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Nebel und Wolken kämpfte. Es war mehr begreiflich, daß angesichts dieser Tatsache die Aufforderung zum Anmarsch nach dem Milleschauer auf wenig Gegenliebe stieß, zumal ein schmuckes Kaffeehäüschen sehr zum Verweilen auf die sem Punkte einlud- Aber schließlich fanden sich die Wage mutigen zusammen und rückten 110 Köpfe stark ab. Die Zurückgebliebenen scharten sich nun um den Führer der zweiten Wandergruppe, Herrn Lehrer Leupolt-Reichenau, nm nach einer einstündigen Kaffeepause ebenfalls die Wanderung nach ihrem Ziele, der Schwarztalmühle, an zutreten. In behaglicher Ruhe wurde der einzigartige Ausblick vom Dubitzer Kirchel genossen. Jeder war bestrebt, sich dieses Bild stark einzuprägen. Das kleine Kirchlein öffnete bereitwilligst der Küster. Nach 10 Uhr ging es weiter. Vulkanische Asche, Tuff genannt, und verwitterter Basalt geben einen zwar sehr fruchtbaren, bei Nässe aber außer ordentlich schmierigen Boden. Dies veranlaßte die zweite, etwa 60 Personen starke Wandergruppe, den markierten Weg zu verlassen und auf der Landstraße dem Bahnhof Radsein znzustreben. Da bald ein Zug in der Richtung Schwarztaler Mühle zu erwarten war, konnten einige Teilnehmer der Versuchung nicht widerstehen, diese Ge legenheit zu benützen. Die Mehrzahl wanderte bei sich immer mehr aufhellendem Wetter am spitzen Kegel des Kletschen vorüber nach Dubkowitz. Hinter diesem Orte war trotz scharfen Beobachtens der Fußweg ins Woparner Tal verpaßt worden. Nun mußte es ein Stück querfeldein ohne Weg und Steg gehen. Der mächtig aufragende Lobosch gab die Richtung an. Bald stand man am Rande des tief eingeschnittenen Woparner Tales. Der Abstieg war nicht ganz einfach. Ein Seil hätte manchem Teilnehmer gewiß gute Dienste geleistet. Als man unter Kirschbäumen mit herrlichen Früchten hindurchkroch, wurde der Versuchung tapfer widerstanden. Mit etwas Verspätung langte man gegen halb 12 Uhr in der Schwarztaler Mühle zum Mittag essen an. Längere Zeit konnte hier in bester Stimmung ge rastet werden. Die Kolonne nach dem Donnersberg bewegte sich über Radzein nach Schiema. Bereits während des Marsches ließ sich der Riese des Mittelgebirges einige Male blicken, doch stets verschwand er wieder in den Wolken. Gegen Nordwest erhellte sich die Landschaft zusehends, bald sah man das um den Schloßberg herumlugende Teplitz, den Erzgebirgs kamm mit dem Mückentürmchen und der Weiswarte. Dann plötzlich rissen die weißlichgrauen Schleier und mit doppel ten Freuden gings nun dem Ziele entgegen. Ein äußerst verzwickter Waldweg führte nach Pilkau, vor dem der Führer die Stürmer und Dränger nicht mehr zurückhalten wollte und mit einem „Freie Bahn den Rennern" den Wettlauf nach dem Berge freigab. Ein ungemein steiler und steiniger Weg führte« nach oben, kurze „Verschnaufer" gaben Gelegenheit zu einem stets wechselnden herrlichen Blick nach Norden. Der Rosenberg, der am Gipfel bereits wieder in Unwetterwolken getaucht war, grüßte als einer der Heimat am benachbartesten Berge. Eine längere Mit tagspause entschädigte die Wanderer dafür, daß sie ohne Einkehr direkt von Salesl bis hier herauf gepilgert waren. Die Rundsicht war dem vorangegangenen Wetter ent sprechend direkt als großartig anzufprechen, die war nicht erwartet worden, als man dem in Wolken und Nebel ge hülltem Berge zustrebte. Im Westen über den Trapez gestalten der Berge des Duppauer Mittelgebirges zeigte sich der Kamm des Vöhmerwaldes in seinem nördlichsten Teile. Nach Süden breitete sich die unübersehbare Moldau— Elbe-Ebene aus, unterbrochen durch die öoppeltürmige Ruine der Hasenburg bei Klappei, der des Kostial und der Wostrei. Die Kegelspitze des Lobosch ließ das Lobositzer Gebtrgsveretnsheim erkennen. Östlich von seinem Fuße über dem deutlich erkennbaren Woparner Tal grüßte be reits Groß-Tschernosek, überragt vom kreuzgekrönten Ra° dobil mit seinen Hängen voll Reben. Im Osten die scharf begrenzte an den Hochwald erinnernde Gestalt des Geltsch bei Auscha wurde durch den schon sehr verschleierten Wtll- hoscht optisch gehoben. Spitzen und Kegel des Mittelgebirges füllten den ganzen übrigen Osten, um im nördlichsten Teile von der Hohen Wostrei abgegrenzt zu werden. In dieser Richtung lagen die heimatlichen Berge. Aber nicht einer war sichtbar, selbst der Rosenberg war wieder in grauen Wetterwolken verschwunden. Der Blick nach Norden hatte sich nur um den Hohen Schneeberg erweitert. Der sich weithinziehende Erzgebirgsbruch erschien von hier aus als mächtige Wand. Liebliche Bilder schaute das Auge mehr in der Nähe des Berges. Hufendörfer und Rundlinge in reinsten Aufmachungen, und, soweit das Auge sah, eine äußerst fruchtbare Gegend, die doppelte Früchte trägt, da alle Felder gleichzeitig mit Obstbäumen bepflanzt sind. Nur der kräftige schwarze Basaltboden gibt solches in unseren Breitegraden her. Der weniger steile Abstieg führte durch jenen Teil des Bergabhanges, der so überreich an sonst äußerst seltenen Pflanzen und Blumen ist, wie ja diese Basalt- und Klingsteinkegel im allgemeinen ein Paradies für jeden Pflanzenkenner bilden. Bei Beginn des Wopar ner Tales zeigte es sich, daß die Zeit schon recht weit vor gerückt war und aller Wahrscheinlichkeit nach die Nach zügler nicht mehr rechtzeitig nach Groß-Tschernosek kom men würden. Herr Köhler, „Saxonia"-Großschönau, über nahm nun die Bildung einer dritten Kolonne, die, SO Köpfe stark, sich am Bahnhof Milleschau-Kottomirsch sam melte und die Bahn nach Tschalositz benützte. Nachdem die Bahn durch das Woparner Tal geht, konnten von dieser Kolonne auch die Schönheiten desselben, allerdings nur flüchtig, bewundert werden. Von Wellemin gings dann, noch 60 Mann stark, durch das tief in den Gneiß hinein gerissene Woparner Tal, voll mit lauschigen Plätzchen, zur Schwarztaler Mühle. Die Gruppe des Herrn Leupolt hatte für den Nach mittag nur noch eine Stunde Weges von der Schwarz taler Mühle bis Tschernosek vor sich. Man bewunderte die herrlichen Weinberge im vorderen Teile des Tales. Bei denjenigen, die den Rhein mit seinen Weinhängen gesehen haben, wurden lebhafte Erinnerungen wach. Den andern konnte man sagen: „Seht, so wie hier und da drüben am Elbehange bei Groß-Tschernosek ist es auch am deutschen Rhein!" Bald nahte auch die Spitze der Besucher des Milleschauers, mit denen man der Elbefähre hinüber nach Groß-Tschernosek zustrebte. Bald war Groß-Tschernosek erreicht, das bereits von der Mehrzahl der Wandergruppen des G.-V. f. d. sächs. Schweiz angefüllt erschien. Allhier, wo nun auch die Ge birgsvereine Leitmeritz und Lobositz hinzukamen, war in den berühmten Weinkellereien allmählich eine mit 1000 wohl zu niedrig eingeschätzte Schar Gebirgsvereinler zu sammengeströmt, um das goldige Naß an Ort und Stelle einer Prüfung zu unterziehen. Bereits um 19.20 Uhr ver ließen die sächsischen Vereine mittels Sonderzug die gast liche Stätte. Ohne Aufenthalt gings bis nach Schrecken stein, allwo der Gebirgsverein Aussig sich, offensichtlich der schönen gemeinsam verlebten Stunden freuend, begeistert verabschiedete. Der nächste Haltepunkt war bereits Letschen, das uns von dem Dresdner Vereine trennt sowie vom Gebirgsverein Bautzen, für den der Weg über Schandau der nähere war. Im Wartesaale wurde die zweistündige Pause durch ein Abendbrot ausgefüllt, sie bracht« auch den Abschied vom Vorsitzenden d. H. D. G. Herrn Wolfram- Aussig, der es sich nicht hatte nehmen lassen, die sächsischen Gäste bis hierher zu begleiten. Herr Köhler dankte im Namen ter Teilnehmer für die Mühe der Vorbereitung, welche von Herrn Kittel dahingehend richtig gestellt wurde, daß den hervorragendsten Anteil an dem Gelingen dieser ersten gemeinsamen Wanderfahrt der Gebirgsverein Aussig habe und zu einem dreifachen Hoch auf diesen Bruderveretn