Predigt über 1. Petr. 5, 6-7 Dom. Septuagesima 1884
Titel
Predigt über 1. Petr. 5, 6-7 Dom. Septuagesima 1884
Untertitel
(Sonntag nach dem Ableben Ihrer Königlichen Hoheit Frau Prinzeß Maria Anna, Gemahlin Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Georg, Herzog zu Sachsen); in der Kirche zu Pillnitz gehalten
Theure Gemeinde! Ob wir dieses Gotteswort (das 3. von den heute zur Auswahl gegebenen) uns denken hineingerufen in das hohe Trauerhaus, von dem wir vorhin geredet, oder in unser eigen Herz und Leben, darin das Wehklagen aus jenem Haus nachklingt und die Gedanken an unsere eigne Noth und Trübsal weckt: dort wie hier will es ein Wort ernster Mahnung und erquickenden Trostes sein. Zwei Dinge vor allen sind es, die in Noth und Trübsal bei rechten Gotteskin der u ge funden werden sollen: 1. Demüthige Beugung unter Gottes Willen. 2. Zuversichtliche Hoffnung auf Gottes Treue. I. „Demüthiget euch unter die gewaltige Hand Got tes", schreibt der Apostel an seine Christen und ruft es damit auch uns zu. Wer dieser Demüthigung bedarf, der hat sich bis daher mehr nur auf sich selbst oder Andere neben ihm verlassen. Er braucht darum noch nicht jenem thörichten Stolze verfallen zu sein, der nach Pharaos Art in eitler Selbstüberhebung fragt: Wer ist der Herr, deß Stimme ich gehorchen — des; Walten ich mich fügen soll? Wenn er nur in jener Selbstgenügsamkeit einhergeht, die gern sich stützt auf Rang und Stand — auf reichlich vorhandene Mittel, die scheinbar Alles ihm erlauben — auf Kräfte des Leibes und der Seele, die Vieles schon ausgeführt und durchgesetzt haben — so steht er in Ge fahr, den Rath und Willen, die Kraft und Gnade seines Gottes geringer zu achten, denn sichs gebührt. Ach, wir alle neigen zu dieser Sünde! Die alte Adamsnatur in uns regt sich immer und immer wieder in der Lust „zu sein wie Gott" — nur um Seinem Wort und Seiner Kraft nicht mehr unterthan sein zu müssen. Man merkts da, wo einmal Krankheit ins Haus kommt. Wird da nicht oft die eigne Klugheit nur gefragt und ihr Rath befolgt? Erst wenn die Selbst- hülfe nicht mehr ausreicht, wendet man sich an den Arzt und redet am liebsten dem noch in seine Pläne. Ist man am Ende ganz rathlos wie er, dann faltet man seine Hände und ruft und seufzt zum Himmel auf, daß von dort her der allmächtige Helfer kommen möchte. An statt Ihn zu allererst in die ernste Berathung zu ziehen, sucht man Ihn zu allerletzt und hält Ihn für gut genug, einzutreten mit Seiner Kraft, wenn sonst Niemand weiter helfen kann. Und der Herr, barm herzig und gnädig und geduldig, hört das Schreien. Oft kommt Er