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in welchen zumeist mehr der Modebedarf den Absatz beeinflufst, als die Preislage, hat die Einfuhr um 40 °/ 0 nachgelassen. Diese Ziffern sind von Bedeutung, denn bei einer Abnahme der Einfuhr von Wollenfabrikaten um über 50 °/o und einem, das Normale z. Zt. überstei genden Bedarf nach solchen Fabrikaten hier zulande, mufs notwendigerweise der Bedarf an Rohmaterial seitens der heimischen Fabrikanten den früheren Umfang weit überschreiten. Chemnitzer Wirkwaren. Die unsaisonmäfsige, regnerisch-kalte Wit terung der letzten Wochen hat das Geschäft in gewirkten Handschuhen mehr beeinträchtigt als der Kriegszustand. Vor allem bleiben die Nach bestellungen aus, da die Detaillisten nichts ver kaufen und auf Grund der zu Anfang der Saison gemachten Bestellungen noch genügend Ware an Hand haben. Bis wärmeres Wetter eintritt, ist ein besseres Geschäft auch nicht zu erwarten. Im allgemeinen hat sich die Saison diesmal besser angelassen als letztes Jahr und sind auch keine grofsen Vorräte vorhanden. Sollte sich eine starke Nachfrage einstellen, so ist eher Knappheit im Markte zu erwarten, und zwar so- wohl irr einheimischer als in ausländischer Ware. ■ Schon gegenwärtig besteht in populären Ar-; dikeln, also Handschuhen, die bei einem En- gros-Preise von S 2.25 sich im Detail zu 25 cts ■das Paar verkaufen, gewisse Knappheit, indem es derzeit schon zu spät ist, für Auslandware noch Bestellungen zu plazieren. Die guten ein heimischen Fabrikanten sind mit Aufträgen der art versehen, dafs die Ablieferungen sich ver zögern. Die meisten Stoff-Handschuhe, ein-, schliefslich der seidenen, werden jetzt hierzu lande angefertigt und nur Baumwoll- undTaffeta-1 bzw. halbseidene Handschuhe, die zum Zu knöpfen eingerichtet sind, werden noch von drüben geliefert, da das Annähen der Knöpfe und Aufnähen der Knopflöcher sehr zeitraubend ist und die Löhne in Chemnitz verhältnismäfsig weit niedriger sind, als hierzulande. Da man auch drüben mit Arbeit reichlich versehen ist, so ist Ware, die im März und April hätte geliefert werden sollen, heute noch nicht hier, woraus sich die schon gegenwärtig im Markt vorhandene gewisse Knappheit in popu lärer Ware erklärt. Die langsame Ablieferung seitens der Chemnitzer Fabrikanten ist aller dings auch darauf zurückzuführen, dafsdieLöhne dort äufserst niedrig sind und ein Teil der bis herigen Wirkwaren-Arbeiter sich daher anderen Erwerbszweigen zuwendet. ' Der Krieg hat sich der Handschuh - Branche bisher weit weniger fühlbar gemacht als das schlechte Wetter. Bei besseren Witterungsverhältnissen hätten wir voll auf zu thun. Die Preise sind ungefähr die gleichen wie letztes Jahr, trotzdem das Roh material seitdem etwas gestiegen ist. Strümpfe sind hier so billig und werden seit Jahren zu so niedrigem Preise verkauft, dafs aus dem Importgeschäft fast ganz ein Kommissions geschäft geworden ist. Schottische Muster waren diesmal sehr in Nachfrage, und ist wenig davon geliefert worden. Die Enttäuschung darüber war eine allgemeine, und scheint jetzt der Be gehr rechtzeitig nachzulassen. Wären irgend wie gröfsere Quantitäten hier gewesen, so wäre die Nachfrage wahrscheinlich nicht so stark ge wesen und hätte dieselbe vielleicht mit einigen tausend Dutzend gedeckt werden können. Haupt sächlich verlangt wurden „ plaids“ zum Preise von 50 cts per Paar im Detail. Gerade darin bestand jedoch grofser Mangel, was sich in diesem Falle daraus erklärt, dafs die Zahl der vorhandenen Webstühle, welche diese Ware herstellen, verhältnismäfsig gering ist und die Fabrikanten, der Unbeständigkeit der Mode wegen, neue Anschaffungen scheuen. Im allgemeinen sind hier die Preise sehr niedrig, Baumwolle und Lisle- Strümpfe ver kaufen sich so billig, wie sie importiert werden können und wird beständig in dem Artikel ge schleudert. Beinahe jeder Detaillist kauft dabei von dem hier ansässigen Agenten der Chemnitzer Fabrikanten und da die Zahl dieser Agenten eine grofse ist, so ist es für den Importeur sehr schwer anzukommen. Ob die Chemnitzer Fabri kanten bei dieser Politik, ihren früheren besten Abnehmern das Geschäft aus der Hand zu nehmen, auf die Kosten kommen, dürfte frag lich erscheinen. Die Ordres, die eingehen, sind im einzelnen nicht von Belang, es giebt aber davon so viele, dafs insgesamt doch immer noch ein guter Umsatz erzielt wird. Wäre nur das Wetter günstiger, würde sich das Geschäft auch in Strümpfen befriedigender anlassen. Die Ltage des Baumwoll-jVIarktes. aumwolle hat während der Woche j ziemliche Lebhaftigkeit gezeigt, ob- j schon die thatsächlichen Umsätze mit ! der Zunahme der Geschäfte nicht im Einklänge standen, welch’ letztere hauptsächlich in Liqui dierungen bestehen. Die Differenzen zwischen den Sommer- und Wintermonaten haben sich noch weiter vergröfsert, sodafs an einem Tage die Oktober-Lieferung 16 bis 17 Punkte nied riger war wie der August - Termin, während dieselben vor zehn Tagen noch gleich standen. Die hiesigen Baumwollvorräte sind nicht be deutend, wir glauben jedoch, dafs dieselben f ür alle legitimen Bedürfnisse ausreichen werden, es sei denn, dafs künstliche Hilfe offeriert wird. Ein gewisses Quantum ist und wird noch gegen wärtig zur Deckung früherer Engagements nach Europa verschifft. Wir sehen nichts, worauf wir eine Ansicht über die August-Käufe aus- drücken könnten und beziehen uns einfach auf die Verhältnisse, wie sich dieselben entwickelt haben, ohne uns mit der Zukunft überhaupt zu beschäftigen. Wir vermögen für ein Hausse- 1 Vorgehen keine Grundlage zu entdecken, wenn 238 wir in Erwägung ziehen, dafs aufser den be deutenden von hiesigen Spinnern und sonst hierzulande gehaltenen Vorräten sich auch in Europa ein hübsches Surplus befindet, welches nahezu bis zur kommenden Ernte ausreicheü dürfte. Aus diesem Grunde ist es kaum wahr scheinlich, dafs irgend welche künstliche Manöver erfolgreiche Resultate haben würden, obschon sich dieselben den Baissiers und dem Geschäfte als schädlich erweisen mögen. Über dieses hinaus sind wir nicht vorbereitet, uns zu äufsern. Europa hat aufser unbedeutenden Käufen für die nahen Termine kaum in unserem Markte während der Woche irgendeine Rolle gespielt. Vom Süden wird uns vereinzelt gemeldet, dafs die Entwickelung der Baumwollpflanzen einiger- mafsen im Rückstände ist, fassen wir jedoch die uns zugegangenen Berichte zusammen, so haben wir den Eindruck, dafs die Aussichten bis jetzt als befriedigend bezeichnet werden können. Dies ist' natürlich nur der Anfang und wird noch eine geraume Zeit hingehen, ehe wir uns mit irgendwelcher Bestimmtheit über die kommende Ernte äufsern können, und sind wir der Ansicht, dafs die Verhältnisse, welche sich im Verlaufe dieser Periode ent wickeln werden, sich auf den Weltmärkten fühlbar machen werden. Für Kassaware ist eine mäfsige Nachfrage vorhanden, während die thatsächlichen Verkäufe für den Export nahe zu vollständig Geschäfte umfassen, welche be reits vor langer Zeit eingeleitet waren. Die allgemeine Geschäftslage hat sich nicht wesent lich geändert und ist darüber nichts Neues zu sagen. In England ist das Geschäft nach wie vor zufriedenstellend, während die Berichte vom eu ropäisch. Kontinent etwas weniger günstig lauten. * Die Textil ~ Industrie in Japan. eroy - Beaulieu, der französische Ge lehrte der Staatswissenschaft, welcher sich augenblicklich in Japan befindet, veröffentlicht im „Journal des Debats“ sehr interessante Briefe über die volkswirtschaft liche Lage Japans. — Namentlich ist der Ge lehrte aufserordentlich überrascht über das Schauspiel, welches die Entwickelung der japanischen Textil-Industrie bietet. Ohne Be denken vergleicht er das heutige Osaka mit Manchester. Bis zum Jahre 1882 habe es dort noch keine Baumwollspinnerei gegeben, während heute daselbst eine grofse Anzahl Spinnereien in Betrieb seien. — Thatsache ist, dafs die Textilprodukte Japans schon heute stark ge fragt sind in allen Häfen Ost-Asiens, von Wladiwostock bis nach Singapore, vom Amur flusse bis selbst nach Indien, wo die Marke: „Made in Japan“, welche allen Geweben auf gedruckt ist, schon heute als eine Marke für „gute Qualität“ gilt. Leroy-Beaulieu fügt hinzu, dafs es aufser ordentlich schwierig sei, Eintritt in die japani schen Fabriken zu erlangen, weil man die Kon- kui’renz fürchtet, eine Vorsicht, deren Befolgung man bedauerlicherweise in Frankreich und anderen Industriestaaten noch heute unterlasse.