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benhaus und Heufuder auf, geradeaus aber die Ahren- berge und Vuchberge, Kleis, Kaltenberg, Kamnitzer Schloß berg und der zwiegespaltene Bösig. Dann mag es wohl sein, daß wir ob solcher Bergpracht beseligt zum Träumen neigen und verklungenen Märchen einstiger schöner Wandertage nachlauschen und an manche unvergessene Stunde tief im Böhmerlande uns erinnern. Ich kann jene wohl verstehen, denen dabei der Zorn über unsere herbe, entbehrungsreiche Zeit ankommcn mag. Und doch nicht! Wollen wir uns nicht freuen über das, was uns noch geblieben ist aus jener Zeit und was noch zu erreichen? Denn noch ist es unser, dies schöne deutsche Land, was wir einst ganz für deutsche Wesensart bean spruchten! Und so möge denn den trauernden Bergfreund jenes Bild begleiten als ein lieber Weggenosse, wie es damals auf dem Reste unserer Fahrt mit uns war. Wie es damals ein lichter Tröster blieb auf weichem, traumverlorenem Pfade über den kahlen basaltischen Lichtenberg und hinab ins erzreiche Kümpfelmühlental, das den stollendurch zogenen Schweidrichwald sonnig begrenzt. Und als wir das gewerbefleißige Schluckenau weit rechts gelassen hatten und angesichts des Pirskens, Bötzens und des Jüttels- berges gemach wieder in die sanft ausgeglichenen Täler unseres Granites zogen, als leise und doch so unabweis bar stark Sachsens Tore und Gemarkungen wieder an Herz, Auge und Ohr pochten, da wußten wir, daß wir eins nicht gleich verlieren würden: die Sehnsucht nach dem Wolfsberger und Daubitzer Paradies M. Lehmann, Bautzen. Alstern Astern beim auf deinem Tisch, bunte Mern, herbstesfrisch. Düsten nicht, wie sind sie schlicht, sind ein Blumen-tzerbstgedicht. 4§Inst mein Herz im Glücke schwang seligen Iubelliederklana. Heute aleichts den Astern hier: herbstesfrisch und ohne Zier, es zu deinem Herzen spricht leises Ltebes-Herbstgedicht. Marg. Reichel-Karsten. Wie der Kamenzer Stadtschreiber Lessing Anno 1719^zu einem „hochadelichen Be- gräbniße"?nach*Elstra gebeten wurde Von Siegfried Störzner, Dresden Das Majorat Elstra war in früheren Jahrhun derten der Sitz einer angesehenen und weitreichenden Herrschaft. Zu ihr gehörten das Städtchen Elstra, damals Elstraw und später Elster geschrieben, und die Dörfer Kindisch, Rauschwitz, Gödlau, Rei chenau, Reichenbach, Koitzsch. Mit den drei letzt genannten Orten, die ein Kirchspiel bildeten, erstreckte sich das Majorat bis in die Kamenz—Königsbrücker Pflege. Dazu war es bis 1674, wo eine Teilung eintrat, mit der Herrschaft Prietitz verbunden, sodaß z. B. um 1600 Hannß Wolff von Ponnickau neben den beiden genannten Majoraten auch Baselitz und Hennersdorf besaß. Nachdem Elstra etwa 250 Jahre den Herren von Ponickau gehört hatte, kam es 1688 an Hans Ernst v. Knoch. Im Besitz dieses Geschlechts blieb es Lis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Ein Hartmann von Knoch war der letzte Besitzer, der wohl in einer Heil- und Pflege anstalt starb. Im Weltkrieg diente das Schloß als Hilfslazarett und wurde dann vom Verein Heimatdank Dresden 1914 gepachtet, der hier ein Sommer-Erholungsheim für Kriegs beschädigte einrichtete. Von 1705—1745 „regierte" über Elstra Ernst Fer dinand von Knoch, königlich Polnischer und Kur fürstlich Sächsischer Appellationsrat und Kammerherr in Dresden. Er bekleidete auch den Vertrauensposten eines „Gegenhändlers im Markgrafentum Oberlausitz" und starb als solcher am 31. Januar 1745 zu Budissin. Da er wegen seiner Amtspflichten viel auswärts weilte, hatte er den Kamenzer Stadtschretver Gottlob Lessing als „Hoch Adelich von Knochischen Gerichtsverwalter" zur Betreuung seines ausgedehnten Besitzes bestellt. Der Gerichtsbezirk umfaßte damals gegen 1600 Konsumenten. Der genannte Gerichtshalter ist wohl kein Geringerer als des Dichters Gotthold Ephraim Lessing Pate, den der Knabe und Jüngling später in dankbarem Gedenken an manches Gute, das ihm von diesem Manne bezeigt wurde, nur „den Herrn Wohltäter" nennt. Im Oktober 1719 starb zu Elstra die Mutter des Kammerherrn und Appellationsrates von Knoch. Sie war die Witwe des 1705 verschiedenen früheren Herrschafts besitzers Hans Ernst von Knoch, Geheimen Rats des Kur fürsten und Dompropstes zu Meißen. An diesen edlen Menschenfreund erinnern noch heute in Elstra verschiedene milde Stiftungen, so die Einrichtung des Hospi tals und Begründung des Diakonats. Als ich über das Städtchen Elstra im Hauptstaats archiv zu Dresden forschte, kam mir ein verblichenes Schreiben in die Hände, das am 7. Oktober 1719 Martin Chorschreiber zu „Elster" anläßlich des plötzlichen Todes der Frau Mutter des Majoratsherrn an den Gerichts halter Lessing zu Kamenz gerichtet hatte. (H. St. A. Loc. 14 346, Elstra, 1541—1776.) Der Brief ist für die nach damaliger Sitte in Unter tänigkeit ersterbende Schreibweise charakteristisch, wie er uns auch ein kleines Bild von den feierlichen, ja pom pösen herrschaftlichen Begräbnissen in jener Zeit gibt. Daß der Empfänger der Trauernachrtcht ein naher Verwandter unseres Dichters Gotthold Ephraim Lessing ist, macht bas Schreiben wohl noch wertvoller. Es lautet in der damaligen Rechtschreibung und Zeichensetzung also: Wohl Edler Jnsonders Hochgeehrtester Herr Gerichts Verwalter Berichte Sie, daß aufn Sontag Abents, des Herrn Cammer Herrn selige Frau Mutter soll bey gesetzt werden, und Hernach ein Leib Eßen soll gegeben werden, als Bitte meinen Hochgeehrtesten Herrn Sie wollen so gütig seyn, allhir erscheinen und mit der angestellten Trauer Mahl zeit vorwillen nehmen, wollen Sie der seeligen Leiche die letzten Ehren Dienste erweisen und mit zu Grabe gehen, so müßen Sie einen schwartzen Mantel mitbringen. Der hiesige Rath sollen die Leiche tragen, und acht sollen die Wachs Fackeln neben her tragen und 30 Jungen mit Pech Fackeln vor der Leiche Her, wollen Sie gleich nach der Bredigt Herauskommen, geschiehst mir ein Gefallen, verharre meines hochgeehrtesten Herrn dienstwilliger Martin Chorschreiber. Die Adresse lautete: Dem wohl Edlen, Vorachtbaren u. Wohlgelahrten Herrn Herrn Gottlob Leßing, Vornehmen des Raths und Hoch Adelich Knochischen Gerichtsverwalter zu Elstra als Meinen Jnsonders Hochgeehrtesten Herrn in Kamenz. (Wie würden unsere braven Stephansboten erschrecken, wenn wir heutzutage Briefe mit solch schwülstigen An schriften zu bestellen hätten.)