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nun auch war, reichte doch ihr Mut nicht hin, sich mit ihrem Gegner selbst zu messen. Vielmehr zog sie es vor, anderen weniger hochgestellten Personen einen Streich zu spielen, so- sern sie wußte, daß durch diese der Streich auch zu Herrn von Spohr hinausgespielt würde. Psarrer Berghold war ihr ge- rade gut genug dazu. Dabei verfiel sie auf Sachen, die man einfach nicht für möglich halten möchte, wenn sie uns nicht getreu überliefert worden wären. Jede paffende oder un passende Gelegenheit benutzte sie, um durch den armen Geist lichen gegen ihren Rivalen zu Felde zu ziehen. Einmal war es das freiherrltche Wappen. Die Kirche zu Grotzgrabe war in jenen Zeilen umgebaul worden. Psarrer Berghold hielt es für ein Gebot der Dankbarkeit, die Namen der beiden, die sich um den Ktrchenbau besonders verdient ge- macht hatten, über der Eingangslüre anzubringen. Das war nicht nach dem Sinn der Frau von Schellenberg. Zwar hatte sie nichts dagegen, daß ihr Name über dem Portale stand, dagegen konnte sie es nicht mit ansehen, daß daneben auck der des Herrn von Spohr stand. Sie schalt den Psarrer darum und veranlaßte ihn, den Namen Spohrs wieder zu beseitigen. Ein andermal war es der Titel. Pfarrer Berghold hatte die Gepflogenheit, Herrn von Spohr ins Kirchengebet ein zuschließen und ihm dabei den Titel „Hochwohlgeboren" bei- zumeffen. Darin hätte gewiß niemand etwas gesunden. Aber Frau von Schellenberg, die im Herrschastsstuhle saß, hatte feine Ohren. Sie beschied den Pfarrer nach dem Gottesdienste zu sich, hielt ihm eine Lektion über Titel und Ehren und befahl ihm, künftig nicht „Hochwohlgeboren", sondern „Hoch- und Wohlgeboren" im Gebet zu sprechen. Womit sich dieser abfand. Übcrhaup war das Kirchengebet Quell reicher Mitzlich- keiten. Frau von Schellenberg hatte ihre Zuträger, die sie von allem unterrichteten, was scheinbar zu unrecht geschah. Don einem derselben war ihr hinterbracht worden, daß der Pfarrer im Kirchengebet zuerst Herrn von Spohrs Namen und erst an zweiter Stelle den ihren verlas. Darin erblickte sie eine unerhörte Zurücksetzung ihrer Person, hi.tz ungesäumt den Pfarrer zu sich kommen und hielt eine Strafpredigt, in der es von Scheltworten aus den geistlichen Herrn nur so hagelte. Wie er sich eine derartige Dreistigkeit erlauben könne: er wisse wohl garnicht, was sich gezieme! Und so ging es fort. Pfarrer Berghold hörte sich demütigen Hauptes die Rüge an. Als aber die gnädige Frau am Ende war und schon zu triumphieren meinte, zog er das Kirchenbuch hervor, legte ihr das Kirchengebet vor und wies ihr nach, daß sie falsch unterrichtet sei. Fetzt war es an ihm zu triumphieren. Daß er im Rechten sein sollte, konnte sie nicht verwinden. Sie sann auf Rache; und es müßte keine Frau gewesen sein, wenn sie diese nicht erhalten hätte. Wie sie freilich dazu kam, erinnert an das Vorgehen der eitlen Königin im Märchen von Schneewittchen. Heimlicherweise ließ sie das Kirchenbuch aus der Sakristei holen. Dabei entdeckte sie einen Zettel, auf dem ebenfalls das Kirchengebet geschrieben stand und zwar war hter Herr von Spohr zuerst genannt. Fetzt kannte ihr Zorn keine Grenzen. Nicht allein, daß er ihren Namen hintenangesetzr hatte, er hatte sie dazu auch noch zu täuschen versucht. Kurzerhand besaht sie ihn nach Königsbrück. Ein Hagel von Scheltworten prasselte auf ihn nieder. Es gab keine Strafe im Himmel und auf der Erde, die sie ihm nicht angedroht hätte. Sie erinnerte ihn sogar an Magister Dulich, der wenige Jahre vorher auf dem Markte in Kamenz wegen geringer Vergehen hingerichtet worden war. Das wüßte er wohl, meinte sie in nicht mißzuverstehender Weise. Wieder ließ Berghold alles über sich ergehen, zuckle auch bei der Er wähnung der Enthauptungsszene nicht sonderlich zusammen und meinte zuletzt, der Zettel habe vorher schon im Kirchen buch gelegen: wenn sie ihn nicht bemerkt habe, sei es nicht seine Schuld. Gar von der Kanzel herunterholen lassen wollte sie den Geistlichen. Zwar nicht Pfarrer Berghold, sondern einen Provekandidaten. Der hielt vor Herrn von Spohr eine Pre digt. Daß sie nicht um Genehmigung dazu gebeten worden war, kränkte sie. Sie schickte den Hofjäger und Zolleinnehmer nach Grotzgrabe mit der strikten Weisung, dem Kandidaten die Treppe zur Kanzel zu verwehren und wo er schon oben wäre, ihn unbedingt herunterzuholen, wo es notwendig sei, mit Hilfe des Büttels. Dazu ist es allerdings dank der gütigen Ber- Mittelung des Herrn von Spohr nicht gekommen. Schuld an der Sache war natürlich — Pfarrer Berghold. Schlimmer lief die Sache ein anderes Mal ab. Da hielt Pfarrer Berghold für Herrn von Spohr und die Seinigen die heilige Kommunion ab. Wieder erschienen jene beiden Abgesandten aus Königsbrück. Diesmal sollten sie dem Psarrer Berghold die Abendmahlspredigt verwehren. Herr von Spohr entdeckle sie und fragte — denn sie waren ihm nicht unbekannt — nach dem Grunde ihrer Anwesenheit im Gotteshause. Es entlpann sich ein erregtes Hin und Wider, ein Wort gab das andere und bald gab es einen regelrechten Radau, bei dem es so laut zuging, daß sogar der Gesang von den Scheltenden übertönt wurde und abgebrochen werden mußte. Dafür, daß der Psarrer trotzdem Herrn von Spohr das Abendmahl ge reicht, zeigte sie ihn bei seiner Behörde in Bautzen an, die ihm für seine Aufsässigkeit einen Verweis erteilte. Nicht einmal das Wasser hat sie dem armen Pfarrer ge gönnt. Buchstäblich: nicht einmal das Wasser. Bet seinem Amtsantritt hatte er sich von der Wasserleitung des Ritter gutes einen Röhrgang nach dem Psarrhof legen lassen. Er war bescheiden gewesen und Halle lediglich „einen Strohhalm" stark das Wasser für sich erbeten. Später gab Frau von Schellenberg vor, er nehme ihr das ganze Wasser weg und ließ kurzerhand die nach dem Pfarrhof gehenden Röhren herausreißen. Pfarrer Berghold erklärte, daß der Gulshof kein Wasser mehr e.halte, liege lediglich daran, daß die dor tigen Röhren nie gesäubert würden und daher verstopft wären. Der Röhrm ister sah die Röhren nach und sand die Angaben bestätigt. Wasser von Schellendorfs Gnaden erhielt der Psarrer aber trotzdem nicht — nun erst recht nicht. 3m Gegenteil, Frau von Schellendors verklagte ihn beim Schöffengericht in Leipzig. Nicht weniger als 28 Vergehen (u. a. Diebstahl) wuroen ihm vorgeworsen. Er wurde zu einer hohen Geld- strafe verurteilt und dazu ermahnt, der Gutsherrin allzeit mit dem nötigen — Respekt zu begegnen. Umsonst, daß er die harte Frau in einem langen Briefe bat, sie solle ihn doch endlich in Ruhe lassen und nicht immer wieder die alten Sachen ausrühren, umsonst, daß er sie bei ! Gott beschwor, ihn seines Lebens endlich einmal froh werden zu lassen. Sie schikanierte ihn, wo sie ihn nur sah. Keinen guten Faden hat sie an ihm gelassen, nichts konnte er ihr recht machen. Drei Fahre hat er es getragen. Dann ging er nach Neschwitz, wo ihm ein geruhigtes Leben beschieden war und er sich von dem Martyrium in Grotzgrabe erholen konnte. Heimkekrender Wanderer Oie Bäume tragen gelben Sckmuck, Bot klommt der wilde Wein. Vock ek' Las Sarbenspiel verlobt, Will ick nocb bei dir sein. Oer Beide Scbarlackkteid erliscbt, Vas Sras ist grau, und nah, Oer Berge Wälder leuckten blau, Vie Lukt wird dünn und biah. vis vämmrung spinnt in Nebel sick voraus Lein Bild erstekt, Vie Nstsrn in dem (Zarten dein Barr'n still wie im Bebet. Oer Votenvogel rukt im Bolz Wenn grau der vag verklingt, Vlnd meins Seele, kindtick krob, Weit über Wolken dringt. Vock wenn der Winter stürmt und scknest Bin ick bei dir zu Baus. ves Berdes kette klamme glükt — Ick ruk' vom Wandern aus. Martin Watt», Vraad«,