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218 Beilage C. Waaren-Classifi- cation. Unter den im öffentlichen Interesse von den Bahnverwaltungen freiwillig gemachten Zugeständnissen glauben wir die einheitliche Waaren-Classification in erster Reihe erwähnen zu sollen. Es wurde schon oben gezeigt, wie einheitliche Classificationen meist mit Opfern seitens der betheiligten Bahnen verbunden sind, Opfer, welche mit telst Specialtarifen nur theilweise eingebracht werden können. Wir glauben aber, dass die Bahnverwaltungen die in dieser Richtung ge brachten Opfer nicht zu bereuen haben und sich auch nicht scheuen sollten, deren noch weitere zu bringen, um wo möglich eine einheit liche Classification mit Deutschland und anderen Continentalstaaten herbeizuführen. Verständichkeit und Durchsichtigkeit der Frachtentarife ist nun einmal ein nicht mehr zurückzuweisendes Postulat des Handels, und wir glauben nicht zu irren, dass der Handel in den meisten Fällen darauf mehr Werth legt, als auf die Niedrigkeit der Sätze. Handel und Industrie leben unter der Herrschaft der Concurrenz, und da ist es für sie ein Lebensbediirfniss, dass ein und dieselben Transport bedingungen für Alle ausnahmslos gleich gelten, und um darüber beruhigt zu sein, dass nicht nur aus Connivenz, sondern auch nicht aus Unwissenheit Ungleichheiten entstehen, müssen sie kategorisch auf klare und einfache Tarife dringen. Alle Fachmänner wissen, dass auch mit dem besten Willen diese Aufgabe nicht leicht zu lösen ist, aber möchten sie an dieselbe immer wieder mit der Ueberzeugung herantreten, dass, falls diese rein formelle Frage nicht zur allgemeinen Befriedigung gelöst wird, die Bahnen Gefahr laufen, dass früher oder später die meritorische Frage gegen sie entschieden werde. Man wolle uns wohl verstehen, wir meinen hiermit: Dass nicht nur Tarifsysteme, sondern auch ganze Verwaltungen zu Fall kommen könnten, nicht nur weil ihre Fahr preise zu hoch wären, sondern auch weil es nicht gelungen, dieselben entsprechend darzustellen. Auch in einer andern Frage, in welcher sich die österreichischen Bahnverwaltungen bisher äusserst widerhaarig gezeigt haben, möchten wir denselben die grösste Nachgiebigkeit empfehlen. Wir meinen die Frage der vorgelegenen Stationen. So sehr es auch nach dem Er- werbsprineipe gerechtfertigt sein mag, dass bei gewissen Conjuncturen für die Tonne Getreide von Lemberg nach Breslau weniger gezahlt werde, als von dem näher gelegenen Krakau nach Breslau, es ist eine derartige Tarifstellung so wenig mit dem Begriffe einer öffentlichen Transportanstalt vereinbar, dass sie den schlichten Menschenverstand ebenso sehr, wie das gemeine Rechtsgefühl verletzt. Die öffentliche Meinung verlangt, dass jeder Gesammtsatz von der Station A über die Stationen B und C nach der Station D unbedingt auch für die Relationen A—C, B—D und B—C gelte, so dass man für eine da zwischen liegende kürzere Distanz im Ganzen nicht mehr zu zahlen habe, als für die grössere Distanz.