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Das sterbende Museum Erhard Nierich - Neukirch Museen sind nicht etwa Rumpelkammern für aus rangierte Dinge, die auf Urgroßvaters Boden gefunden morden sind oder Schaustellungen einiger Leute, welche die Altertumskunde als ihr Steckenpferd reiten. Sie sollen viel mehr Bildungsstätten sein — und die meisten sind es auch —, in denen sich mancher Handwerker an den knnstvvllen Arbeiten alter Jnnungsmeister Anregungen holen kann, weil diese in ihrer sauberen Ausführung gerade den Schöpfern heutiger Dutzendware zeigen können, wie früher gearbeitet wurde und was uns heute fehlt. Große Unter- rtchtsinstitute haben deswegen sogar ihr eigenes Museum, wie die Kunstgewerbeschule in Dresden. Die Heimatmuseen haben den Zweck, den Be suchern die Entstehung der Heimat, ihre Geschichte und Eigenart zu zeigen, damit ihnen die Augen ausgetan werden für die Schönheit ihrer Heimat, damit sie diese lieben lernen. Wenn sie dieses hohe Ziel verfolgen, helfen sie boden ständige Menschen schaffen, die fest an ihrer Scholle haften, und die auch in der Ferne wissen, daß sie eine Heimat be sitzen. Die meisten Museen leiden aber gerade in unserer mohnungsarmen Zeit an Raummangel. Es gibt leider viele, die auf Böden oder in Schuppen, in Kisten verpackt, ihr rühmloses Dasein vertrauern und einen tiefen Dorn röschenschlaf halten. Zu den rühmlichen Ausnahmen ge hören nur die Gemeinden, die in jetziger, wirtschaftlich schlechter, Zeit Mittel zur Erhaltung und Vergrößerung der Sammlungen ausgeben. Im Jahre 1916 wurde auf Veranlassung des vor einem Jahre verstorbenen Heimatforschers Dr. Pilk in Neu kirch der Grundstock zu einem Heimatmuseum gelegt. Zahl reich waren die Gaben, die gebracht wurden. Der Ritter gutsbesitzer Herr von Oppen schenkte in hochherziger Weise zahlreiche Gegenstände, die vom Schloßboden geholt wurden, darunter über 30 Ölgemälde, Möbel und Schriftstücke des bereits im Jahre 1812 ausgestorbenen Geschlechtes der Freiherren von Huldenburg. Viele dieser Bilder wurden wieder hergestellt und bildeten in neuen Goldrahmen prächtige Ausstattungsstücke. Ankäufe wurden gemacht. Alles dies wurde durch die Inflationszeit ermöglicht. So wurde in kurzer Zeit das Neukircher Heimat museum eines der ansehnlichsten der Lausitz. Durch Aus stellungen und durch Verkauf von Gemälden, Scherenschnit ten, Radierungen, erzgebirgischem Spielzeug usw. verfolgte es den Zweck, gute Kunst unter das Volk zu bringen. Im Jahre 1924 aber mußte die schöne Sammlung, die in zwei Räumen der Schule Unterkommen gefunden hatte, Platzmangels wegen auf den Boden gepackt werden. Das Jahr 1926 sollte aber der bisherigen Sammlung den Todes stoß versetzen. Die Erben des vorgenannten Stifters, die nicht die Gesinnung des Herrn von Oppen hatten, forderten sämtliche Geschenke unter Nichtanerkennung der Schenkung als Eigentum zurück. Da der frühere Mnseumsbesitzer, der Kirchenvorstaud, der sich bei der im Jahre 1923 erfolgten Gründung eines Museumsvereins das Eigentumsrecht an den bisherigen Gegenständen gewahrt hatte, ans Scheu vor gerichtlicher Auseinandersctznng und wohl auch aus — Interesselosigkeit darauf verzichtete, ging der schönste nnd größte Teil der Sammlung verloren: das Heimatmuseum sank zusammen zu einem kleinen Häuflein, von dem wieder der beste Teil bei der früher oder später kommenden Er neuerung unserer sehr schmucklosen Kirche dort seine Wiederaufstellung in neuem Gewände feiern wird. Viele, die Gelegenheit gehabt haben, die Sammlung in ihrer Blütezeit zu bewundern — und es kamen ange sehene Gäste sogar aus weiter Ferne —, werden dieses Ge schick bedauern, und vielleicht wäre es nicht zu diesem un rühmlichen Ende gekommen, wenn das Neukircher Heimat museum eine Heimat gehabt hätte. Wanvern rrn SNar Der Srükling ist wieder gekommen Im leucktenden IZIumenkIeid, Wir Katzen es jubelnd vernommen Und wandern nun trotz in die Weit'. Im Walde dis Vögelein singen, Vie Wipkel rauscben so sackt, Und allüberall dieses Springen Oer knospen in §rükiingsprackt. Vas macbt, daß wir singen müssen So recbt aus kelljubelnder Lust, Ls weckst in tausend Lrgüssen ven §rükling in unserer IZrust! vur mancbmal sckauern die Wipkel Sanz leis um des Vaterlands Wetz, Ls blinket dort unter dem Sipkel Ms eine Lräne der See. Vock Srükiing wird es einst wieder Im ganzen deutscksn Land, vrum singen wir trotze Lieder Selljubslnd ins deutscke Land! Und Mädcken am §enster ersckeinen, Ls klieget manck neckendes Wort; Wir aber gedenken der Linen §ern kinten im Seimatort. — Und Lieder als Srütze sick sckwingen Weitkm über Wald und Seid. Wir wandern und singen, singen: Sie ist ja so sckön, dis Weit! S. Nankt. Eine Pfingstfahrt auf die Tafelfichte snno 1790 Ein Beitrag zur Geschichte der Touristik vergangener Tage Von Robert Queißer, Zittau Nun ist sie wieder da, die frohe Wanderzeit! Der lachende Sonnenschein, die laue Luft und das millio nenfache Knospen und Blühen in Wald und Flur lockt Alt und Jung hinaus an den nie versiegenden Jungborn der Natur. Wandern und Touristik! Welchen Umfang haben sie nicht in den letzten Jahren angenommen. Und doch ist es noch gar nicht so lange her, war beides wenig ober gar nicht bekannt. Denn im großen und ganzen hatten unsere Vorfahren — auch die der späteren Generation — für Reisen und Wandern, kurz gesagt für Touristik, in unserm Sinne wenig Vorliebe. Ja, es gab eine Zeit,'in der man Berge und Wälder ängstlich mied. Man hielt sie für den Sitz von Unholden und verbannten Geistern, denen jeder gute Christ gern auswich. Auch mag der Umstand, daß die Wälder namentlich infolge kriegerischer Ereignisse nur gar zu oft die Schlupfwinkel von Räubern und Schnapphähnen aller Art bildeten, viel dazu beigetragen haben, daß der friedliche Bürger seine Ausflüge meist auf einen Spazier gang vor dem Tore beschränkte und Touren in die weitere Umgebung mehr oder weniger eine Seltenheit waren. Freilich gab es auch Orte, die infolge ihrer besonderen Eigenart schon in früheren Zeiten eine besondere Anzie hungskraft auf die Menschen ausübten nnd viel von nah und fern besucht wurden. So ist z. B. der Oybin im Zittauer Gebirge bereits durch eine Reihe Jahrhunderte von Ungezählten bestiegen worden. Wie heute noch, so konnten sich auch damals die Menschen nicht dem Zauber entziehen, der von diesem Bergjuwel ausgeht. Heute noch existieren begeisterte Schilderungen aus damaliger Zeit, die sie nicht genug rühmen können, die einzigartige Ber-