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HberlauflHsr He!matzs!tung Nr. j0 Neuerdings bringt man das Wort in Verbindung mit dem althochdeutschen „hazzen", das ist „hassen". Es würde dann die „hassende, feindselige Waldfrau" bedeuten. Als Wald- oder tzainbewohnerinnen standen die Hexen mit der Gottheit in unmittelbarem Verkehr und konnten deshalb, wie man so sagt, mehr wie Brot essen. Bei dem Hexenglauben sind sicher Züge der Naturbeseelung mit solchey des Seelenglaubens unserer Vorfahren ineinander geflohen, j Zu abschreckenden Wesen hat sie erst das Christentum umgestaltet, ebenso sie mit der Wal- purgisnacht in Verbindung gebracht... Der Name derselben ist auf die „heilige Walpurgis" oder „Walpurga" zurückzuführen, einer im 8. Jahrhundert lebenden Abtissin des Klosters Heiden heim bei Eichstädt in Bayern, die im Jahre 998 heilig ge sprochen wurde und als besondere Beschützerin gegen Zauber jeder Art verehrt wurde. Ihr war der erste Mai gewidmet und nach ihm heißt die vorhergehende Nacht die „Walpurgis- nacht". Die „Hexenfeuer", wie die Walpurgisfeuer in unserer Lberlausitz und auch anderwärts genannt werden, haben dem Volksglauben nach den Zweck, die in dieser Nacht nach dem Brocken oder Blocksberge und anderen Bersammlungsplätzen fahrenden Hexen zu bannen. Andere bringen den Walpurgisglauben in Verbindung mit der „Ostara", der Göttin des Frühlings und der Morgen röte, der bekanntermaßen das Osterfest seinen Namen verdankt. Dieselbe ist wohl die „deutscheste" aller vorchristlichen Göttinnen, denn sie genoß nur in Mitteldeutschland eine hohe Verehrung. Die Nordgermanen kannten sie in Verbindung mit ihrer stark ausgeprägten Götterweli nicht. Sie war eine Tochter des höchsten Götterpaares, des Wodan und der Freia, und ist uns als das lieblichste Sinnbild der auferstehenden Frühltngsnatur teuer und wert. Sie begleitet ihren Bruder „Donar", wenn er nach dem Siege über die Wiltterriefen seinen Einzug in die blühenden Fluren hält. „Matkönigin" wurde sie daher genannt, und die Gestalten des „Maigrafen" und der „Maigräfin", denen wir in manchen altüberlieferten Frühlingsfesten begegnen, gehen wohl auf Donar und Ostara zurück. Der Göttin war die erste Mainacht geweiht und mächtige Feuervrände wurden in dieser Zett ihr und Donar zu Ehren entzündet. An Stelle des tieseingcwurzelten Glaubens an die Ostara suchten die christ lichen Sendboten die „heilige Walpurgis" zu setzen. So wurde die Ostara zur „Hexe" und die „Maiennacht" zur „Hexennacht". Eine große Rolle spielt diese bedeutungsvolle Nacht im Volksglauben unserer Oberlausitz. Allgemein verbreitet war und ist hier der Brauch, am Abend des 30. April über den Stalltüren drei Kreuze anzubringen, damit die Hexen nicht über die Türschwelle kommen und bas Vieh behexen können. Eine große Anzahl weiterer Walpurgisbräuche war früher im überwiegend wendischen Teile unserer Heimat im Schwange. Wieotele davon noch heute geübt werden, entzieht sich unserer Kenntnis. Doch hat sich gerade hier noch manche althergebrachte Eitle erhalten. Einem mündlichen Berichre aus dem nahe der preußischen Grenze nördlich von Bautzen gelegenen Hermsdors entnehmen wir, daß daselbst in der Nacht zum t. Mai der Mann im Pferdestalle, die Frau im Kuhstalle verbleibt. Am Walpurgistage wird daselbst kein Tier angespannt, Mann und '»rau gehen auf Gemeindearbeit. Die am Vorabend auf Bergen und Hügeln, Feldern und unbeholzten Höhen entfachten Walpurgtsseuer oder „Walp'rn- seuer", wie der Volksmund sagt, sind besonders in der mitt leren, nördlichen und nordwestlichen Oberlausitz an- zutreffen, in der Süd- und Ostlausitz treten sie nur vereinzelt auf. In der Zeit vor dem 1. Mat ist in den ländlichen Ort- Ichasten dieses Gebietes jeder Besen in Gefahr. Denn auf diesen hat es die Fugend mit Vorliebe abgesehen, um sie zu sammeln und bei den „Hexenfeuern" zu verwenden. Sind es doch nach dem Volksglauben hauptsächlich alte Besen, deren sich die nach dem Brockenberge und anderen Versammlungs- orten reitenden Unholdinncn bedienen. Sicher ist man sich in den meisten Fällen der ursprünglichen Bedeutung dieser Feuer Nicht mehr bewußt, doch hält unsere Lausitzer Bevölkerung, vor allem ihr jugendlicher Teil, mit zäher Beharrlichkeit daran fest, schwingt am Walpurgisabend mit unverminderter Lust die brennenden Besen hoch durch die Luft und springt jubelnd um und über die Feuer. Ein Bild von unvergeßlichem Reiz bietet sich zu dieser Zeit von einem unserer Aussichtstürme dem Beschauer, der von hier aus- eine Hunderte zu zählende Menge feuriger Punkte aus dem Dunkel der Nacht emporleuchten sieht. Eines außer ordentlich starken Besuches haben sich unsere Berggasthäuser an jenem Abend zu erfreuen. Immer mehr hat sich daselbst im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte der Walpurgisabend zu einer volkstümlichen Feier von großer Anziehungskraft gestaltet. Frohe Lenz- und Gesellschaftsgesänge, voran das ewig junge Frühlingslied „Der Mai ist gekommen", erklingen bei diesen zwanglosen Versammlungen hinaus in die ahnungs- reiche Frühlingsnacht. Manche frohe Erinnerung knüpft sich für viele Teilnehmer an eine solche „Frühlingsfeier" auf dem Mönchswald, Ezorneboh, Bieleboh, Rothstein und auf anderen Bergen. Namentlich auf letztgenannter Höhe bietet der hier noch in erfreulicher Menge oorzufindende zartduftende Wald meister willkommene Gelegenheit, sich an frischem Maitrank zu erquicken und zu begeistern. Dann gewinnt jene Hoch stimmung in uns die Oberhand, der Joseph Viktor von Scheffel so rrefflich Ausdruck verleiht: Du, der mir die Seele mit Sonne, Die Kehle mit Mailrank durchglühst — O Frühling, du Herold der Wonne, Biel tausendmal sei mir gegrüßt! Als ein geeigneter Beobachtungspunttt für die Walpurgis feuer im Gebiete des Hügellandes und der Ebene der sächsisch, preußischen Wende! gilt der vorgeschobene Posten des Kamenzer Hulderges. In seiner Umgebung war bis vor kurzem auch noch mancher andere eigenartige Walpurgisglauben im Volke lebendig. So gibt es oder gab es vielmehr zu dem auf den I. Mai folgenden Wochenmarkte sogenannte „Hexenbutter", die der Butter anderer Zeiten an Güte nachstehen sollte. Zu der Bedeutung des Walpurgisabends im Volksglauben unserer Lausitz steht in enger Beziehung seine Stellung in unseren, dem dichtenden Volksglauben entsprungenen heimatlichen Sagenüberlieferungen. Ihrer soll noch in Kürze gedacht werden. Bei dem Dorfe Beinbruch in der Nähe von Kamenz liegt der „Teuselsstetn". Auf ihm pflegt der Teufel am Wal- purgisabend auszuruhen und sein Abendbrot etnzunehmen, um dann neugestärkt seine Reise sorizusetzen. Auf dem „Hutberge bei Herrnhut" erhebt sich in dieser Nacht ein furchtbarer Lärm. Verursacht wird derselbe durch den ruhelosen Geist des wilden Raubritters Ulrich Ruprecht, der einst auf dem Berge eine Burg besaß. In den Kellern derselben häufte er seine Schätze an, die noch zu haben sind. Ein unterirdischer Gang verband sein Schloß mit dem nahen Bernstadt, wo sein Freund und Helfershelfer Bernhard Dietrich hauste. Als er einst in seinem zusammengeraubten Golde wühlte, mauerte der Böse die Keller öffnung zu und der Ritter mußte bei lebendigem Leibe ver hungern. Von dem „heiligen Berge" bei Gersdorf, südlich von Kamenz, berichtet die Sage, daß auf ihm der Markgraf Gero, der auch genanntes Dorf gegründet haben soll, eine der „heiligen Walpurgts" geweihte Kapelle erbaut habe. Es seien jene in der Lausitz von Berg zu Berg gezogen und haben den heidnischen Wenden das Christentum verkündet. Nach ihrem Tode errichtete man ihr überall, und ganz besonders aus den Bergen, Standbilder und Belhäuser und entfachte ihr zu Ehren in der heiligen Walpurgisnacht große Freudenfeuer. Dafür schützte sie das Vieh vor Behexung. An der Nordseite des Dorfes Königshain bei Görlitz befindet sich der „Guckels- oder Gückelsberg". Es heißt, daß sich die Hexen der Umgegend zu Walpurgis dort versammeln, um von da nach dem Brucheis berge oder Brocken zu fahren. An den Walpurgisabend knüpft sich auch die Sage von der schönen Müllerslochler in der Waldmühle bei Kleindehsa westlich von Löbau. Als jene das zwanzigste Jahr erreicht