo beträgt 308 engl. Meilen. Im Staate w'ie in der Stadt sieht man überall nur blühenden Fortschritt, und die verschiedenen In- dustriezweigo sind weit höher entwickelt als in allen anderen Teilen Bra siliens. — Bahia und Pernambuco. Als weitere wichtige Städte Brasiliens sind Bahia und Pernambuco zu nennen. Die Wareneinfuhr nach Bahia betrug im Jahre 1893 .9 6 588 326 von denen mehr als */ 3 auf Baumwollwaren entfällt. Weitere wichtige Artikel sind: Wollwaren, Leinen, Waffen und Munition, Weine, Bier, Spirituosen, Parfümerieen und Farbstoffe, Chemikalien, Papier und Papierwaren, Eisen- und Stahlwaren, Maschinen und Werkzeuge, Musikinstrumente, Material zur Uhrenfabrikation. — Danach folgt an Wichtigkeit: Pernambuco, mit einer Einwohnerzahl von 180 000. — Es wird als die drittwichtigste Handels stadt Brasiliens angesehen. Eisenbahnen in Brasilien. Am Schlüsse des Jahres 1894 betrug die Totallänge der in Betrieb befindlichen Eisenbahnen 12 064 Kilometer; davon gehörten 2825 Kilo meter dem Lande, 4689 Kilometer Privatgesellschaften und 4550 Kilo meter verschiedenen Staaten an. Daneben waren zur selben Zeit 6952 Kilometer im Bau begriffen. Verpackung der für Brasilien bestimmten Waren. Europäische Exporteure haben bei der Verpackung nur einen Punkt im Auge: Die Überführung ihrer Waren nach dem Bestimmungsort, ohne Schaden zu leiden. Dieses ist jedoch nicht das einzige, was erreicht wer den mufs; es ist ebenso notwendig, die volle Aufmerksamkeit der Festig keit, Dichtigkeit des Packens zuzuwenden. Für den Transport nach ent fernten Distrikten ins Innere des Landes ist dieses sehr wichtig, weil je kleiner das Kubikmafs, in welches die Ware gepackt werden kann, desto niedriger die Fracht, das Lagergeld, der Fuhrlohn, das Ausladen und häufig auch — der Zoll. — Deutsche und amerikanische Waren sind immer enger gepackt als englische, ohne in irgendeiner Weise das Risiko des Schadens oder Zerbrechens zu erhöhen. — Die Amerikaner stehen über- 458