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80 zu verbinden. (Antrag Dittes.) — Der zweite Tag brachte das Haupt thema auf der Wiener Versammlung: „Der Religionsunterricht." Real schullehrer Triescher aus Trebitzsch in Mähren sprach über das Thema: „Religion und Wissenschaft." Zwischen Religion und Glauben bestehe ein großer Unterschied. Die Religion bereite das Gemüt vor zur prak tischen, sittlichen That. Die Religion wurzelt im Urgrunde des Gemüts; Wissenschaft und Religion negieren sich nicht, sie bedingen sich. Bibel und biblische Geschichte bilden den eigentlichen religiösen Unterrichtsstoff. Ein harmonisches Verhältnis zwischen Religion und Wissenschaft müsse bestehen^ Superintendent vr. M. Schulze: Der Religionsunterricht muß konfessions los sein; den Eltern stehe es frei, ihren Kindern den Unterricht in einer andern Konfession, als der in der Schule gelehrten, erteilen zu lassen, vr. Dittes (s. unten Thesen). Pfarrer Obert: Das Übermaß des Re ligionsunterrichts und der Dogmenunterricht habe den Religionsunterricht um seinen Kredit gebracht; Pädagogisch-fachmännische Aufsicht. Direktor vr. Götzl will interkonfessionellen Religionsunterricht. Binstorfer- Wien, Neumann, Lederer, Heinrich, vr. Meier, vr. Polack, Petsch- Berlin, Sack-Berlin erklären sich im großen und ganzen für die Thesen des Dittes, welche denn auch angenommen wurden und lauten: 1. Der Religionsunterricht in der Volksschule ist nach seiner Organisation und Ausführung vollständig dem Lehrerstandc zu überlassen. 2. Allen Eltern steht es frei, ihre Kinder an diesem Unterricht teilnehmen zu lassen oder von demselben zurückzuhalten. 3. Solange diese Grundsätze nicht aus führbar sind, erscheint die völlige Ausschließung des Religionsunterrichts aus der Schule als das richtigste Verhältnis. Dazu kam die Obertsche These: Bei Auswahl des Stoffes und bei Behandlung dieses Lehrgegcn- standes sind, wie bei jedem andern, lediglich die Grundsätze der Pädagogik maßgebend. Als erster Gegenstand des dritten Tages wurde über die Gründung eines allgemeinen deutschen Lehrervereins beraten. Referent Sup. vr. Schulze, der bisher sämtliche 19 allgemeinen deutschen Lehrerver sammlungen besucht hatte, legte der Versammlung die Frage vor: „Ist die fetzige Einrichtung der Lehrcrversammlungcn beizubehaltcn oder ist ein deutscher Lehrerverein wieder herzustellen?" Behrens- Börßum in Braunschweig, Riecke-Reuffen, Lüben, Prof. Richter-Wien, Köhler-Wien sind aus Gründen der freien Bewegung für Lehrerversamm lungen in bisheriger Weise; Schütze-Magdeburg, Petsch-Berlin für Lehrerverein. Der Antrag: Der Ausschuß der allgemeinen deutschen Lehrerversammlung habe die 20. Versammlung in bisheriger Weise zu berufen — wird angenommen. Der Schlußvortrag wurde vr. Meier übertragen. Er referierte über das Thema: „Deutsche Frauenbildung", indem er sich gegenüber den beiden Reformrichtungen in dieser Frage, von denen die eine die Er- werbsthätigkeit, die andere die häusliche Thätigkeit in den Vordergrund stellt, für die zweite Richtung aussprach. Das schönste Wirken der Frau sei im häuslichen Kreise, in der Familie! Aufgabe der Frau, das vom