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sieht darin — ohne jeglichen geschichtlichen Anhalt — einen beim Bau verunglückten Zimmermann. Einen Fußbodenbelag, der die Kirche nicht nur ver schönert, sondern auch zur Winterszeit erwärmt, stiftete 1913 der Kleindehsaer Kollator, Herr Regierungsamt- mann Dr. Hans von Zimmermann. Zur Christvcsper 1916 erstrahlte im Gotteshause zum ersten Male die von der Fa. Wenzel-Lawalde installierte Kirchenbeleuchtung. Der neben der Kirche stehende Glockenturm wurde.be reits im Jahre 1698 erbaut. Die große Glocke ist noch wie sie 1698 von den Gebrüdern Weinhold in Dresden ge gossen wurde. Die zwei kleineren Glocken sind wiederholt umgegossen worden, zuletzt 1828 von Gruhl in Klein- welka. Sie stehen im D-dnr-Akkord. Die beiden kleinen Glocken wurden im Jahre 1917 ein Kriegsopfer. Am 28. Juni ließen die drei Glocken noch einmal ihren harmonischen Dreiklang zu ciuem einstün- digeu Abschiedsgeläut erklingen. Am 29. Juni hielt der Ortspfarrer vor den vor dem Glockenturme zum Abfahren ausgestellten Glocken, die mit Grün geschmückt waren, eine Abschiedsfeier. Am 30. Juni ginge» sie zur Sammelstelle. Sie hatten ein Gewicht von 240 Kilogramm und 140 Kilo gramm. Der Erlös ergab 1750.50 Mk. Die große Glocke, da sie geschichtlichen Wert besitzt, ist durch viel Schreiberei er halten geblieben. Der Kirchenvorstand versuchte im Jahre 1919 die ab gelieferten Glocken zurückzukaufen. Es gelang ihm aber nicht, da sie in Ilsenburg a. Ha. eingeschmolzen worden sein sollten. Am 17. August desselben Jahres erwarb er eine 110 Kilogramm schwere Bronzeglocke von der Kirch gemeinde Ebersbrunn, sowie das dazugehörige Patent läutesystem. Ein weiteres Kriegsopfer wurden am 12. Juni 1917 die 41 Orgelprospektpfeifen, die von der Fa. Jehmlich herausgenommen und am 30. Juni abgeliefert wurden. Sie wogen ziemlich 72 Kilogramm und erbrachten den Er lös von 493.01 Mk. Der Prospekt wurde mit Tuchstoff ausgefüllt. Abgeliefert wurde auch der Kupferdraht der Blitz ableiter auf Kirche und Turm und durch Eisendraht ersetzt. Bemerkt sei hier noch, daß unter der Kirche nach Westen zu sich zwei herrschaftliche Grüfte befinden: Für Lawalde und Kleindehsa. Die letzte nachweisbare Bei setzung erfolgte 1844. Seit dem 20. Juli 1850 sind Leichen bestattungen in den Kirchen untersagt. Entstehung der Parochte Lawalde Am 15. November 1863 (24. Sonntag nach Trin.) trat die selbständige, von dem Löbauer Archidiakonate los gelöste Parvchie Lawalde durch die Ordination, Einfüh rung und Verpflichtung ihres ersten Pfarrers, Heinrich Johannes Scheuffler, ins Leben. Vorher war Lawalde Filial- — tatsächlich Schwesterkirche — von Löbau. Schon vorher ist versucht worden, die „Exfiliation" Lawaldes herbeizuführen. Doch die Versuchs sind immer gescheitert. Den ersten Anstoß hierzu gab bereits 1560 der da malige Kirchenpatron Bonaventura von Luttitz, der einen eigenen Pfarrer anstellen wollte. Das damalige Kirchen recht bestimmte, daß der „Administrator" darüber zu ent scheiden habe. Johann von Leisentritt (Katholik) entschied am 1. Juni 1561, Lawalde bleibt weiter Filial- — tatsäch lich Schmesterkirche — von Löbau. Weitere Versuche Hein richs von Nvstitz (1603) und nochmals von ihm erneuert unter Mithilfe Rudolfs von Gersüorf (1627) scheiterten ebenfalls. Längere Verhandlungen in den Jahren 1826— 1829 führten ebenfalls zu keinem Ergebnis, da der da malige P. prim. Brückner in Löbau nicht auf die jährliche Einnahme von 5 Talern verzichten wollte. Durch unruhige Zeiten, die 1830 und 1831 über Sachsen kamen, waren die Behörden ebenfalls verhindert, diese Angelegenheit weiter zu verfolgen. 1841 wurde Niedercunnersdorf aus Löbau ansgepfarrt. Diesen Anstoß benutzte das Kultus-Ministe rium, um abermals die Auspfarrung Lawaldes auzurcgcn. Eine Lokalexpedition des Kirchcnrats Petri (20. Oktober 1841) blieb ohne Erfolg. Die Gemeinden protestierten da gegen. Sie waren der Meinung, durch Anstellung eines eigenen Pfarrers in der Parochte würde das kirchliche Leben schwer leiden. Ebenso erfolglos blieben 1856 ge pflogene Verhandlungen. 1856—1858 wurde durch ganz Sachsen eine Kirchenvisitation durchgeführt,' diese kam auch unter den Visitatoren (am 9. und 10. Juli 1857) Kirchen rat Dr. Wildcnhahn und Pfarrer M. Tobias nach La walde. Es stellten sich bei derselben sehr große Mängel heraus. Als ganz besonderer Übelstand wurde der Mangel an Seelsorge und Schulinspektion hervorgehoben. Die Visitation ergab, daß die Gründung eines eigenen Kirch spiels notwendig sei. Bald nach ihr begannen ernste Ver handlungen, welche trotz mancher Schwierigkeiten doch endlich zum erwünschten Ziele führten. Die Schwierig keiten bereitete die Gemeinde, die vor allem Geldausgaben fürchtete. Die Angelegenheit wurde hauptsächlich durch den Löbauer Gerichtsamtmann Lttzkcudorf geführt, der es s.hr geschickt verstand, die Sache zum Ziele zu führen. So konnte am 15. November 1863 die selbständige Parochte Lawalde ins Leben gerufen werden. Patronats- und Kollaturverhältnisse Die Patronats- und Kollaturverhältnisse sind sehr schwierig und verwickelt gewesen, zumal sie auch zu end losen Streitigkeiten Anlaß gegeben haben. Die Patrone waren von 1550—1863 die jeweiligen Pfarrer oder Pastors primarti zu Löbau. Sie waren zu gleich Gerichtsherren über den Kirchbauer und die zwei Kirchgärtner, wozu später noch ein Pfarrdotalgärtner und drei Kirchhäusler kamen. Dieselben standen unter dem Pastor primarius, hatten diesem Lehngeld, Wiedemuts dienste, auch Fuhren und Handreichung Lei Bauten an der Kirche zu tun. Sie standen unter der Gerichtsbarkeit des P. prim., die von einem Gerichtsdirektor, zugleich mit der über Kottmarsdorf, ausgeübt wurde. Die Obergerichte hatten das Rittergut Nieder-Lawalüe. Von Frohnden für dasselbe waren sie befreit, hatten ihm nur Respekt durch Handschlag zu leisten. Die Kollaturverhältnisse, zurückreichend bis in die katholische Zeit, in der der Stadtpfarrer von Löbau den Gottesdienst durch einen seiner Kapläne an der Kapelle zu Lawalde verwalten ließ, gestalten sich sehr schwierig. Sie bedürfen eines langen, eingehenden Studiums und seien deshalb einer späteren Arbeit vorbehalten. Aus dem kirchlichen Leben Unter dieser Überschrift soll versucht werden, das kirchliche Leven vor und während der Reformationszeit unseres Kirchspiels zu schildern. Die Verhältnisse, in welchen Lawalde während der katholischen Zeit, also vor der Reformation, zu Löbau gestanden hat, sind nicht ganz klar. Die erste Kirche (Kapelle) ist wohl 1495 in Lawalde errichtet worden und war allem Anschein nach „Allen Heiligen" geweiht. Vorher scheinen die Dörfer des Kirch spiels, wie viele andere umliegende Orte, der Kirche St. Nikolai in Löbau eingepfarrt gewesen sein. Nach dem Meißner Bistumsmatrtkel von 1495 bestand in Löbau ein erzpriesterlicher Stuhl, dem die Kirchen zu Löbau mit den Filialen in Kottmarsdorf und Lawalde, Kitttitz, Herwigs- dorf, Berthelsdorf, Strahwalde, Ebersdorf, Georgswalde, Spremberg, Schönbach, Dürrhennersdorf und Oppach unterstellt waren. In der Pfarrkirche zu Löbau befanden sich 12 Altäre. Neben den Franziskanern sorgte der vom Pfarrer bestellte Prediger für die Predigten. Unter den Laien be-