Volltext Seite (XML)
Sinneswerkzeuge; man kann sie auch Lebensreize nennen; sodann ge hören hierher die Reize, welche von den Centralteilen auf die Be wegungsnerven ausgeübt werden, und endlich die Empfindungseindrücke unseres vegetativen Lebens. Als künstliche Nervenreize sind die Elektricität, mechanische Bewegungen, wie Druck und Stoß, Temperatur veränderungen und chemische Einwirkungen (von Säuren und Salzen) bekannt. Sie können auf jeden beliebigen Teil eines Nerven über tragen werden und eignen sich deshalb vorzugsweise zu wissenschaft lichen Versuchen, wozu man besonders gern die Elektricität wählt. Die Fähigkeit eines Nerven, sich durch Reize erregen zu lassen, nennt man Erregbarkeit oder Reizbarkeit (Sensibilität). Sie ist für die Nerven dasselbe, was die Fähigkeit, sich zusammen zuziehen (Kontraktilität), für die Muskeln ist. Sie kann gesteigert oder auch vermindert, ja sogar ganz aufgehoben werden. Wird ein Nerv durchschnitten, so daß seine Verbindung mit den Centralwerkzeugen unterbrochen ist, so steigert sich anfangs seine Erregbarkeit in hohem Grade, nimmt darauf ab und schwindet endlich ganz. Dieselbe Wirkung wird durch festes Zusammenschnüren er reicht; denn wenn ein Glied, wie wir sagen, eingeschlafen ist, so kommt das daher, daß die ihm angehörenden Nerven einem Drucke unterworfen sind, der stark genug ist, den Zusammenhang ihrer Fasern zu vernichten. Wir haben die Herrschaft über das Glied und die Empfindung in ihm verloren, und diese Vermögen kehren nur all mählich und in dem Maße wieder, als der Zusammenhang wieder hergestellt wird. >1!. Stoffe, die das'Vermögen besitzen, durch ihre Einwirkung auf die Nerven deren Reizbarkeit zu vermindern oder zu tilgen, heißen narkotische Stoffe. Sie bewirken den Verlust der Reizbarkeit entweder geradezu (Blausäure) oder nach einer vorhergegangenen heftigen Erregung (Strychnin). Ist eine Nervenfaser stark erregt worden, so tritt in ihr dar nach ein Zustand der Ermüdung ein, der sie unempfindlich für eine neue Reizung macht. Die Stärke und Dauer der Ermüdung richtet sich ganz nach der Stärke des vorausgegangenen Reizzustandes. Hat sich der Nerv von seiner Ermüdung durch Ruhe erholt, so ist auch seine Reizempfänglichkeit wieder hergestellt. Öfters wiederholte An regungen im Wechsel mit darauf folgender nötiger Ruhe erhöhen die Reizempfänglichkeit, während Überreizung sie vernichtet (s. auch die Muskeln!). Ist die Reizbarkeit durch einen Reiz bestimmter Art er schöpft, so kann sie doch für Reize anderer Art oder für einen stärkeren Reiz derselben Art noch vorhanden sein. Die Erfahrung hat gelehrt, daß wiederholte zweckmäßige Anregung geradezu not wendig ist, um einen Nerven thatkräftig zu erhalten. Nerven, die vollständig ruhen, verlieren nicht nur nach und nach die Erreg barkeit, sondern es schwindet auch ihre Masse. Wenn z. B. ein Auge zerstört worden ist, so daß das Licht nicht mehr auf die Netzhaut Seidel, Ergebnisse und PrSparationen !c. VIII. Hest. 6