Volltext Seite (XML)
Blatter für- 'M L)eimclikunöe MW Grfch<>i'ni ollen 14 Aage A^neiVags' Dru«P-u.Verlag .Älwin Marx (Jniz. Otto Marx) Südlaufrizen 5stachri'ct)^en,RelcHenau'<jZc». Schristleitung unö (Deschästsfkelle in°9?e(<Henau,Sa. FernsprectzerNr.21S Gefcfück)f<r ^Ku nsi Wepatup" Unber-eclirigNen Naeli önaek^ venbo^en 1. Jahrgang Sonntags 8. August 1920 Nr. 23 Eiszeitliche Naturdenkmäler in der Lausitz Bon HansNaumann- Dresden ie mannigfaltigen geologischen Ereignisse, die sich im Laufe der Erdgeschichte ans dem Gebiete unserer Lausitz abspielten, haben uns zahlreiche mehr oder weniger gut erhaltene Spuren ihrer Tätigkeit — Natururkunden — hinterlassen. Diese Natururkunden ermöglichen es uns heute, ein nahezu lückenloses Bild der geologischen Entwicklung unserer Heimat zu entwerfen. So berschten uns eigenartige Felsgebilde (Sächsische Schweiz) von der erodierenden Tätigkeit ungeheurer Wassermassen. Fossilführende Schichten lassen auf ihren Absatz durch das Meer und auf ihr relatives Alter schließen, und der einsame erratische Block im Flachlande erzählt uns von gewal tigen Gletschern, die ihn von den skandinavischen Gebirgen an seinen heutigen Platz gebracht haben. Wenn nun auch nicht alle solche erdgeschichtliche Gebilde, die wir als Natururkunden bezeichnen, vor Abbau und Zerstörung geschützt werden können und sollen, so gibt es doch immer einige, die in ihrer Art einzig dastehen und daher von wissenschaftlichen und ästhetischen Gesichtspunkten aus unersetzlich sind. Derartige Natururkunden nennen wir Naturdenkmäler. Sie in Schutz zu nehmen und der Wissenschaft und Nachwelt möglichst dauernd zu erhalten, ist Aufgabe des Staates, der Gemeinden und aller derer, die im Besitze solcher Naturdenkmäler sind. Aber auch alle übrigen sollten es sich angelegen sein lassen, diese stummen Zeugen großer erdgeschichtlicher Ereignisse zu schonen und für ihre Erhal tung einzutreten, wo sie nur können. Unsere sächsische Lausitz besitzt glücklicherweise noch einen reichen Schatz an geologischen Naturdenkmälern, trotz der besonders im Granitgebiet ausgedehnten Steinbruchindustrie, welche schon viel ursprüngliche Natur vernichtet hat., Eine ganze Anzahl solcher Naturdenkmäler sind hier und im übrigen Sachsen schon geschützt worden, dank der Tätigkeit verschiedener Vereine, vor allem des Landesoereins Sächsischer Heimatschutz, des Vereins zum Schutze der Sächsischen Schweiz u. a. und nicht zuletzt durch Eingriff von Staat und Gemeinden, welche die in ihrem Besitz befindlichen Naturdenkmäler auf dem Verordnungswege schützten oder bereit willig die Mittel zu ihrem käuflichen Erwerb bereitstellten. So ließ die Negierung die in ihrem Besitz befindlichen Stein brüche in der Sächsischen Schweiz, welche mit ihren Schuttfeldern das gesamte Bild des Elbtales verunstalteten, nach und nach ein gehen und die Halden wieder aufforsten: die Stadt Frauenstein im Erzgebirge schützt seit 1901 einige Quarzitklippen mit dem „Buttertöpfchen": Ehrenfriedersdorf beschloß, die Greifensteine als Naturdenkmal zu erhalten. Auf Anregung des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz wurden u. a. die Muschelfclsen von Alt- Coschütz, eine Syenitklippe mit zahlreichen Resten der Fauna des cenomanen Kreidemeeres am Hohen Stein im Plauenschen Grunde, die Basaltkuppen des Wilisch bei Kreischa und des Hirt steins bei Satzung geschützt. Möchten diesen dankenswerten Schutz maßnahmen noch recht viele weitere folgen, ehe es zu spät ist! Wir wollen heute einmal unsere sächsische Lausitz durchwandern und die Spuren aufsuchen, die uns ihre jüngste geologische Ver gangenheit, die diluviale Eiszeit, hinterlassen hat. Es sind nur einige wenige Denkmäler, die uns an jene Zeit erinnern, und daher doppelt wertvoll und schutzbedürftig. Wir wissen, daß damals ganz Nordeuropa von gewaltigen Gletschern bedeckt war, die, von den skandinavischen Gebirgen ausgehend, sich zeitweise bis an den Nordrand der deutschen Mittelgebirge erstreckten. Zeiten des Vorstoßes dieser Gletscher (Eiszeiten, Glazials) wechselten mit solchen des Rückzuges (Zwischeneiszeilen, Interglazials), in denen der größte Teil des vereist gewesenen Gebietes wieder eisfrei wurde. Wieviel solcher Eiszeiten und Zwischeneiszeiten tatsächlich stattgefunden haben, ist heute noch eine umstrittene Frage. Während man bisher für Norddeutschland drei Eiszeiten mit zwei Interglazials annahm'), ist man neuerdings geneigt, deren vier anzunehmen?), wie das für das Alpengebiet Penck und Brückner festgestellt haben °). Im Gebiet unserer Lausitz lassen sich im allgemeinen zwei Eis zeiten nachweisen, von denen die erste die mächtigsten Ablage rungen hinterlassen hat. Die diluvialen Ablagerungen werden in ein älteres und ein jüngeres Diluvium gegliedert. Zum älteren rechnen wir die präglazialen Schotter (ohne nordisches Material), den Geschiebelehm (— Mergel), fluvioglaziale Bildungen, als Sande, Grande, Kiese und Diluvial- oder Bänderton. Das jüngere Diluvium setzt sich zusammen aus Decksand, Lößlehm und Tal sanden. Die Ablagerungen des älteren Diluviums bilden mit dem Geschiebelehm als Hauptmasse die mehr oder weniger unverän derte Grundmorüne des ehemaligen Inlandeises. Der Ge schiebelehm, meist das Verwitterungsprodukt der Grundmoräne, ist bei uns durchschnittlich 1 bis 1Meter mächtig und erfüllt mit zahlreichen kantengerundeten kleinen und großen Geschieben einheimischer und nordischer Herkunft. Unter den letzteren bilden die Feuersteine eine Art „Leitfossil". Die Südgrenze der nordischen Geschiebe wird ungefähr durch die „Feuersteinlinie" gekenn zeichnet. Diese gibt jedoch nicht die genaue Südgrenze des diluvialen Inlandeises an, denn die Feuersteine können nachträglich durch Schmelzwasser an ihren heutigen Fundort gebracht worden sein. Die Höhe der Geschiebe reicht bis zu 500 Metern, sodaß nur die höchsten Berge unserer Lausitz als Nunataks aus den Eismassen hervorgeragt haben können. Die in die Grundmoräne eingebetteten nordischen Geschiebe erreichen oft eine bedeutende.Größe (Findlinge, erratische Blöcke), wie der den Bautzenern wohlbekannte erratische Block zeigt, der 1907 auf der Flur Strehla bei Bautzen gefunden und in den Anlagen der Stadt aufgestellt wurde: er hat ein ungefähres Gewicht von 280 Zentnern. Einen ähnlich großen erratischen Block aus rötlichem schwedischen Granit fand man 1905 im Geschiebe-