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19 und bilden; auch die Welt muß leben durch ihren Zweck, sonst könnte sie nicht sein. Dagegen wendet man ein: ist nicht so vieles zwecklos, ja zweckwidrig in der Welt? Aber die Welt steht ja im Werden. Sie ringt, ihren Zweck ganz zu erreichen und zu offenbaren. Sie kann darum nur unvollkommen sein. Das Uebel ist also kein Anlaß, den Zweck als die weltbeherrschende Macht zu bestreiten. Die Ausnahme bestätigt die Regel. Ohnehin müssen denen, die Gott lieben, alle Dinge zuni Besten dienen. Rian wird in der Unterweisung diesen Nachweis sorgsam hervor heben müssen. Er hat vor allem die Kraft, dem Gottesglauben Licht, Klarheit, Freudigkeit zu geben. Wer in Gott nur den geheimnißvollen Grund, nicht den machtvollen allwissenden Zweck der Welt erkannt hat, dessen Religion wird ein dumpfes Sichversenken, kein freudiges Han deln in Gott, sie wird nur Pantheismus sein. Besonders ist hier her vorzuheben, wie sehr es des Menschen unwürdig ist, zu seinem Gott, zu der Gemalt, von der sein Geschick bestimmt ist, die stummen und blinden Naturkräfte zu machen, die unseren Atheisten das Höchste und doch so viel werthloser sind als der Mensch selbst. Man zeige, daß des Menschen Freiheit dabei vernichtet ist. Der Mensch ist Geist; er erweist sich als Geist, auch indem er sinnlos den Geist ableugnet. Darum muß auch Gott Geist sein und die Anbetung im Geist, durch sittliche Thaten, durch Thaten der Geistesfreiheit, fordern. Daran ist hier zu erinnern. Dann weise man nach, wie überall das Ganze vor den Theilen ist und zweckvoll diese schafft. Der Same trägt die Pflanze vorgebildet in sich, denn aus jedem Samen wird nur diese Eine Pflanze. Ein Kunstwerk muß erst im Geist des Menschen vollendet sein, ehe es seine Verwirklichung findet. Dann erinnre man an die erhabnen Poe sien des Alten Testaments, welche den Abglanz göttlicher Herrlichkeit in der Welt zum Ausdruck bringen. Die Himmel erzählen die Ehre Gottes und seiner Hände Werk verkündet die Feste. Die Vögel des Himmels werden dich's lehren, die Erde wird dir's sagen und die Fische jm Meer werden dir's erzählen (Ps. 19; Hiob 12, 8). Man verweile bei diesen Gedanken, aber meide sorgsam den Fehler des alten Beweis verfahrens, das nicht auf die Harmonie der Welt als eines erhabnen Kunstwerkes hinwies, sondern in willkührlich ersonnene einzelne Nütz lichkeitsnachweise sich verirrte. Als Ergebniß dieses zweiten Beweises stelle man das zweite Moment unsrer Gotteserkenntniß fest: Gott ist also nicht Macht nur, sondern Geist, Weisheit. Seine Weisheit ist seine 2*