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das Weihnachtslieü fehlen. Es lebt in Gemeinschaft mit ihm. Eines vhne das andere ist kanm denkbar. Und doch gleichen die Weihnachtslieder nicht einander. Im Wesen harmonieren sie wohl alle, aber im Text wahrt jedes sein Eigenart. Demzufolge stimmen auch die Melo dien in entsprechendem, verschiedenem Dur und Moll. Auch im Gehalt sind sie auf die mannigfachsten Altersstufen der Menschen fein abgetönt. In den Liedern: „Morgen, Kin der, wird'S was geben, morgen werden wir uns freun. von Carl Gottlieb Hering, Bautzen, „Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen . . .", „Gesegnet seid, ihr alten Leure, gesegnet sei, du kleine Schar, wir bringen Gottes Segen heute dem braunen wie dem weißen Haar . . und in „Heil'ge Nacht, aus Engelsschwingen nahst du leise dich der Welt . . ." werden die Unterschiede leicht sichtbar. Die Übergänge sind aber derart fein geschliffen, daß es die sangessrohe Weihnacht gar nicht übel nimmt, wenn dis Lieder in zwangloser Reihenfolge erschallen. Der Ausdruck von Freude (O du fröhliche) und Kraft (O Tannenbaum) richtet sich im Moment der Auslösung an keinerlei Gesetze. Und Besinnlichkeit, inniges Empfinden, zuweilen melv- disch-textlich-plastische Gestaltung (Lieder: „Vom Himmel hoch, o Englein kommt" und „Zu Bethlehem waren einst Hirten zur Nacht . . ."), heiter freudiges Gemüt und ein — Bekenntnis zum Leben ist kurz zusammenfassend die allen Weihnachtsliedern unvergleichlich eigenartige Melodik. Um sie haben sich große Männer verdient gemacht, wie Martin Luther, Chr. F. Gellert, Michael PraetvriuS, Fr. Silcher, Hoffmann von Fallersleben, C. G. Hering (1809), Niemeyer, Johannes Falk, Josef Mohr („Stille Nacht . 1818), Ernst Anschütz, Ernst Moritz Arndt, Franz Graf Pocci, Robert Schumann (Op. 7S und 17 Nr. 1), H. Chr. Andersen und manche andere. Die Zeit hat uns zu geldlicher Armut verurteilt, so wollen wir aus dem unversiegbaren Born der Weihnachts gesänge alle Kräfte schöpfen, um auch diese Armut besser überwinden zu können. Denn die Zeit geht weiter ihren Gang, sie wird den Winter verabschieden, einen neuen Frühling empfangen und wird dem sterbenden Herbst ein neues Weihnachtsfest folgen lassen. — Nackklänge von einer stillen V^eiknacbtsteier i. Nock immer ist's, als klängen eure Worts Vie Stunden kort vertraut in diesem Naum, So wie dis Sommsriäden langsam ziehen —, Und ikr Entschwinden merkst du träumend kaum. Sie klingen mit ins neue Jakr hinüber, Und wenn der Wächter auk der Zinne rukt, Dann hör ick deutlick eure Stimme wieder Nus kroksn Stunden, die ikr heute sckukt. II. Vie Kerzen nock und nock das vannengrün Und lieber Kindertraum —, Vie Wsiknackt möchte nickt verglükn In meinem stillen Uaum -, Vie keil'ge vackt und jener Kelle Stern, ver Lickt gespendet Kat. O, unser Llück liegt nickt so kern . . .; Cs findet eine Statt. III. Ick mag den Llllar heute nock nickt drecken; Mir wär's, als drücke ick mein krokes löerz, — Von gestern mag ick nickt und morgen sprechen; Venn keut klog meins Seele himmelwärts. Ick will nur dankbar in mein Innres kören, Vas Süd nur sckaun, Las mich beseligt Kat. kein rauker von soll meinen Frieden stören . . . Lick! — Wsk, mein IZerz! - va drautzen lärmt die Stadt Gustav Wolj, W-ija. Der Thomastag in der Oberlausitz Reicher als irgend eine andere Festzeit ist die Weih nachtszeit an volkstümlichen Sitten und Gebräuchen. Zu den vorweihnachtlichen Tagen, an welche sich vielfach in deutschen Landen altüberlieferter Glauben und Brauch knüpfen, gehört auch der 21. Dezember, der Sankt- Thomastag. Derselbe trägt seinen Namen von dem Apostel Thomas, der infolge seines „Unglaubens" sprichwörtlich geworden ist. In den Urkunden früherer Zeiten wird er gewöhnlich „St. Thomastag vor Weihnachten, St. Thomas tag des hl. Apostels, der da gefettet vor Weihnachten, Thvmanstag, Thomastag in Wihenachten" und anders genannt. Eine Anzahl Volksgebräuche, wie sie in der zweiten Hälfte des letztvergangenen Jahrhunderts im Schwange waren und zum Teil wohl noch heute da und dort geübt werden, sind uns aus dem südlichen Teile der Ober- lausitz überliefert worden. Ihrer sei an dieser Stelle in .Kürze gedacht. Am Abend des Thomastages gingen und gehen die Dorfbewohner in der Umgegend von Zittau gern in Gesellschaft, um in heiterer Unterhaltung bis tief in die Nacht hinein beisammen zu bleiben und sich dabei „güt lich zu tuu". Man nennt diese Nachtschwärmerei „thomsen", und wer irgend kann, thomst mit. Die Sankt Thomas- nacht wird für besonders glückbringend gehalten, weshalb denic auch junge Leute fast ohne Ausnahme in derselben das Schicksal befragen, um gewisse Aufschlüsse über ihre Zukunft zu erhalten. Das „Bleigietzen", wohl in ganz Deutschland bekannt, wird nur zum Scherz getrieben, mehr Gewicht legt die Jugend auf das „Nußschalen schwimmen". Mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt jeder sein mit einem dünnen Wachslichtchen versehenes Schiffchen. Er freut sich, wenn es kein Wasser zieht und das Licht langsam und ruhig brennt und ihm damit eine glück liche Zukunft prophezeit. Hat sich doch derjenige, dessen Nußschale schwankt und zischend untergeht, wenn er nicht gar seinen Tod im nächsten Jahre erwartet, doch ganz ge wiß auf empfindliche Schicksalsschläge in genannter Zeit gefaßt zu machen. Schwimmen die Fahrzeuge eines Mäd chens und eines jungen Mannes einträchtig nebeneinander und finden sie sich nach vorgenommener Trennung, wie von geheimer Kraft angezogen, wieder, so werden die In haber derselben als zukünftige Brautleute betrachtet, was denn auch häufig im Laufe des kommenden Jahres in Er füllung geht. Junge Mädchen pflegen am Thomastage, sobald sie sich unbeobachtet wissen, auch gern den „Pantoffel zu werfen", nm zu erfahren, welche aus dem Kreise der Versammelten zuerst heiraten wird. Sie setzen sich zu diesem Fragespiele an die Zukunft in gleicher Entfernung zu einander auf die Erde, den Rücken der Tür zugekehrt. Dann wirft jede einen Pantoffel rückwärts nach der Tür. Dasjenige Mäd chen nun, dessen Pantoffel dem Eingänge zunächst liegt, die Spitze demselben zugekehrt, verläßt zuerst als Braut das väterliche Haus, wogegen diejenigen, deren Pantoffelspitze einwärts zeigen, im künftigen Jahre noch keine Hoffnung haben, unter die Haube zu kommen, und am nächstjährigen Thomasabend ihr Glück aufs neue versuchen dürfen. Aus der weiteren Umgebung der Stadt Gör litz wird berichtet: Vor Weihnachten arbeiten die fleißigen Hausfrauen oft bis spät in die Nacht, sie „thomsen", wie der Volksmund dem Thomastag zu Ehren sagt. Die Kin der stellen an manchen Orten in ihrer Ungeduld beim Schlafengehen abends ihre Schuhe ins Doppelfenster, um sie am andern Morgen mit allerlei süßen Gaben gefüllt zu finden. Es ist dies ein ähnlicher Brauch, wie wir ihn in der sächsischen Oberlausitz am 28. Januar, dem Tage der „Vogelhochzeit", beobachten können. Nur wird hier am Vorabend des betreffenden Tages ein Teller auf das