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Als Luthers Lehre in der Lausitz einzog, Hainspach jedoch katholisch blieb, hielten sich die Wehrsdorfer nach Svhland in die Kirche. Ihr Walddörfchen war in zwischen zu einem stattlichen Orte angewachsen, in dein man zu jener Zeit 38 „Wirte" zählte, 22 Bauern und 16 Häusler. In Svhland war nur ein ziemlich kleines Gottes haus vorhanden, und der Kirchenbesnch war damals so stark, daß Schiff und Emporen fast immer überfüllt waren. Die Chronisten berichten, es sei darum oft zum Wort wechsel oder Streit zwischen den Sohlandern und den Wehrsdorfern gekommen, weil die Plätze nicht zulangten. Dazu kam, daß der Weg zur Sohlander Kirche für die Wehrsdorfer recht weit und besonders im Winter sehr beschwerlich war. Auch nahm die Bewohnerzahl rasch zu, besonders durch Niederlassung von Böhmen, die nach dem Restitutionsedikt Kaiser Ferdinands des Zweiten, das die Evangelischen vielfach ihres Besitz stands beraubte, sie rechtlos machte und zur katholischen Kirche zurückzwingen wollte, in Scharen nach Sachsen herüberkamen und sich hier eine freundlichere Heimat suchten. So ist es erklärlich, baß in der ansehnlichen Wehrs dorfer Gemeinde der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus entstand. Als 1664 ein Herr von Zieg ler, Kammerherr nnd Landesältester der Oberlausitz, in den Besitz von Wehrsdorf gekommen war, suchte er seiner neuen Gemeinde den Weg zu einem neuen Gotteshaus auf jede Weise zu ebnen. Der Kurfürst hatte auch bereits die Baugenehmigung erteilt, da scheiterte die Ausführung an dem hohen Kostenanschläge, der den wenig bemittelten Dorfbewohnern trotz zugesagter Unterstützung der Herr schaft unannehmbar erschien. Es vergingen 45 Jahre. Die Weberei war ins Dorf eingezogen, Packleinwand ward angefertigt, und jede Woche kamen mehrmals auswärtige Faktoren in den Gerichts kretscham, nm hier fertige Ware aufzukaufen. Ein beschei dener Wohlstand begann aufzukommen. Da machte sich von neuem der Wille zu einem eigenen Gotteshaus bemerkbar. Doch diesmal zeigten sich noch ganz andere Schwierigkeiten: Der Pfarrer und der Schulmeister von Svhland erhoben heftigen Widerspruch gegen eine kirchliche und schulische Trennung Wehrsdorfs, da sie davon eine Schmälerung ihrer sowieso geringen Einkünfte befürchteten. Auch die Sohlander Kirchenväter wehrten sich, da die Wehrsdorfer noch mit der Bezahlung ansehnlicher Beiträge nnd Reste für Reparaturen und sonstige Bauarbeiter! an Kirche und Pfarre von Svhland im Rückstände waren. Da war es wieder der Grundherr der Gemeinde, der den Wehrsdorfern hier vorwärts hals: Ein Obrist leutnant Ferdinand Rudolf von Zieglep nnd Klipphausen auf Mittelcun ewalde. Er schenkte Wehrsdorf ein bisher von der Herrschaft bewirt schaftetes, verschuldetes Bauerngut zum Bauplatz für die Kirche und Pfarre nnd besonders für das Pfarrgut, die sogenannte Widmnt oder das Wiöem. Auch stiftete der Edelmann als Erb-, Lehn- und Gerichtsherr von Wehrs dorf 500 Taler für den Kirchenbau nnd die gleiche Summe für die Besoldung des Geistlichen. Allein durch seinen 1720 erfolgten Tod verzögerte sich der Baubeginn nochmals um einige Jahre. Erst Ende März 1728 erhielt nach dem Bantzner Kirchenrezeß die Gemeinde Wehrsdorf die obrigkeit liche Bewilligung zum Bau einer eignen Kirche. Sie hatte sich aber verpflichten müssen, dem Sohlander Pfarrer B r e stovinus auf Lebenszeit jährlich 30 Taler nnd ebenso dem dortigen Schulmeister Treublut auf die gleiche Zeit 12 Taler zu entrichten. Brestovinus bezog diese Entschädigung nur drei, Trenblnt hingegen sechzehn Jahre. Daß all diese Widerstände überwunden wurden, wär der tätigen Hilfe des neuen Wehrsdorfer Herrn, Wolf Rudolf von Ziegler und Klipphausen aus dem Hause Wurschen, zu danken. Fast in der Mitte des Dorfes legte man am 11. Mai 1726 auf einem 60 Ellen langen und 30 Ellen breiten Platze im Beisein der Lehnsherrschaft den Grundstein zum eignen Gptteshaus. Da der neue Pfarrer, als welchen man den Predigtkandidaten Sühne! — oder wie er seinen latinisierten Namen schrieb: Sühnelius — von dem Patron erhalten hatte, vorläufig noch kein eignes Pfarrhaus bekommen konnte, gab man ihm die erst vor zwei Jahren neuerbaute Schule als Wohnung, während der Magister loci ausziehen müßte. Er erhielt im Oberdorf ein neues, leerstehendes Haus zugewiesen, das die Ge meinde für den Unterricht gemietet hatte. Der erste Wehrsdorfer Schulmeister hieß Gottfried Schunde. Er stammte ans Cunewalde und war 1721 als Lehrer nach Wchrsdorf gekommen. Hier war er fast 40 Jahre im Amt, sein Nachfolger sogar über 60 Jahre. Dieser, ein gewisser Geißler aus Reibers dorf, starb an einem Sommerabend 1820 auf freiem Felde, als er als Gerichtsschreiber mit einigen Schöppen eineBerainung zweier benachbarter Bauerngüter vornahm. Doch zurück zu unserem Wehrsdorfer Kirchenbau! Auf die Grundlegung vom 11. Mai 1725 folgte am 17. Juni gleichen Jahres die Weihe der Grundmauern und des neuenKirch Hofes durch den Steinigtwolmsdorfer Pfarrer Grund, da der von der Wehrsdorfer Herrschaft gewählte Pfarrer Sühnel noch auf einer großen Reise in Norddeutschland weilte. Er traf erst im Juli in Wehrsdorf ein. Da sich die neue Kirchgemeinde völlig von Svhland getrennt hatte, mußte man bis zur Vollendung des Baues die Gottesdienste auf dem leerstehenden geräumigen Ge richtsboden abhalten. Sühnel hielt hier auch unter großem Zulauf des Volks seine Antrittspredigt. Da die Gemeinde beim Kirchenbau von der Herrschaft unterstützt wurde, auch freiwillig Hand- und Spanndienste getan wurden, schritt der Bau rasch vorwärts, sodaß bereits Mitte November 1725 die Kirche, wenn auch noch unfertig, eingeweiht werden konnte. Nach dem Fest gottesdienst fand eine pompöse Tanffeierlichkeit statt, bei der nicht weniger als 21 Personen vom Adel Pate standen. Auch wurde am gleichen Tage die erste Kopulation und die erste Einsegnung einer Wöchnerin vorgenommen. Instru mentalmusik, Gesang und Glockengeläut verschönten die Feiern. »ABH Da Wehrsdorf, das damals gegen 150 „Wirte" zählte, wegen der hohen Kirchbaukosten nicht in der Lage war, auch noch eine Pfarre zu erbauen, mußte der Pfarrer im bisherigen Schulhaus bleiben. Aber zu einem neuen Schulhaus langte es doch noch. Es wurde bereits im nächsten Jahre, 1726, neben der Pfarre aufgeführt. Erst 1727 ward die Wehrsdorfer Kirche im Innern wirklich vollendet, da erst in diesem Jahre der kirchliche Schmuck, Taufstein und -becken, Altar leuchter, Kronleuchter, Kelche, Altar- und Kanzelbeklei dungen und andere Dinge beschafft werden konnten. 1788 richtete dann noch der Musikdirektor Thomas einen sogenannten Singechor ein, zu dem die Gemeinde kupferne Pauken, Hörner, Trompeten, Posaunen und andere Blasinstrumente anschaffte, sodaß ein richtiges Or chester gebildet werden konnte, wie es manche Stadt kirche der Umgebung nicht aufzuweisen hatte. Da die Gemeinde rasch wuchs und die Gottesdienste stark besucht wurden, mußte man 1800 eine neue Empore an der Orgel erbauen, auch noch über 90 Weiberstände er richten. 1818 schaffte man noch für 130 Taler eine neue Turmuhr an, 1823 eine neue große Glocke, die 1100 Taler kostete. Zur dankbaren Erinnerung an den Stifter aber wurde anläßlich des hundertjährigen Kirchenbestehens neben Altar nnd Kanzel das von einem Bantzner Maler geschaffene