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N WMffg s!; WOsNl vsr WW Bon Siegfried S t ö r z n e r - Dresden In unseren Tagen, wo der Valtenberg das Haupt- wauöerziel der westlichen Lausitz geworden ist, wo von allen Seilen Touristenwege und Markierungen aus stunden-, ja tageweiter Entfernung die Fremden in den Zauberbann des Hohwaldes bringen, wo ein stolzer Luginsland und ein gutbewirtschaftetes Berggasthaus den Gipfel krönen, vergessen wir leicht, wie es zu unserer Bäter Zeiten mit all diesen schonen Dingen bestellt war. Noch vor einem Menschenalter warnte Albert Schiff- ner in seiner „Beschreibung der gesamten sächsischen und böhmischen Schweiz in ihrer neuesten Gestalt" die Reisen den, die sich seiner sonst anerkannt guten Führung anver trauten, dem Balten- oder Falkenberge einen Besuch abzu statten, da er keineswegs in das berühmte Reisegebiet der Sächsischen Schweiz gehöre und außerdem wegen gänzlicher „Berwalöung" eine Besteigung nicht lohnend sei. Immer hin muß Schiffner zugeben, daß der Berg „wegen seiner ungeheuer ausgebreiteten Umsicht häufig besucht gewesen ist". Im schroffen Gegensatz zu dieser wenig freundlichen Würdigung des Valtenberges steht das Urteil Magister Leberecht Götzingers, des Klassikers der Sächsischen Schweiz, preist er doch in seiner 1786 erschienenen „Geschichte und Beschreibung des Chursächsischen Amtes Hohnstein und Lohmen, insbesondere der unter dieses Amt gehörigen Stadt Sebnitz" vor allem drei Gipfel unserer Heimat: „Auch an hohen Bergen und steilen Felsen ist diese Gegend reich. Es würde überflüssig sein, die hiesigen Berge alle namentlich aufzuftthren. Nur auf diese drei, den Winterberg in der Heyöe, den Falkenberg auf dem Hoh- walde und den Gückelsberg bey Goßdorf will ich jetzt auf merksam machen, da sie ihr Haupt vor den übrigen er heben .. Wie wir es dem alten Götzinger zu verdanken haben, daß schon zu Ende des 18. Jahrhunderts die meilenweiten Forste des Hohwaldes immer mehr aufgesucht wurden, so war es vor hundert Jahren ein junger Bischofswerdaer Gelehrter namens Carl Merkel, der als Anhang zu einem von Ihm verfaßten Schweizführer eine kaum 10 Druck seiten lange „Beschreibung des Falkenberges" schrieb. Und er hatte den Mut, diesen kleinen Wegweiser herauszugeben, trotzdem man damals vom Gipfel nicht die geringste Aus sicht hatte. Aber die Naturfreunde jener Zeit wußten sich zu helfen. Sie bestiegen einfach die Riesenbuche an der Westseite und hatten von ihrem Wipfel aus einen Rund blick, „der es wahrlich verdiente, daß man eine weite Reise deshalb machte". Der Banin war ob der niedrigen Äste sehr leicht zu erklettern, und es war ringsum in den Dör fern am Fuße des Hohwaldes bekannt, daß die „Aussicht auf der Buche" einzigartig sei. — Dieser Baumriese er innert uns an die allen Baltenbergfreunden wohlbekannte Nord- oder Kreuzbuche. Bon ihr wie von dem daran vor überführenden Kreuzsteig weiß sich das Volk allerlei Ge spenstergeschichten zu erzählen. Wie verwöhnt sind doch die Menschen des 20. Jahr hunderts! Die „Naturfreunde" kann man wahrlich zählen, die Berge besteigen, die weder Gasthaus noch Turm tragen und noch dazu keine Aussicht bieten. Noch weniger werden sie sich wohl die Mühe machen, auf solch einem Berggipfel einen Baum des Ausblicks halber zu erklettern. Unser Bischofswerdaer Führer empfahl als Anstieg zum Valtenberg die Waldwege von Putzkau und Neukirch, von wo ans man beguem zum Fuße des Gebirges gelange und von da in etwa K Stunde zur Buche emporsteigen könne. Freilich müsse man dabei einen Wegweiser mitneh men, und als solcher sei sehr brauchbar „der auf dem Vor werke hinter den Hübelhäusern ohnfern dem Bergfuße Wohnende gräflich Schallsche Zeichenschläger Voigt". Als „Absteigequartier" wurden von Carl Merkel das schöne Landgericht in Oberputzkau und das in Niederneu- ktrch gelegene Lehmannsche Freigut empfohlen. Wie stand es mit den Entfernungen? Der Führer sagt: „Dieser außerordentlich weit gesehene, höchst ansehn liche Berg, dessen Süd- und Westseite meißnisch, die Nord- und Ostseite aber größtenteils lausitzisch ist, liegt 8 Stunden von Dresden östlich, 1/4 Stunden von Bischofswerda süd östlich, 3 Stunden von Bautzen südlich und 31- Stunden von Schluckenau in Böhmen nördlich." Über die damaligen Besitzverhältnisse, die den heutigen schon recht ähnelten, schreibt unser Bischofswerdaer Führer: „Der Falkenberg ist gegen Süden vom Hohwalde und böhmischen Wäldern, sowie gegen Osten und Nordosten von Steinigtwolmsdorfer und Neukirchner Waldungen be ¬ grenzt, gehört teils dem Staate, größtenteils aber zu den Rittergütern Neukirchen, Putzkau und Radwitz." Der letztgenannte Ort ist wohl das heutige Rattwitz westlich von Bautzen, dessen Rittergut um 1800 Sie Grafen Friedrich Ernst und August Dietrich von Marschall auf Burgholzhausen besaßen. Der Gipfel des Berges war schon damals im Besitz der Neukircher Rittergutsherrschaft, von der noch die Rede sein wird. Wir steigen von der Kuppe wieder hinab zu der schon genannten großen Buche, und nun soll unser Merkel selbst erzählen, was wir von ihrer Krone aus erschauen. Dabei haben wir einen interessanten Vergleich zum Panorama von: Söller des König-Johann-Turmes auf dem Balten berggipfel: „Gegen Süöosten sehen wir den Löbauer und Kottmar- verg, die Spitzberge bey Ebersbach und Oderwitz, die Tafel fichte, den Jeschken, die Lausche, den Birkstein s- Bürgstein bei Schwoika in Böhmen), den Spitzberg bei Leipa, den Botzen, den Kreibitzer und die Ruine vom Tollenstein. Gegen Süden den Unger, den Rosenberg, den Gölzsch (- der hohe Geltsch bei Auscha-Lewin) und Lvbositzer Berg (Lobosch), den Gybin (?! Lewin! Biliner Berg!), Milli schauer, die Winterberge, die Zschirnsteine und den Schnee berg. sGenannte Berge liegen teils südwestlich!) Gegen Südwesten erblicken wir die Kuppelberge (Koppelberge und Lassensteine bei Krippen), den Henners- dorfer (Kleinhennersdorfer), Pabstdorfer, Gohrisch-, Pfaf fen-, Kegelstein (bei Langenhennersdorf), den Bernhard-, Lilien-, Königstein, den Sattel-, Geising-, Lug- (Luchberg bei Dippoldiswalde) und den Wilschberg (Wilisch). Gen Westen den Rchberg sRehwäldchen oder Rüden berg), den Augustusberg (Keulenberg), die Berge um Puls nitz, den Hauswalöer Berg, die Braunischen Berge (Branua bei Kamenz) und die um Camenz. Gegen Südosten und Süden bemerkt man in der Nähe weiter keinen Ort als Lybendau, desto mehr aber in großer Ferne und zwar größtentheils in Böhmen, was seinen Grund lediglich darin hat, daß die Buche nicht auf dem höchsten Punkte dieses Berges, sondern 5—6 Ellen tiefer am westlichen Hange steht. Gegen Südwesten sehen wir eine unendlich große Pflege der Aemter Hohnstein, Stolpen, Pirna, Dippoldis walde, Altenberg und Franenstein, dessen Schloß besonders in der Abendbeleuchtung hier einen herrlichen Anblick gewährt. Gegen Westen haben wir eine fast noch größere Pflege der Ämter Stolpen, Dresden, Moritzburg, Grüllenburg, Freyberg, Meißen und Hayn (Großenhain) vor uns. Gegen Norden zeigt sich uns eine große und ungeheure Pflege der Ober- und Niederlausitz, bis gegen Frankfurt hin (?!). Doch hindert uns hier das aufgeschossene hohe Holz Bautzen, die Grvßradischer Berge und die Gegend nm Reichenbach und Görlitz zu sehen, die man indeß schon viel tiefer aus einem an der Nordseite befindlichen jungen Ge hau vor sich hat.