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Ordnung wissen. -Neben den Teichdämmen ziehen Kleine eisenrote Bäche und Kanäle verschlafen dahin; aber im Wasser schwirrt schon allerhand winziges Getier. Es wird lebendig. -And wundervoll gaukelt ein Zitronen falter durch die stille Seligkeit des Tages, wundervoll in seinen Spielen und Flügen, wundervoll in seiner leucht kräftigen Farbe. Ich habe einen Zitronenfalter als ersten Schmetter ling in diesem ^iahre gesehen. Das bedeutet Glück und Liebe. Ein Kohlweißling würde -Unglück bedeuten, sagt der Volksmund. Aber ich werde Glück und Liebe finden! Der Wind strolcht lustig durchs Land und findet wahre Lämmecwiesen von Blüten und Kätzchen in Erlen, Pap peln, Birken und Haselbüschen. Das rieselt in hundert- und tausendfach wiederholten Vertikalen von den Zwei gen herab. Goldene Wolken stäuben von Blüte zu Blüte. Zitternd empfangen die geöffneten Kelche und Krönchen die zärtlichen Beweise einer natürlichen Liebe. Ein Hutzel ist in Baum und Strauch. Es girrt und braust in den braunen Asten. Es drängt und zagt und zuckt. Es ist alles Ahnen, Sehnen und Erfüllen. Und die Welt trägt ein Kleid aus Licht und Gnade. Mitten in all diese erwachende und erregende Schön heit ist ein altes Schloß gestellt. Ein König könnte darin wohnen, so stolz und schön ist es. Geheimnisse spielen um sein Gitter. Das Volk hat ihm allerhand Sagen und Aberglauben angedichtet. Eine Weiße Frau soll dort gespenstern und eine goldene Kutsche drin verborgen jein. Das Schloß lächelt heimlich und bedeutungsvoll zu den Erzählungen. Nun hat es den Winter in stiller Lust verträumt. Ietzt rührt es sich. Es reißt die Fenster auf und atmet tief den Frühling und die Freude in sein altes Herz. Schon in den frühen Morgen klingen Finken schlag und Stacenpfiff, Kinder spielen und lachen um sein Gemäuer, und abends tönen die holden Lieder von Amsel und Drossel. Drüben das neue Schloß lacht hell herüber mit fröh lichen Äufen, Geigenspiel und sinnenden Gesängen. Das Lindenrund steht kahl, doch wartend auf das bunte Volk, das sich hier bei ländlichen Festen tummeln darf. Nur die eleganten Kavalisrhäusec sind noch nicht ganz wach. Sie träumen noch ein bißchen. Er ist auch zu schön, dieser Traum vom Rokoko und Biedermeier, von Offizieren, edlenDamenchlitzendenDegenundzierlichenGuadrillen. Das blaueGittertor mit den vergoldeten Spitzen kreischt im Schloß, klappt auf, klappt zu. Dor Tag ist im Ent schlummern. Das Nbendgold hängt in Kronen und Kranz, um Giebel und Turm, und tönt das ganze Land in sanftes Äot. Die Bauerngeschirre kommen von den jungen Feldern heim. Die Glocken läuten Feierabend. Fern rauscht ein Wasser übers Wehr. Nnd dann kommt der Mond herauf und steht gerade hinter dem Kirchturm. Der ragt nun schattenhaft gegen das silberne Licht. Nnd Silberglanz ist über Kirchen dach, Gräber, Mauern, Dorfgassen, Wälderstücko und Feldorbreiten ausgegosjen. Im Pfarrhaus brennt die Studierlampe mit tröstlichem Licht. In einem verset zenden Hauch ist der Wind schlafen gegangen. Nnd immer tiefer sinkt der Frieden auf das Dorf. Es ist, als gingen Ludwig dichter und Matthias Claudius Arm in Arm durchs Dorf. Spitzweg mit einer rostig-klapp rigen Laterne vorneweg. Nnd Eichendorfs und ein lieber Taugenichts mit zagem Flötenspiel hinterdrein. Es ist wirklich, als wären sie hier zu Hause, bei guten Menschen, an gutem Ort. Immer stiller wird die Nacht. Nnd immer tiefer sinkt der Frieden auf das Dorf. Der Frieden und der Frühling! Ostern Von L. Mittasck Nun zeigen sicb am dürren kolz Viel grüne zarte vlättsrteilcken, Vie Zecks sckwiüt in knospen stolz, Und krsundlicb lugt das kleine Veilcven (Nit Kinderaugen, blau und rein, Verwundert in dis Welt kinein. Lobjubelnd tropkt der Lerche Lied löerab aus morgenkrükem Ntksr - Und wär' es sie nickt, die's verriet, Üäb's lausend anders Verräter, Zu melden, datz die Ostsrzeit vsr traumbefangenen Erde mait. O Menscksnbruft, nun ökkne auck Vas Lor Len duttgesckwellten Winden, vatz sick im keiligen Osterkauck Vertrau'n und löotfnung wisderkinden, vatz Ostsrlust dein töerz durckziekt Im Slockenklang, im Vogellisd. Oslermorgen im Heimattal Von Herbert Zwahr or vielen Jahren habe ich meinen Großvater einmal arg erzürnt. Ostersonntag war es. Noch ehe die Sonne aus den Bergen stieg, hatte er mich bei der Hand ge nommen und an den Berg geführt, der mein Heimat ¬ tal beherrschte. Dort stand am Waldrande eine Band. Er hieß mich setzen; aber ehe er mir folgte, drehte er meinen Kops nach Osten und sprach: „Am ersten Tage der Woche kam Maria, da es noch finster war, zum Grabe!" Weil ich meinen Großvater fürchtete, wenn er so aus der Bibel redete, saß ich ganz still. Mit einem grauen Bande um die Stirn kroch die Dämme rung über die Wälder, und in unserem Tale kochten die weißen Nebel. Das Dach unseres Häuschens schwamm mitten Im Meer, und ich wunderte mich, daß es nicht mit den ande ren Wogen zwischen die Wipfel des Hochwaldes gespült wurde; denn dort zerbrandete die milchige Flut. Die Büsche, die unsere Talwände säumten, wurden blau, und der Stirnreif des Tages färbte sich gelber. Hinter uns schüttelten die hohen Fichten den Tau aus ihren Häuptern. Das machte mich furchtsam. Jedesmal, wenn ein Tropfeaschauer aus den Wald boden trommelte, glaubte ich, die Tannengeister rasten durch das Dickicht. Die fahlen Schatten verflatterten allmählich, und ich konnte wieder unser Häuslein erkennen. Die Mutter hatte Feuer angesteckt. Dort, wo vorher der Nebel geflossen war, bog sich jetzt ein dünner Rauchfaden aus der Esse. Ich wollte das meinem Großvater sagen, aber als ich mich umwandte, packte er hart meinen Kops und drehte ihn wieder dem Mor gen zu. Ich konnte gerade noch sehen, datz ihm der Frühtau silberne Perlen ins weitze Haar gereiht hatte und datz er die Hände wie zum Gebet über seinem Knotenstocke gefaltet hielt. Der breite Bogen über den Wäldern war rot geworden, und ich sah jetzt, daß darüber hinaus scharfe, blanke Pfeile nach den blauen Schäferwölkchen stachen, bis sie alle blutige Bäckchen bekamen. Das war die Morgenröte, die mit dem Nachthimmel kämpfte. Zwei zerborstene Wolkenblöcke waren vor das Sonnentor gestürzt, darum fingen ihre Ränder jetzt an