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Nr. 25 Gberlausitzer Heimatzeitung 28S Ein Advokatenstücklein aus dem Jahre 1662 roßröhrsdorf war in großer Not, M Schon wieder sehr der Landooqt droht. Ein jeder wußte, was „geschicht", Bezahlt man das „carandtgeldt" nicht. Doch die Gerichten waren schlau, „Hilft nicht der Mann, so hilft die Frau," So dachten sie in ihrem Sinn Und schickten Frau'n zum „Thumbrobst" hin. Schon öfter hat sicks zugeiragen, Daß Frau'n das Rechte können sagen, Dieweil voll Eifer mancher Mann Es sängt am falschen Ende an. Drum wurden Frauen hingeschickt Nach Meißen. Es ist nicht geglückt. Drei Taler haben sie verzehrt, Doch ward ihr Bitten nicht erhört. Nach Dresden wandert drauf Hafis Schöne. Das Herz voll Angst, den Kopf voll Pläne, Wie Zahlungsaufschub er erreiche, Und „Tockters" Herze er erweiche. Nun steht er vor dem grimmen Mann. Der fährt ihn ganz erschrecklich an, Was das fllr eine Dummheit wäre, Ob er nicht wiißt', daß sichs gehöre, Den Deputierten nur zu geben Die- Bittschrift. Hans bangt um sein Leben, Dieweil man mit solch großem Mann 2a nicht gut Kirschen essen kann. Da fühlt der Doktor menschlich Rühren, Er spricht: „Ich will die Sache führen Und gnädiglich mich Dir erweisen, Dieweil mein Weg mich führt nach Meißen, Will mit dem Domprobst selbst abrechnen", Doch soll ihm Schönenhans versprechen, Beim Domprobst bald zu supplicieren. Hans Schönen scheint der Schlag zu rühren. „Herr Doktor", spricht er, „habt Erbarmen, Wie Ihrs versprochen, mit uns Armen, Denn Meißen liegt uns gar so weit. Auch wißt Ihr dorten mehr Bescheid Als wir so schlichten, dummen Bauern." „Nun gut, ich fühl mit Euch Bedauern," Spricht der Gestrenge, „aber wißt. Ein gutes Wort umsonst nicht ist, Und darum werde ich mit Nichten Au? Euer Honorar verzichten." Hans findet dies für selbstverständlich Und zeiget sich sofort erkenntlich. Den Beutel zieht er unverdrossen, Zahlt einen Taler und acht Groschen Und bittet, daß fllr dieses Geld Der Doktor sein Versprechen hält. Boll Freud ist er zurückgckommen, Voll Freud hat mans im Dorf vernommen, Daß man dem Hans kann mehr vertrau'n, Als wie zehn wohlberedten Frau'n. Vom Doktor wird nun oft gesprochen, Doch es vergehen Tage, Wochen, Dec Domprobst läßt nichts von sich hören, Der Doktor tat nicht „Fleiß ankehren". Hans Schöne geht mit trübem Sinn Zum zweiten Mal nach Dresden hin. Doch diesmal ist der Doktor gnädig, Zur Auskunft auch sogleich erbötig. „Mein lieber Hans, es tut mir leid, Daß Ihr noch nicht von mir Bescheid. Es tat Mutmaßung mich anwandeln, Und darnach richtet sich mein Handeln. Weil mir vom Kurfürst wird erzählt, Daß er zu L.ipzig sich aushält, So konnte auch, das leuchtet ein, Der Domprobst nicht zu Hause sein. Was sollt ich da nach Meißen fahren? Ich könnt die Kosten mir »rsparen. Doch sage, Hans, es sind schon Wochen, Daß ein Schock Eier mir versprochen. Wie stehts damit?" „Ach habt Geduld", Spricht Hans, „ich bin daran nicht schuld, Gevatter Philipp hats vergessen, Sonst wär' er längst schon dagewesen." „'s ist gut, mein Hans: doch halb ist halb, Drum bringst Du noch dazu ein Kalb, Ein settes, auf die Feiertage, Ich weiß, es freut Dich, wenn ichs sage." Der Doktor lächelt. Schöne senkt Den Blick zu Boden, und er denkt: „O weh, die Sache wird sehr teuer, Nun folgt ein Kalb schon auf die Eier. Ich Kanns ihm leider nicht abschlagen, Weil gar zu groß ein Doktormagen, Und kommt das Kalb nicht schnell ins Haus, So wird wohl gar ein Ochse draus." Bedächtig fängt er darauf an: „Herr Doktor, Ihr sollt beides Han. Doch müßt Ihr tüchtig für uns streiten, Ein Kalb hat auch was zu bedeuten." „Ei freilich, doch will michs bcdiinken, Wir könnten noch ein Mäßlein trinken Auf meine Rechnung, selbstverständlich." „O käm zum Schluß die Sache endlich!" Denkt Hans, „hier heißts nur geben, zahlen Zu so und so und soviel Malen." Bald sitzen sie vereint beim Bier Und voll Erstaunen hären wir: 's macht einen Groschen und sechs Pfennig Für zwei die Zeche. Das ist wenig. Hans findets auch nicht allzuteuer, Drum stiftet er noch einen Dreier, Weils Jahrmarkt ist, des Doktors Sprößlein Und eilt nach Haus auf Schusters Nößlein. Schnell folgten Kalb und Eier dann; Denn Hans, der kannte seinen Mann. Der Doktor tat nun wirklich reisen Mit seiner Schrift zum Probst nach Meißen. Ob er dort etwas hat erreicht, Hans Schöne leider uns verschweigt. Man Kanns aus folgendem entnehmen, Für Hansen gabs ein neues Grämen, Im nächsten Briefe war zu lesen, Daß man in Meißen sei gewesen, Doch stand darin auch nebenbei, „Daß darumb nochmals nölig sei, Des Doktors Küche zu bedenken." Was halfs? Hans mußte Krebse schenken. Er schickt drei Schock noch voll Verdruß Und denkt dabei: „Ietztund ist Schluß." Korn- Großröhrsdorf. Die Ruhestätte einer Künstlerin im Neißtale Bon O. Schöne Kloster Marienthal, jedem Besucher des mit hohen Reizen der Natur ausgestatteten Ncißtales wohlbekannt, birgt in seinen stillen Mauern das Grab einer deutschen Sängerin, die zu ihrer Zeit zu den gefeiertsten Bühnen- Künstlerinnen in deutschen Landen und darüber hinaus gezählt wurde. In der den Klostergebäuden angegliederten „Kreuz kapelle" leitet eine kurze Treppe in die Gruft hinab, in welcher der kostbare Sarkophag der unsterblichen Henriette Sontag, der „deutschen Nachtigall", seine Ruhestätte gefunden hat. Ihr zur Seite ruht in schlichtem eichenen Totenschrein ihr Gemahl, der Graf Rossi. Der kunstvolle Zinnsarg der Sängerin trägt auf seinem Deckel einen Silberkranz mit der Inschrift: Christus ist mein Leben. Zu Füßen des Kreuzes erblickt man das gräslich Rassische Wappen mit der Unterschrift: Gott die Ehre und meinem König. Unter dem selben befindet sich eine Lyra und darunter die Bibelstelle: Wenn ich mit Menschen- und Engelzungen redete, aber die Liebe nicht hätte, so wär' ich ein Nichts. Außerdem ist am Sarge eine Tafel mit folgender Inschrift angebracht: Hier rnhet in Gott Henriette Sontag, vermählte Gräfin Rossi, geboren in Koblenz den 3. Januar 1806, gestorben in Mexiko den 17. Juni 1854; — sie enthält auch nachstehende Zeilen: Dir mar das reinste Erdcnglück beschieden, Kunst, Anmuth, Liebe wanden Dir den Kranz, Nun ruhest Du in Gottes heil'gem Frieden, Umstrahlet von des Paradieses Glanz. Für Deine Liebe hast Du Dich dem Tod geweiht, Des Lebens Kron' ist Dein, Dein ew'ge Seligkeit. Wohl in jedem, der jemals sinnenden Blickes an der weihevollen Stätte geweilt, ist die Frage aufgestiegen: Wie ist es gekommen, daß dieser leuchtende Stern am Himmel deutscher Kunst in unserem weltfernen Tale seine sletzte Ruhe gefunden? Um darauf eine Ant wort zu finden, ist es notwendig, denLebensgang der Künstlerin einer kurzen Betrachtung zu unterziehen. Henriette Sontag erblickte am 3. Januar 1806 als Kind einer armen Schauspielerfamilic in Koblenz am Rhein das Licht der Welt. Schon im zartesten Alter erfreute sie ihre Umgebung durch ihre liebliche Stimme: im sechsten Lebensjahre bereits betrat sie die Bretter, welche die Welt bedeuten, und sang mit außerordent lichem Beifall in der Zaubcrvper „Das Donauweibchen". Der frühe Tod des Vaters führte Mutter und Tochter nach Prag, wo diese vom elften Lebensjahre an das dortige Konservatorium be suchte und in eifrigen Studien den Grund zu ihrer späteren Meister schaft legte. Ihre seltene Begabung befähigte sie, schon mit 13 Jahren in die Reihe der ersten Bühnenkünstlerinnen Prags zu treten. Be wundernswert bleibt es, daß sie sich, ungeachtet der schmeichelhaften Anerkennungen, die ihr fast täglich zuteil wurden, ihre kindliche Harmlosigkeit und ihr einfaches, bescheidenes Wesen bewahrte. Sie gewann dadurch die besondere Zuneigung der Prager Be völkerung, daß sie im Volksmunde nur das „Iettcrle" hieß. Ihre ersten und schönsten Triumphe feierte die jugendliche Sängerin im Jahre 1824 in Leipzig, wo sie im „Freischütz" und der „Euryanttze" austrat. Von hier aus drang ihr Ruhm bald durch ganz Deutsch land und das Königstädler Theater in Berlin bot ihr eine glänzende Stelle an, welchem Rufe sie auch folgte. In der preußischen Haupt stadt erntete sie den denkbar größten Beifall, der bestrickende Lieb reiz ihrer Stimme sowie ihr ausgezeichnetes Spiel riefen eine un beschreibliche Begeisterung hervor, von der alle gleich jung oder