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späht und wenn eS auch monatelang geforscht hätte. Graf Herbert schlug Feuer, entzündete die Lampe und, sie dicht vor das Antlitz seine« Gaste« haltend, betrachtete er dasselbe ernst, al« wollte er im Grunde de« Herzens seine« neuen Hausgenossen lesen, ob der Fremde de« Vertrauen« auch würdig sei, da« in ihn gesetzt worden, al« ihm da« wichtige Geheimniß des verborgenen Gange« so deutlich offenbart wurde, und ob ihm vor allem die nun folgenden, noch weil wich tigeren Geheimnisse diese« unterirdischen Wege« an vertraut werden könnten. „Ja!" rief der alte Mann erleichtert, al« seinem forschenden Blick ein offene«, treuherzige« Auge be gegnete; „eS ist gut! Sei c« denn!" Er hatte e« nicht ander« erwartet. Kein weiteres Wort fiel, der Weg war lang und vielfach verschlungen; durch endlose Korridore, die zum Theil in die massiven Grundmauern de« Schlosses eingehauen waren, ging es Treppen hinauf und hinab, bis endlich die beiden Männer vor einem kleinen, kaum neun Fuß hohen Raum Halt machten. Ein dunkler eichener Tisch nebst ebensolchen Bän ken, ein alter Armstuhl sowie in der Ecke ein nied riges Bett, jetzt mit schneeweißen Linnen bedeckt, mach ten ein nur kärgliches Mobiliar aus. Ein Standbrett an der Wand mit einem irdenen Napf, einem Salzfaß und einem Eßbesteck nebst eini gen großen, kunstvoll geschliffenen Kristallgläsern da rauf vermochten nicht, dem Zimmerchen den Anstrich einer behaglichen Wohnlichkeit zu geben. Kein Teppich deckte den rauhen Boden, keine Vor hänge die kahlen getünchten Wände; keine Fenster, keine Schießscharten zeigten sich, welche dem goldenen Sonnenlicht hätten Eingang gewähren können, um einem Verfolgten, Gefährdeten oder Gefangenen in diesem tief in der Erde ausgegrabenen Kellerorte von Trost und Hoffnungsträumen zu sprechen. Doch mußte dieser Raum mehr die Bestimmung eines Zufluchtsraumes als einer Zelle bei seiner An lage erhalten haben, denn man sah drei Thüren, mit schweren Ketten und Riegeln fest verwahrt. „Es ist eine armselige Wohnung hier, junger Herr," bemerkte Graf Herbert wie entschuldigend, in dem er die kleine Lampe auf den Tisch stellte. „Je doch sie ist sicher und das ist vorderhand die Haupt sache. Kein lebendes Wesen anßer Jane und mir kennt das Vorhandensein dieses Verstecks, viel weniger den Weg dahin; und ehe Ihr es verlaßt, müßt Ihr mit heiligem Eide geloben, es niemals zu verrathen, weder Wort noch Thal, weder mündlich noch schrift lich. Hier mögt Ihr bleiben, bis wir einen sicheren Weg zur weiteren Flucht ausfindig gemacht haben." „An diesem Feuer," fuhr er fort, das in einem Kaminloch aufgeschichtete trockene Scheitholz anzün dend, daß es in Heller Flamme aufloderte, „mögt Ihr Eure durchnäßten Kleider trocknen. Speise und Trank, Oel für Euer Lämpchen und. wenn Ihr wollt, Bücher jeder Art, werden Euch gebracht; allein auf Gesell schaft dürft Ihr nicht rechnen, selbst nicht auf die uns- rige. Ein halbes Stündchen vielleicht kann der Bringer Eurer Vorräthe dann und wann mit Euch plaudern, wenn alles ruhig ist; allein eine längere Abwesenheit, ein längeres Verschwinden könnte leicht bemerkt wer den und Verdacht erregen. — Und nun, ehe ich Euch verlasse, muß ich Euch ein anderes Geheimniß entdecken." Bei diesen Worten öffnete er eine der Thüren. Eine enge Wendeltreppe wurde sichtbar. „Am Fuße dieser Stufen," sprach er, dabei er klärend, „werdet Ihr einen Brunnen finden, dessen Wasser Euch zum Reinigen dienen kann, daneben eine Fallthür, durch welche Ihr allnächtlich die Ueberreste Eures Mahles und was sonst Eure Anwesenheit ver rathen könnte, entfernen müßt. Allein niemals, merkt es Euch wohl, niemals laßt Euch beikommen, in die sem Brunen zu baden und zu tauchen ; es wäre sich erer Tod, wenn Ihr seine Bauart nicht kennt. „Und nun laßt mich wissen, wer mein Gast ist, und gebt mir Euer Ehrenwort als Soldat und Edel mann, diesen Raum nur auf einem Wege, denn ich vorher gezeigt haben werde, zu verlassen. Ihr würdet unser aller Leben aufs Spiel setzen, wollt Ihr versuchen, auf eigene Faust in den weit verzweigten Gängen umherzuwandern." „Mein Name ist Marley," antwortete der Kava lier rasch, „Marmaduke Marleh, Baronet von Toth- grave; bis gestern Kapitän im Reiterregiment meines Freundes und Blutsverwandten Sir Robert Danley. Armer Junge! Dich traf die tötliche Kugel, und wie viele deiner Tapfern werden nie mehr das Sonnen licht erblicken." Von Schmerz übermannt, rang er die Hände und wandte sein Gesicht ab. Doch suchte er sich gleich wieder mit gewaltsamer Anstrengung zu bemeistern. „Nennt mich nicht unmännlich und schwach, edler Graf," bat er. „Er war von Jugend auf mein Freund, wir haben glückliche Tage zusammen verlebt, sein Tod traf mich schwer, und ich bin erschöpft, geistig und körperlich, durch Hunger, Aufregung und Strapazen aller Art. Verzeiht mir, eS wird vorüber gehen !' Der Graf nahm von dem Standbrett zwei Glä ser und füllte sie mit dem Inhalt der mitgebrachten «lasche. „Ich trinke auf Euer Wohl, Kapitän Marley," sagte er feierlich, „und auf baldige Befreiung! Legt Euch nieder, der Schlaf wird Eure Kräfte wieder bringen, und beim Erwachen wird Euch Euer Ge schick in minder düsteren Farben erscheinen. Ich gehe jetzt, schließt die Thür hinter mir ab und öffnet sie nur, wenn Ihr JaneS oder meine Stimme hört. Keinen Dank, junger Freund, keinen Dank! Lebt wohl und Gott sei mit Euch! Auf Wiedersehn!" Dann war der Alte verschwunden und der Kava lier allein. V. Ungefähr anderthalb Meilen vom Schlosse entfernt, an einer Nebenlanvstraße, lag im Walde versteckt ein ländliches WirthshauS. Eine große Eiche breitete ihre Zweige schützend über das niedrige MooSdacb unv einen Theil des vor dem Hause sich ausdehnen den weiten Rasengrundes, in dessen Mitte sich ein mit Bändern und kunstlos geschnittenen Papierblu men reich geschmückter Maibaum erhob. Aber wo waren jene frohen Tage, welche einst die Jugend des Dorfes um seinen Stamm versammelten? wo die heitern, harmlos fröhlichen Feste, die von lustigem Tanz und aus dem Herzen kommenden Gesang über sprudelten? Der gewaltige Bürgerkrieg hatte über das schöne, lustige, leichtlebige England einen größeren Ernst gebreitet. Jedermann erkannte die Wichtigkeit, mithandeln zu müssen. Deshalb war auch überall der Kern des Landvolkes mit hinausgezogen ins Feld, zum Theil der alten überlieferten Fahne treu, zum Theil aber auch mit Begeisterung den neuen, immer siegreicher vordringenden Ideen durch immer neue Erfolge Bahn brechend. Diesem Aufwachen eines allgemeinen politischen Geistes, eines wahrhaften Ge nieingefühls, dieser Darangabe aller einzelnen Kräfte an große gemeinsame Sachen, kurz, diesem gewaltigen bürgerlichen Aufschwung der Eromwellscden Zeit sollte England auch die Begründung seiner Weltmachtsiell- ung verdanken! (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Belgrad. Die in Nisch erscheinende „Sloboda" führt lebhaft Klage darüber, daß in ganzen Gegenden unter der Landbevölkerung die Unsitte des Mädchen raubes immer mehr Ueberhand nimmt. Die jungen Leute, die auf ein Mädchen ihre Augen geworfen, überfallen mit bewaffneter Hand das betreffende Haus und schleppen ihre Beute in den Wald, wo sie einige Tage zubringen, worauf dann das entehrte Opfer keine andere Wahl hat, als den Räuber zum Manne zu nehmen. Es kommen jedoch Fälle vor, in welchen das geraubte Mädchen lieber die Schande mit sich trägt, als auf einen« solchen Wege zum Manne zu kommen. Dann schreiten die Strafgerichte ein, und die jungen Leute werden zu fünf bis sechs Jahreu Zwangsarbeit und zu solch hohem Schadenersatz ver- urtheilt, daß sic Haris und Hof verlieren. Nach Hunderten zählen die Bauernsöhne, die im Laufe der Zeit in solcher Weise in den Kerker kommen. Aber trotz dieser Strenge ist der Mädchenraub, wahrschein lich ein Ueberrest aus alten kriegerischen Zeiten, der jetzt wieder in die Mode zu kommen beginnt, nicht auszurotten. Sogar die Kirche hat sich iirs Mittel gelegt, und Bischof Nikanor verbot seinen Geistlichen, ein Paar zu trauen, welches durch Raub zusammen geführt wurde. Und auch dies ist ohne Erfolg ge blieben. Die Romantik des Madchenraubes übt eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf die bäuerlichen Don Juans aus, welche ein Heldenstück zu verüben glauben, wenn sie ein Mädchen mit Gewalt aus dem elterlichen Hause davonschleppen. — Memel. Kürzlich kehrte hiehcr der Fleischer meister Gebhardt zurück, der vor vierzig Jahren wegen Mordes vernrtheilt war und hingerichtet werden sollte. Als man ihn zur Richtstätte führen wollte, war er aus dem Gefängniß entsprungen. Lange nach seiner Flucht gestand ein Sterbender, daß er selber den Mord begangen, wegen dessen Gebhardt vernrtheilt worden war. Gebhardts Unschuld wurde auch gerichts seitig festgestellt, aber der Aufruf in allen größeren Zeituugen des In- und Auslandes, welcher Gebhardt zur Rückkehr aufforderte, kam diesem nicht vor Augen. Jetzt nach vierzig Jahren kehrte er zurück — ein ge brochener Greis und dennoch froh, daß seine Unschuld an dem Morde erwiesen wurde. — Soran, N.-L. In Kungeldorf war am Nachmittag des 25. April eine 18jährige Dienstmagd auf einem Bruchfelde der Braunkohlengrube „Gottes segen III" mit Abladen von Erde beschäftigt. Plötz lich war die Dienstmagd verschwunden und nähere Nachforschungen ergaben, daß sie versunken war. Nach zwölfstündigen Ausgrabungsarbeiten fand man die Magd 15 m unter der Erde aufrecht stehend, in der erhobenen Hand eine Hacke haltend, als Leiche vor. DaS Erdreich, auf welchem sich das Mädchen befand, ist trichterförmig zusammengestürzt; in dem Schlunde verschwand die Bedauernswerthe und wurde von den nachfolgenden Erdmassen verschüttet. Der Vorfall erregt allgemeines Aufsehen. — Die Ausstellung des heiligen Rockes in Trier in diesem Sommer scheint eine beschlossene Sache zu sein. Hochstehende kirchliche Kreise haben sich in diesem Sinne geäußert. Außer dem religiösen Moment fällt für Trier auch das materielle bei dieser Frage sehr ins Gewicht. Wird die Reliquie wirklich ausgestellt, so wallfahrten sicherlich Millionen von Pilgern nach dieser Stadt. Zählte man doch während der letzten Ausstellung des Rockes im Jahre 1844 ihrer nicht weniger als 1,050,000. Die Ausstellung soll am 18. August beginnen und drei Monate dauern. — Eine interessante Erinnerung au« dem Leben des verstorbenen Generals von Geoben theilt „Das Buch für Alle" mit. Zu Ende der dreißiger Jahre hatte Goeben als preußischer Lieutenant sich beurlauben lassen, um in Spanien in die carlistische Armee einzutreten. Dort hatte er es bis zum Oberlieutenant gebracht. Im Jahre 1840, nach 'Niederwerfung des carlistischen Auf standes, mußte er, aller Mittel bar, aus Spanien zu Fuß nach Deutschland wandern. Es ging ihm da mals so traurig, daß er den letzten Monat auf dieser Reise die Nächte unter freiem Himmel zubringen und sich von unreifem Obste ernähren mußte. In Rhein hessen schloß er sich einem Handwerksburschen, einem Bäckergesellen, an. Dem sagte er, daß er sich, müde des steten Schlafens unter freiem Himmel, in Darm stadt als subsistenzlos festnehmen lassen wolle, um nur einmal wieder ein Obdach zu bekommen. Und richtig! In Darmstadt angekommen, meldete er sich auf der Polizei als obdachlos in der Hoffnung, ein gesperrt zu werden und Gefangenenkost zu erhalten. Allein er täuschte sich, denn man fand, daß seine Papiere in Ordnung waren, und konnte ihn deshalb auch nicht einsperren. Hungrig, ermattet und ver zweifelnd mußte der Aermfte weiter wandern. Da bemerkte ihn sein wackerer Reisegefährte, der Bäcker geselle, und schenkte ihm 12 Kreuzer, die ihm ein Unterkommen auf der Herberge ermöglichten. „Das war mein erster Besuch in Darmstadt", erzählte der General später dem Prinzen Heinrich von Hessen. Das zweite Mal, im Jahre 1849, wurde ich in Begleitung seiner Königlichen Hoheit des Prinzen von Preußen in Hofequipage vom Bahnhofe abge holt und das dritte Mal, im Jahre 1866, rückte ich als General an der Spitze meiner Truppen in die Stadt ein." — Verlockende Annonce. Eine junge Dame im Besitze von zehn Kölner Domban-Lotterie-Loosen sucht einen gebildeten reichen Herrn, am liebsten Offizier, auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege zu ehelichen. Dieselbe wäre auch geneigt, noch weitere Antheile der Lotterie zu kaufen, falls Bezugnehmender ihren Wünschen entspricht. — Fatale Beruhigung. Papa: „Was! Nun hat die Mama wieder eine Trommel gekauft — da werde ich ja vor Lärm gar nicht arbeiten können!" — Karlchen: „Aber Papachen, ich trommle ja nur, wen«« Du Deine Mittagsruhe hältst." — Gauner-Stolz. „Na, was suchst De denn da in de Zeitung, Lude?" — „Die Rezension von meinem letzten Einbruch!" per Einfluß des Jirützjakrr auf den menschlichen Körper ist ein bekannter und Alle, welche sich zu dieser Zeit über Mattigkeit, Schwindel, Herzklopfen, Kopfschmerzen, Blutwall ungen beklagen, sollten diesem Winke der Natur folgen und durch Gebrauch der seit über 10 Jahren rühmlichst bekannten, in den Apotheken ä Schachtel 1 M. erhältlichen allein ächten Apotheker Richard Brandts Schweizerpillen den Körper einer milden Absührkur unterziehen. „Die auf jeder Schachtel auch quantitativ angegebenen Bestandtheile sind: Tilge, Moschus garbe, Aloe, Absynth, Bitterklee, Gentian." Stan-lsamtiichc Nachrichten von Schönheide vom 26. April bis 2. Mai 1891. Geboren: N8) Dem Bürstenfabrikant Fran, Louis Leistner hier Nr. 1758 1 S. 119) Dem Eisengießer Friedrich August Glaß in Schönheiderhammer Nr. 208 IS. 120) Dem Lehrer Karl Hermann Götz hier Nr. 2338 1 S. 121) Dem Bier verleger Magnus Emil Flach hier Nr. 390 8 I T. 122) Der unverehel. Bürsteneinzieherin Liddy Glaß hier Nr. 215 I T. 123) Dem Stickereifabrikarbeiter Christian Friedrich August Richter hier Nr. 250 1 S. Aufgeboten: 27) Der Kaufmann Ludwig Hermann Seidel hier mit der Lina Martha verw. Seidel geb. Sattler hier. Eheschließungen: 20) Der Schneider Georg Wurdak in Neuheide mit der Wirthschaftsgehilfin Hulda Rosa Schwarz in Neuheide. Gestorben: 69) Des Maschinenstickers Franz Hermann Voigtmann hier Nr. 286 Sohn, Arno Ewald, 1 I. 1 M. alt. 70) Der Eisengießer Friedrich Richard Hahn hier Nr. 19, 32 I. 5 M. alt. 71) Des Eisenhüttenarbeiters Karl Albert Baumann in Schönheiderhammer Nr. 33 Sohn, Friedrich Al bert, 6 M. 17 T. alt. 72) Die unverehel. Knüpserin Emma Anna Schädlich hier Nr. 12, 18 I. 2 M. alt. 73) Der unver- ehel. Knüpferin Auguste Minna Klug hier Nr. 278 Tochter, Frieda Paula, 3 I. 8 M. alt. 74) Des Bürstenfabrikarbeiters Carl Louis Häcker hier Nr. 81 8 Sohn, Paul Louis, 1 M. 10 T. alt. 9 8 3 S S 2 10 9 10 8 7 8 Chemnitzer Marktpreise vom 2. Mai 1891. Weizen russ. Sorten I I Mk. 75 Pf. bis 12 Mk. 80 Pf. pr. SO Kilo - sächs. gelb u. weiß 11 >50 - - 12 - 10 - - - , Roggen, preußischer - sächsischer - russischer Braugerste Futtergerste Hafer, sächsischer Hafer, preußischer Kocherbfen Mahl- u. Futtererbsen Heu Stroh Kartoffeln Butter - so - . 12 , 10 . « « . 10 9 40 9 999 - 30 > - 9 9 60 9 9 - - - 40 - - 10 9 70 - 9 - 9 9 — 9 . 9 9 50 9 9 9 9 - 7S - - 8 9 —— 9 9 9 9 - 7S - . 9 9 9 9 9 9 « — « U 9 — 9 9 9 9 - 2S - . 10 9 25 9 9 9 9 - 25 . - 8 9 50 9 999 . 30 - > 3 9 60 9 999 - 20 . , 3 9 40 9 999 > 75 . » 4 9 20 9 999 . 20 - - 2 9 70 9 9 1 9