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Nr. 2 Gbsrlaufltzer Heimatzeitung zuletzt werden einige der bereits bekannten Flurnamen zu deuten versucht. Wie zufällig und willkürlich Flurnamen entstehen können, erzählt Ierentrup (Zeiischr. f. Vermessungswesen 15.Bd.I^X, 1926) in einer schnurrigen Geschichte. Im Miinsterliindtschen sagte eine Coesfelder Auskunftsperson dem die Flur auf. nehmenden Geometer: „Nu sin wi bie'm Dode neiger". Der Geometer trug als Hochdeutscher bei diesem Felde rich tig den Namen ein: beim toten Neger. In Wirklichkeit spielte ihm das Schicksal einen neckischen Streich, der frühere Feldbesitzer hatte nämlich obigen plattdeutschen Spitznamen gehabt, weil er nach dem Abendgebet jedesmal seinen Haus genossen mahnend zu sagen pflegte: „Nu sin wi allwi'er en Dag bie'm Dode neiger" ( dem Tode näher!) — Nun in unserem Gebiet ist zwar auch kein lebendiger, geschweige denn ein toter Neger dagewesen, der als Visitenkarte einen Flurnamen hinterlassen hätte (auch das „Kamerunstück im Königsholz" hat immer einem Weißen gehört); dasür gibt es aber — wie eben gesagt — Flurnamen, die wir vielleicht ganz besriedigend sinngemäß deuten zu können vermeinen, denen aber irgend ein belangloser, zufälliger Geschichts vorgang zu Grunde liegt. Hier kann nur eingehende Orts forschung (Akten-Sagensorschung usw.) Klarheit schaffen. Wir wollen nun einige Flurnamen nach lokalgeogra- phischen-geschichtltchen Gesichtspunkten behandeln, trotzdem jeder, der sich um Flurnamendeutung müht, weiß, wie miß lich, ja gefährlich dies Unternehmen werden kann. Wir tun dies demnach in der bestimmten Annahme, später in man chem eines Besseren belebrt zu werden. Irrungen, Ver mutungen reizen zum Widerspruch, dieser wiederum ruft zur Mitarbeit an denselben Problemen auf. Für die vorgeschichtliche Zeit sind Bodenfunde Erdwälle, Schanzen, Kessel, Gräberfelder u. a. unsere er giebigsten Geschichtsguellen. Bisweilen zeigen diese Boden- stellen nur noch Flurnamen an. Zu den vom Verfasserschon im N. L. M. und von Seeliger genannten treten noch fol gende der Ingenleurkarten: Ebersbach: Der Kesselrand, nördlich am Spreeufer bei der Lehmgrube (1805), Pethau: Der Burgberg!) am Grumt- und großen Burgteich, neben der Burgmühle (1805), Kemnitz: Der Burgberg an der Bern- stadt-Görlitzer Straße vor Eintritt in das Nonnenholz öst lich am Steinbach. Don hier führt der Friedersdorfer Steig östlich in den Wald nach der Bastey (1824). Neusalza: Die Festung am Galgenberg hinter dem Hatzelberg (1805; ob etwa Haselberg, wenn kein Besitzername vorliegt? Die Ge richts- oder Malstätte hieß obd. Haslach, weil sie mit Hasel boschen oder Haselstäbchen abgemarkt war. Der nahe Galgen- berg spricht für eine derartige Deutung. Aus Marienthaler Flur gibt es nach Kühnel den Fln.: Haseldorf, nach dem Flnverz. in Seifhennersdorf den Häßelberg). Oberkiesdorf: Der Kessel am Rittergut (1823/24). Im Jonsdorfer Wald liegt der Kessel zwischen dem Schusterstein, Münchstein und dem Münchloch (1805), wo der Verfasser früher bereits eine bronzezeitliche Zufluchtsstätte vermutete. Auf der Spitz- kunnersdsrfer Flur gibt es außer den an der Hainewalder Flur liegenden Kessel noch einen solchen zwischen dem Queck- born (mhd. keck, kick lebendig) und dem Steinberg am Hayn (das ist der Flurzipfel nach Niederoderwitz). Eine Wan- schaer Wittigbachwiese heißt der Kirchhof. Kühnel erwähnt in Reutnitz den Kessel. Die Hartauer Schanzgräben sollen y Nach den Mitt. d. nordböhm. Excurstonsklubs XX, 1 ff. zeigen Steinmauerreste (dez. Brustwehischanzen): Der Botzenberg, Ptrsken- berg und der Warnsdorf« Burgsberg. jüngeren Ursprungs sein. Eibau: Schatzqrubenloch; Deßa: Goldgruben; Gersdorf: Wallteich; Kottmarsdorf: Schanz sträucher; Berzdorf: tzussitenberg;Oehlisch: Schwedenschanze, Schanzstück. Die Zukunst wird durch die Wissenschaft vom Spaten lehren, inwieweit diese Flurnamen sür die prähisto risch» Forschung aufschlußreich sind. Die Namenbildungen mit log-, lohn-, loch-, lause-, lautsche-, leise werden entweder auf sl. Sumpf- Moor oder deutsch Wald, Hain-Hagen zurückgesührt. Ahd. loh, loch-Hain, Gehölz wird schwäbisch zu lau, Lauch, bay risch zu Laich, Lach, La (sonst auch zu lo, lohe, loe). Als Verkleinerungsformen treten z. B. Löhlin, Löhle, Läule auf. Lache kann aber auch für Lüche (—Grenzhauzeichen) stehen. Der obd. Fln. Laus kann auch von mhd. lüz, lüze-Versteck sür Wild und Jäger, Hinterhalt (Buck, S. 157 nennt einen Lusabuhel, 1277; 1330 in der Luscha), oder von ahd. luz, hluz das Loos (nach schwäbischer Mundart) herrühren. Schließlich ist noch an ahd. log, mhd. luoc, luoch-Versteck, Höhle, Schlucht zu denken, wenn es sich bet uns in Mittel- deutschland auch meist zu lug entwickelt hat. Eine Loch mühle kann aber auch von der Gerberlohe den Namen er halten haben. Leise (Lais) kommt dagegen im Deutschen nur als Wort für Wagenräderspur vor. Ebenso unwahr scheinlich (sprachlich) wäre Ableitung von obd. Leißel, Leichsel (Holz zum Festhalten dec Wagenleitern; Leißelholz ziemlich ost als obd. Fln.) oder gar von Leie, mhd. leie, lei Fels, Stein, Schiefer, Steinweg, Weg. Vielleicht ist Kühnel aus dem richtigen Weg mit der Ableitung leise von altsl. lisü Fuchs oder altsl. lysü--kahl, wenn auch der Görlitzer Leisebrunnen (N.L.M.67,125) nach einem Besitzer benannt ist. Wenn schon im deutschen Mutterland so viele Erklärungen in Frage kommen, wird im deutsch-slawischen Kolonialland die Sache viel schwieriger. Zu den bekannten Namen gesellen sich noch folgende: die Oppelsdorfer Lochmiese (1805, Sumpf); südwestlich von Dornhennersdorf im Walde: die Lausche (1823, auch bei Kühnel angegeben, ein Berg); nördlich von Mittelweigs- dorf liegt das Schulzens-Loch (1823, ein Wiesengrund) und das Mergelloch (-- Grube). Das Läusebörnel an der Gabler straße im Hosp'talwald zwischen Pfaffen- und Goldbach wird 1805 genannt. Ein Wässerchen, das in den Seitendorser Bach fließt, kommt vom Alten Manns Loch (1823). Aus dem Neißetal führt das Husarenloch (ein Tälchen) nach der Königshainer Hölle (1823). Das Münchloch im Jonsdorfer Wald ist bereits genannt (1805). Der Kemnitzer Lausebaum neben dein Lämmersberg liegt westlich vom Mitteldorf an der Löbauer Landstraße (1824). In dem Wald zwischen Kemnitz und Berthelsdorf ist ein Sumps als Loch (1805) genannt, ebenso heißen die sehr feuchten Drausendorfer Fischerwiesen 1805 Fischerloch und Schwarzes Loch. Da gegen liegt das Burkersdorfer Schwarze Loch (eine große, z. T. trockene Wiese mit Sträuchern) zwiscken Wald ein gebettet. Die Kleinschweidnitzer Fuchslöcher (1805) gehören kaum hierher. Kühnel (N. L. M. 74 f1898f. 264, 265, 268 bis 270) führt noch andere ähnliche Bezeichnungen an. Diese Namenliste bestätigt, daß es dem Einzelfall über lassen bleibt, die slawische oder deutsche Deutung anzunehmen. Wenn, wie aus Hörnitzer und auf Schlegler Flur, mehrere benachbarte Flurbezeichnungen den sumpfigen Boden charakter noch mehr unterstreichen und slawische Siedlungs einflüsse wahrscheinlich sind, dann ist wohl die slawische Deutung oorzuziehen.