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Nr. Gbevlaufltzer Helmatzettung 245 Grundstück mit Nr. 1 bezeichnet, erhärtet doch eher diese „falsche Voraussetzung". Es wäre von Interesse gewesen, wenn mitgeteilt wor den wäre, welche Steuern in Neuleutersdorf für Kirche und Schule gezahlt werden mutzten. Neuleutersdorf war bis 1798 zuständig nach Nieder- leutersdorf, nicht mehr oder weniger, sondern überhaupt, da erst zu diesem Zeitpunkte die Abtren nung von Niederleutersdorf erfolgte. In das Reich der Fabel ist die Annahme zu verwei sen, datz in den Wäldern um Neuleutersdorf die Geld schätze von Karaseck vergraben liegen. Bisher hat man noch nie auch nur irgend einen Fund gemacht, der diese Annahme rechtfertigen könnte, obwohl die Wälder 1923 fast ganz abgeholzt wurden. In dem Artikel wird es so dargestellt, als ob die Neu- leutersdorfer zur Bande Karasecks gehörten. „Mitbetei ligte" werden sie wegen der „unrühmlichen Tätigkeit" ge nannt. Es muß hier festgestellt werden, daß Karasecks Schlupfwinkel in Neuwalüe lagen. Zugegeben, daß man in Neuleutersdorf nichts gegen Karaseck unternahm, weil man seine Macht fürchtete, aber es geht nie und nimmer an, die gesamte Einwohnerschaft etwa in Karasecks Hor den einzureihen. Dafür gibt es nicht den geringsten Be weis. Wer etwa den „Pascherfriedel" und „Karaseck" (Ver lag Teller u. Roßberg, Neugersdorf) als Zeugen anführen wollte, der ist sich nicht im klaren, daß beide Bücher wohl trefflich dem Heimatsgedanken dienen, daß sie aber als Geschichtsquellen nur mit Vorsicht zu gebrauchen sind. Die Neuleutersdorfer zu Räubern zu machen, dieser Vorwurf ist, da hierfür keinerlei Unterlagen beigebracht werden können, so ungeheuerlich, daß er nicht scharf genug zurück gewiesen werden kann. Daß manche der Einwohner auswärtige Händler durch Paschen unterstützten, mag richtig sein, falsch aber ist, daß „viele Bewohner" mit „großen Wagen" (etwa eige nen?) über die Grenze zogen. Dazu waren die armen Weber nicht imstande. Falsch ist die Darstellung, daß der Festredner das Ge schichtliche des Ortes so wiedergegeben habe, wie es der Aufsatz bringt. Wer sich hierüber genauer informieren will, dem ist Gelegenheit gegeben bei der Herausgabe der Rede, die gegenwärtig in Druck gegeben ist. Die Eingemeindung nach Leutersdorf wurde nicht von der gesamten Einwohnerschaft „als Vorteil" angesehen. Es gab gewaltige Widerstände zu überwinden. Beim Tode des letzten Gemeindevorstandes ließ allerdings die Auf sichtsbehörde nur die Wahl zwischen freiwilliger oder Zwangseinverleibung. Der Wunsch, selbständig zu blei ben, will aber nicht verstanden sein als Abneigung gegen die größere Gemeinde, sondern hier spielen Fragen der Schule usw. mit. Hervorgehoben werden muß, daß von allen Seiten größtes Entgegenkommen gezeigt wurde, so daß man leicht über die Schwierigkeiten hinwegkam. Schon immer besteht zwischen beiden Orten das denkbar beste Einvernehmen, namentlich in konfessioneller Hinsicht. Es wäre erwünscht gewesen, wenn die Quellen für diesen Aufsatz angegeben worden wären, damit man ihnen nachgehen konnte. Fritz Günthers Leutersdorf. Nochmals: „Ostern im Lausitzer Volke" Von Erwin W i e n e ck e - Leipzig Leider war es in der vorigen Nummer noch nicht Möglich gewesen — wie vorgesehen —, die Äußerungen zweier Fachleute wiederzugeben, die darum angegangen worden waren. Erfreulicherweise sind jetzt die beiden Schreiben eingelaufen: 1. Herr Universitäts-Professor Dr. Alexander Brück- üer, der bekannte Berliner Slavist und gegenwärtig die Autorität auf dem Gebiete der slavischen Religions geschichte, hatte die Freundlichkeit, in seiner Zuschrift vom 25. Juli 1927 u. a. über das Osterreiten folgendes zu äußern: „. . . Es gibt keinerlei Spuren heidnischen Altertums bet den Slaven, wenigstens nicht bei den einstigen oder noch lebenden Oder- (und Elbe-)Slaven. Ebenso wie die sogenannte wendische Kleidung rein deutsch ist, verhält es sich mit den Bräuchen. . . . Die Bräuche selbst sind wie die Kleidung ausschließlich deutsch. ... An die kirchlichen Bittgänge um die Felder schloß sich ein Bereiten derselben an,' es ist reine Willkür, hier das deutsche Vorbild abzu leugnen, kennen es doch andere Slaven gar nicht . . ." (Man vergl. hierzu Brückner in der 4. Auflage von Chantepie de la Saussaye, Lehrbuch der Religionsgeschichte, Band 2,' — derselbe, Mythvlogja slowianska, Krakau 1918, ferner siehe Artikel im Archiv für slavische Philologie und in Schieles Religion in Geschichte und Gegenwart und Leipoldts Handbuch der RG.) 2. Herr Dr. B. Kummer-Leipzig hatte die Freundlich keit in folgender Zuschrift sich als Germanist zu unse rem Thema zu äußern (Schreiben vom 29. Juli 1927): „Die bemerkenswerte Auseinandersetzung in der OHZ. über „Ostern im Lausitzer Volke" ist mehr als Wort klauberei und wird deshalb sicherlich nicht die Begeiste rung für die volkskundliche Arbeit beeinträchtigen, wie Herr Melzer (Nr. 14, S. 218) befürchtet. Denen, die es nicht recht einsehen, warum man es mit diesen Dingen so ge nau nehmen muß, warum man also dagegen protestieren muß, daß der für Rügen belegte slavische Gottesname Svantevit „im feuillctonistischen Stil" auf das gesamte wendische Gebiet ausgedehnt wird, möchte ich als Germa nist empfehlen, einen Blick in den Irrgarten der germa nischen Mythologie zu tun. Man ahnt außerhalb der Wissenschaft meistens gar nicht, was durch ungenaue oder falsch verallgemeinerte Behandlung alter Überlieferungen angerichtet werden kann- und gerade der Mißbrauch ger manischer Mythologie — seit dem Bardenunfug zu Klop- stocks Zeit bis heute von einem falsch verstandenen Patrio tismus immer wieder genährt und gefördert — ist ge eignet, auch auf anderen Gebieten zur Vorsicht zu mahnen. Auch die germanischen Benennungen für das Göttliche waren lokal beschränkt: cs gab kein „Pantheon", keinen Himmel verschiedener, mit bestimmten Befugnissen aus gestatteter Gottheiten nebeneinander, sondern ein „Hei liges", im Norden zuletzt noch als neutrales „Gutes" be zeichnet. Nach Tacitus haben bestimmte Stämme ihre bestimmte Gottheit, eine Nerthus, Tanfana usw., einen Donar, Wodan u. a. verehrt. (Auf Island hat der nor wegische Siedler einen bestimmten Gott, Thor oder Frey.) Der daraus sich ergebende Gottesbegriff, von dem man viel eher den Weg zum Gottesbegrtff Luthers als zu dem des antiken Polytheisten finden kann, ist vollständig ver graben worden unter dem mythologischen Schutt, den ein schwärmerisches Jahrhundert darüber ausgebreitet hat. Da wurden einfach alle bekannten Gottesnamen neben einandergereiht: und da man im Norden in der Edda- Dichtung bereits ein von Christen gefertigtes Götter system, das nie geglaubt worden ist, vorfand, unternahm man es einfach, dieses erdichtete System nicht nur dem heidnischen Norden, sondern dem ganzen germanischen Gebiet aufzuzwingen, damit das „Heilige" der Heiden in einen antiken Olymp verwandelnd und die ganze eigent liche Religion unserer Vorfahren hinter einer mytholo gischen Konstruktion verbergend. Man kann es also der Wissenschaft nicht verübeln, wenn sie nach solchen Erfahrungen in diesen Dingen emp findlich geworden ist. Irrtümer bei der Erforschung der Religionen nichtchrtstlicher Völker erklären sich tatsächlich