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Diese Überwachung fand aber nicht allein gegenüber dem friedlichen Kaufmannsverkehr, sondern auch in Kriegszeilen zur Beobachtung feindlicher Truppenbewegungen statt. So schickten die Oberlausitzer Städte zur Zeit der Hussitenkriege ihre Späher aus, besonders in der Richtung auf das Gebirge, von wo aus der Einfall drohte. Besonders schickte Görlitz in den gefahrvollen Maitagen des Jahres 1427 seine „Reu ter", um erkunden zu lassen, wohin sich die Hussen nach dem mißlungenen Sturm auf Zittau wenden würden, worüber in der Görlitzer Ratsrechnung die gerade für unsere Frage sehr wertvolle Eintragung eines Ausgabepostens sich findet: „Item stominica jubilate (^lni 11. 1427) Orot8cli6 sckreiber unci -Vnäres in ciie Kutin Ostru8 9Zr." Zu beachten ist an dieser unscheinbaren Notiz: bzr O8tru8 (b^ubl —in der Nähe), wodurch ein Ort in der Nähe von Ostritz bezeichnet wird. Sollte jemand auf Grund dieser Orts angabe die Stelle zu bezeichnen haben, auf der jene Beob achtung stattgefunden haben dürfte, so würde er nach Lage der Sache wohl keinen anderen Platz ausfindig machen können, als jene Höhe, die heute noch den Namen Hutberg trägt. Somit dürfte nachgewiesen sein, daß der Name Hutberg wohl mit „hüten" zusammenhängt, aber nicht mit dem Hüten des Viehes, sondern mit „Hüten" im Sinne von Beobach tung von Verkehrsbewegungen sowohl in friedlichen als in kriegerischen Zelten. Vielleicht dient dieser Versuch einer Namensdeutung dazu, weitere ähnliche Untersuchungen zu veranlassen, damit die Frage der Hutberge endlich einmal gelöst wird. Über Waffen des 14. Jahrhunderts nach den Funden in der Kirschauer Burg Von Dr. R. Needon I. ^VMbwohl unsere Forschungen in der Burgruine Kir- tWW schau noch lange nicht beendet sind und noch einige Jahre darüber vergehen werden, mag es doch ein- mal erlaubt sein, die Einzelfunde, von denen seit drei Fahren berichtet worden ist, systematisch zu be handeln, um eine Vorstellung von dem ritterlichen Leben des 14. Jahrhunderts zu gewinnen. Das Wichtigste für den Ritter waren seine Waffen, und so gilt es diese zunächst zu betrachten. Wir sind berechtigt, schon jetzt über diese zu handeln insofern, als nicht anzunehmen ist, daß Waffenfunde von wesentlich neuer Art noch gemacht werden, wenigstens soweit die Trutzwaffen in Betracht kommen, von denen alle schon jetzt vertreten sind, die wir zu finden hoffen durften, ausgenommen etwa das Schwert. Dagegen wäre allerdings möglich, daß ein günstiger Zufall uns noch Reste von Schutz waffen, Helm, Harnisch, Schild bescherte. Wenden wir uns also den Trutz(Angrifss-)waffen zu. Freilich können wir auf technische Einzelheiten nicht eingehen, teils, weil dies nicht Sache des Historikers ist, teils, weil es mehr Raum beanspruchen würde, wie uns hier zur Verfügung steht. Die Lieblingswaffe des Mittelalters vom 12. bis 15. Jahr hundert war die Armbrust. (Diese Wortform, die allgemein üblich geworden ist, statt des etymologisch richtigeren „Arm- rust" behalten wir bei.) Sie war schon in den ersten Jahr hunderten nach Christi Geburt als eine Weiterentwicklung des einfachen Bogens bekannt, bez. eine Verwendung des Prinzips der alten Schleudermaschinen bei Belagerungen der Katapulte, als leichtere Handwaffe. Aber bis zum 10. Jahrhundert scheint sie ganz selten gewesen zu sein. Ihre Handhabung erforderte doch etwas mehr Zeit als der ge wöhnliche Bogen, wie auch ihre Einrichtung künstlicher w.rr, deshalb ist der Bogen während des ganzen Mittelalters, wenn auch bei verschiedenen Völkern verschieden, als Waffe im offenen Felde beliebt gewesen, bis ihn dos Pulvergewehr verdrängte. Daß dagegen die Armbrust erst im 11. und 12. Jahrhundert eine größere Rolle spielte, hängt jedenfalls da mit zusammen, daß jetzt der Kampf um feste Stätten, Burgen und Städte, erst recht einsetzte; beim Angriff auf diese, wie bei der Verteidigung hatten die Kämpfenden mehr Zeit zur Handhabung einer komplizierteren Waffe, als der Bogen war. Noch 1139 hatte aber das 2. Laterankonzil den Ge brauch der Armbrust als einer „mörderischen" unterChri - st en verboten und nur gegen die Ungläubigen gestattet. Doch der Krieg hat seine in seinem Wesen begründeten eigenen Gesetze und kümmerte sich um derartige humane Gänqelungsoersuche der Kirche ebensowenig, wie heute um das Verbot irgendwelcher Mordwaffen durch Kongresse. Die Entsendung des tödlichen Pfeils oder Bolzens aus sicherer Ferne galtalso anfangs fürunritterlich gegenüberden Waffen, die von Mann zu Mann im Nahkampf verwendet wurden. Aber dem Bürger, der sich in seiner Stadt zur Wehr setzen mußte, ohne sich durch Panzer und Helm schützen zu können, und dessen Ehrbegriffe etwas andere als die des Ritters waren, kam diese Waffe gerade recht, mit der er vom Turm herab oder von der Mauer den herannahenden Feind treffen und von sich abhalten konnte. So wurde die Waffe eine regelrechte, als das Städtewesen seine Bedeutung gewann, und dem Ritter blieb nichts übrig, als sie für den Fernkampf sich auch zu eigen zu machen, wenn er ihren Gebrauch auch meist seinen Knechten überließ. Die Armbrust kann ja im allgemeinen als bekannt an gesehen werden. Man unterschied an ihr Säule, Bogen und Sehne. Der Bogen konnte aus Holz, Horn oder Stahl bestehen. Von der Sehne wurde der Bolzen (auch „Haus pfeil" genannt, geschleudert. Er besteht aus Spitze („Eisen") und Schaft oder Zain; der letztere kann mit oder ohne „Feder" sein. Form und Schwere des Bolzens beruhte auf sorgfältigster Berechnung der Kraft des Bogens, der rich tigen Lage des Schwerpunkts. Bei kurzen Bolzen bis zu 35 Zentimeter Zainlänqe liegt der Schwerpunkt in der Regel genau am Ende des ersten Viertels. Der Schwerpunkt wurdr an jedem Stück geprüft und durch Beschneidung des Hin teren Zainendes abgepaßt. Die Eisen, die wir in Kirschau allenthalben zerstreut in großer Menge finden, haben eine Länge von 7—9 Zentimeter, sind meist roh zugeschmiedet, von vierseitigem Querschnitt, der Schaft ist meist in eine Tülle eingelassen gewesen, doch haben wir auch seltener Bolzenspitzen (10—12 Zentimeter lang), die am unteren Ende zugespitzt sind, also in einen hohlen Zain (wohl ein Rohr) eingelassen gewesen sein müssen. Die Spannung des Bogens war ursprünglich mit den Händen erfolgt, aber dies war mühsam und erforderte große Kraftanstrengung; so kam schon mit dem 12. Jahrhundert eine Erleichterung durch den Spannhaken, am Ende des 14. Jahrhunderts trat ihr zur Seite die noch größere durch den Gebrauch einer Winde. In Kirschau haben wir Spuren vom Gebrauch einer solchen noch nicht gefunden, wohl aber mehrere Spannhaken, Geräte, die sich mit Sicherheit als solche bezeichnen lassen. Das Gerät! spaltete sich am abgebogenen Ende in zwei ge krümmte Arme. Man trug es in seinem breitenWarken