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Verkehr vollständig veränderte Richtungen gegeben und so ist auch unserer Einkehrstätte nur die Erinnerung an das be- wegte Leben der Vergangenheit geblieben. NMNUIUNIINNNNIIIIIUIINNINNNNIIUIIIIUMlUNNIIIIMIIINNNIIIIININÜNNINNNNUNUNUNI O, mein armes Vaterland Gin Felduiaserlebnis aus dem Jahre 1918 Von MaxZei big, Bautzen ein Erlebnis muß ich in diesen schweren Tonen immer denken öl I Ts war aeaen Ende de«Manats Januar 1918. Iraendmn zwischen ^T-Arras und Camdrai batte sich ein trüber Taa anaaebrestet. Traue Wnlkenfeßen flogen am Himmelbin. ab und zukasteNeaenIchaner auf e-liaen Fh'iaeln tragend. Da buchten die raten Ziegelkänser die Schornsteine und Ruinen schwarz und finster in die Welt, und es schien, al« batten sich Kummer und Sorge eigens hier niedergelassen, um alle Lebensfreude zu bannen. Nicht weit von unserer dampfenden Feldküche, wo sich unsere Kano niere eben den beißen Mornenkaffee balten. laa ein kaufen geleerter Fleischbüchsen. Dort band ein sunaer Frarnoie. mit bleichen und blau- oefrorenen Zünen, sröste'nd, den Schal ichnkend um den Hals aekchlaaen. Gieria nrchm er eine Büchse nach der anderen auf. um sie, tierisch fast, ousznlecken. Der Ilublich ernriff mich. Wie ich ibn ankchante, bleit er verschümt inne "nd wallte sich igrtsteblen Ich rief ihn aber freundlich an und fragte: „Haben Sie salchen Hunger?" „O ja." sprach er, „Herr. Ke n Fleisch, keine Butter, keine Kartoffeln, nur ein wenig Fett und Brot haben wir. Es ist jetzt traurig bei uns „Ob, ni» pauvrs pntrial" Was hörte ich? O. mein armes Vaterland! Kein Wort des Miß- mute«, der Empörung, des Zornes. Nein. Oh, mein armes Vaterland! lind das trab allen Eiendes Ist das nicht herrliche Vaterlandsliebe? Könnten wir uns daran nicht ein Beispiel nehmen? Zur selben Stunde streikten in Deutscbiaud Tausende non Männern, van denen keiner, keiner solche Nni, solches Elend trug wie dieser junae Mensch hier, heimatlos, 'ern van Eltern und Geschwistern, um geben nur vom Feind. O. daß auch das deutsche Leid noch in viele, viele Herzen das Wort einbrennen möchte mit glühender Schrift: O, mein armes Vaterland! Hast du ein Vaterland nur im Glück? Verläßt du dein Vaterland feige in seiner Not? Denk an das Lied, das wundersüße, das einer in der Fremde so voller Heimweh sinnt: Ich hatte einst ein schönes Vaterland. Der Elchenbaum muck« dort so hoch, Die Veilchen nickten sanft. . . . Und denk daran, was du einst aeiunoen in fröhlicher Kinder- und Jugendzeit, ein Lie>>, sa froh und frisch und innig zugleich: Der alten Barden Vaterland, Dem Vaterland der Treue, Dir freies, »nbezwunanes Land, Dir weihn wir uns aufs neue! Und denke an die vielen braunen Hüael im Welschland, mit den schlichten Kreuzen darauf, denke, mein Volk, an deine toten Brüder und denke an deines Volke« Vergangenheit und Zukunft! Wer will den Schwur nicht halten? inuuuu»uuun»uuimiimiinuilimuuuiuuui»un»unusumiiuiuuu»»uuiiuiu»nilllliu Lausitzer Gemütlichkeit Van Sch. N. Enqelschicht stampft zum Friedensrichter. ) „Nun, Herr Schicht", sagt dieser, „was gibts?" „Verkloin tu ich dan Karlen. Und eis Blatt! muß ar mich setzen: Abbitte leisten. Jawohl!" „Nu,- nur nicht gleich so heftig, Herr Schicht." „Jawohl, und 50 Marke! zahl'« muß er ooch, Herr Friedens richter." „Na ja doch. Beruhigen Sie sich nur erst mal." „Beruhigen? Wasdenne? Iche etwan? Mag sich ack dar andre beruhigen. Ich ne! Has ne nutwendg!" „Von wem rede» Sie denn eigentlich? „Nu, von Labelts Emile. Sie denken wohl, ich laste mir fiche Sache gefallen? Nee, verkloit ward dr Karle!" In dieser Tonart wettert der Herr August Schicht, Steinmetz und „Hausbesitzer". Im Orte hat er den Namen „Engelschicht", weil er im Theater des Turnvereins einmal den Engel Gabriel dargestellt hat. Sein Bruder mimte damals den Teufel und heißt seither „Teufelsschicht". Dem Friedensrichter gelingt es endlich, den Herrn Schicht zum Erzählen seiner Angelegenheit zu veran- lassen. Dieser ist nun wieder ruhig geworden. Er ist ja auch sonst ein friedlicher, gutmütiger Kerl. „Also", spricht er und haut sich mit der flachen Hand aufs link« Bein, daß es klatscht. „Also, da Ham mer im Gasthaus bei der Agathe (erste Silbe betonen) gefasten: ieche, dr Labelt, Bannet« tammer und dr Laurenz. Mr hattn e Bullchen zesammte und do meent dr Laurenz: Wie wär'sch'n mit enn Doppelkuppe. Ich mach mr nischt draus, soit ich, und die andern worn ou eiverstanden. Mr warben also enn Ufsatz machen und 's gung ou sihr schien ge mütlich zu. Eemol spieltch mit Labelts Emile zesammte. Wissen Se.dr hat's ale Viech*) und ich ooch. Se Kinn doch Doppelkupp,Harr Friedens richter, ne? Nu ja. ich bucht mersch, daß ses ou Kinn würden. Also, mir hatten de Alen. Don spielt der Laurenz 'n grien'n Kien'g aus, Labelt gibt de Jahne. Ar mußt se gähn, se wur blank. Do i« ar allemol fuchtg.wenn se enn de blanke Jahne raushulln. „Do hat'r 'sL ....", meent ar. Bei uns qiht aber dr Kien'g über de Zahne. Se wissens? Nu, schun qutt. Etz war Barmeltammer dra, und dar sticht mit der ruten Pauline." „Was ist denn die rote Pauline?" „Das wissen Se ne amol, Harr Friedensrichter? Ne su was! lind dou spielen Se ou Doppelkupp? Nu, dr rute Ober is de rute Pauline." „Schon recht. Weiter. Also, der HerrBarmeltammer sticht. Und Sie?" „Iche? Nu, ich kuunt ne drieber und do gah ich de Eechelzahn« nei. Und uf eemol huppt Labelt ei de Hichde — wissen Se, dar huppt allemol, wenn ar fuchtg is — und heebt mr ees ei de Frässe." „Nu sowas!" „Ja, ar heebt mir ees nei. Ne ack eer, glei a paar hcebt ar mir . nei und drbei brüllt ar: Was gibst'» de Zahne nei? Ha? Warum d'n?" — „Nu", soit ich, „ich wullt mr de Koarte reengen." — Do war ar ou zufrieden mit mir." „Und was taten Sic nnn?" „Ich? Nu nischt. Mir Han watergespielt. Ich ha mir ack arscht dan Zahn vullends rausgemacht, dan ar mir lusgeschloin hatte und 's Blut ha ich mir abqewischt. Do es 's Luch, sahn Se ack har!" Dabei reißt er den Mund auf und zeigt die Lücke im Zahn fleisch. „Haben Sie nicht wiedergeschlagen? „Nee, dos ha ich ne. Ar hat ju öu nimi gezankt." „Um welche Zeit war das, als er Sie schlug?" „Nu, im a zahne Kanns gewast sein." „Haben Sie noch weitergespielt?" „Nu allemol. Bis im zwelfe." „Heute ist Sonntag. Wann ist die Sache passiert?" „Am Dvrschtge is es gewasen." „Warum sind Sie nicht gleich am Freitag zu mir gekommen?" „Nu, ich wullt erscht überhaupt niscbt machen. Aber Dixen Paul redt mir zu, ich füll Labelte verkloin.'' „Sind Sie denn böse auf Ihren Freund Labelt?" „I bewahre. Ne a brinkl." „Und da wollen Sie ihn trotzdem verklagen? Würd' ich nicht tun." Der Herr Engelschicht kratzt sich hinter den Ohren und spricht verlegen: „Nu, vo mir aus tät ichs ne." Nach einer Weile spricht er: „Na, nischt für ungut, Herr Friedensrichter. Ich lvar'n ne ve» kloin. Ich wars sein lassen. Sein Se ack ne diese für die Störung." Spricht« und empfiehlt sich. So geschehen Anno 1919. Hiner Muttersprache ehrt sich jedes Volk, in der Sprache Schatz H ist die Urkunde seiner Bildungrgeschichic niedergelegt. Jahn. *) Eichelober.