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PU. 2 O^erlsusitzerUIeimat^eitririg ist im Gegensatz zum tatsächlichen Ausenthalt und anderer seits zur Staatsangehörigkeit die rechtliche Zugehörigkeit zu -einer Gemeinde, aus welcher die kommunalpolitischen Rechte und Pflichten beruhen —", und nun folgen noch ein paar juristische Auseinandersetzungen. Das ist alles; also nicht ge rade viel. Blättern wir in einem Sprachlexikon, so finden wir, daß es z. B. ein eigenes englisches T8ort für Heimat nicht gibt. Ilkan muß es mit Geburtsort, -land, väterliches Dach oder Herd übersetzen. Ebenso ist das schlichte deutsche TOort „Heimatliebe" nur mit „Verbundenheit zu dem Boden, aus dem man geboren ist", zu übersetzen, also recht umständlich. Ganz ähnlich ist es im Französischen. Auch hier fehlt ein eigenes Wvrk für Heimat, die gleiche Umschreibung wie im Englischen ist notwendig. Das deutsche LDort „Heimat" hängt natürlich mit Heim zusammen. Aber während es schließlich viele Heime gibt, gibt es bloß eine Heimat. Denn dieses 2Vort läßt sich nicht in die Mrhrzahl setzen; es gibt nicht Heimate, weil eben nur jeder seine einzige Heimat hat. Und was damit gemeint ist, weiß ein jeder von uns. Es ist der Geburtsort, das Haus, wo unsere Wiege stand; der Gar ten rings darum mit seinen Obstbäumen und der schattignr Laube; der Rasenplatz, wo wir manch frohe Stunde mit unfern Zugendgespielen verlebten. Das Bächlein, in dem wir gebadet und dessen Wüster wir aufgestaut haben: die Fluten, über denen wir unsere Drachen steigen ließen; der Walo, der uns anfangs Furcht einjagte, später das Ziel unserer Kriegs spiele war. Das alles weiß ein jeder. Aber empfunden, welchen Wert die Heimat hat, worin der nur ihr eigene Reiz liegt, das hat wohl erst der, der von seinem Vaterhaus und von seinem Heimatort auf Wochen hinaus getrennt war. Hier war ihm zunächst alles fremd: Häuser, Straßen, Nkenschen, die stumm an uns vorübergingen. Da wünschten wir uns zu unfern Eltern und Geschwistern; wir empfanden Sehn sucht nach Hause. Das war unser erstes Heimweh. Und als wir dann später heimkehrten in unsern Ort, wie war uns dann alles so lieb und vertraut; wie heimelte uns alles an. Von unten bis oben durchstöberten wir das HanS; in alle VUnkel krochen wir; wir suchten unsere früheren Spielgefährten auf. Za auch mit toten Gegenständen hielten u ir Zwiesprache: mit dem alten Spielzeug, das wir wieder aus der Ecke kramten, mit dem W-agen, über besten Deichsel wir gesprungen. Zum ersten Nkale suhlten wir, daß dieses Stückchen Erde etwas ganz Besonderes war, was uns die Fremde trotz schöner Bauten und feingekleideter Menschen nicht ersetzen konnte. Es regte sich — allmählich immer stärker werdend — das Heimatgefühl. So ist die Heimat zunächst nur der engste Kreis, die Ort schaft, wo wir geboren. Später erweitert sie sich immer nw'w in dem Maße, als sich durch Unterricht und durch Wände sn unsere Kenntnisse ausdehnen. Wie weit die Heimat reicht? Für den einen ist sie nicht größer als der Heimatort; für den andern vielleicht um faßt sie soviel wie der Blick vom Kirchturm oder von der nächx sten Anhöhe. Wneder andere sehen in der Heimat ein Land so groß Ivie eine Amtshauptmannschaft, etwa ein paar hundert Ouadratkilometer. Aber darüber hinaus verblaßt schon der Begriff Heimat. Selbst schon im Lausitzer Tiefland — hinter Weißenberg—Bautzen—Kamenz — fühlt sich der richtige Südlausitzer nicht mehr heimisch. Da gibt es keine Lausche, keinen Oybin, keinen Kvktmar — an Stelle der ragenden Berge nur flache Hügel und Rücken; Sandstrecken, ans denen die Kiefer allein herrscht; Flüsse, die sich trägen Laufs dahinschlängeln; kleine bescheidene Dörfer; Leute mit anderer Tracht und Sprache. V?ohl fesselt ihn das alles. Aber hier möchte er nicht bleiben; es ist chm roch fremd. So umschließt der Heimatbegriss zunächst nicht einmal die ganze sächsische Lausitz, die doch selbst nur 1/200 des Deut schen Reiches darstellt. Andererseits aber ist der Begriff nicht an den politischen Raum gebunden. Mur wissen es selbst zu genau. Nur wenige Mänuten von uns scheidet das Zickzick- band der Grenze Gleiches von Gleichem. Wären nicht Grenzpsähle hier und Zollbeamte in fremder Uniform, wer wollte glauben, daß er sich in einem anderen Lande befände. Sind es nicht dieselben Berge aus den gleichen Steinen ge formt; nur die Wälder sind stiller und hoheitsvoller, die Wie sen blumenreicher und üppiger, und der Nkensch nach Kleidung, Wohnweise und Beschäftigung derselbe wie bei uns. Darum heißt ja das angrenzende böhmische Gebiet auch die Lausitz. Sie ist ein Teil unseres Heimatbodens. Mit der Entfernung von der Heimat im engeren Sinne verändert und erweitert sich naturgemäß der Begriff der Hei mat. Fragt man uns in Bantzen, woher wir stammen, jo sagen wir wahrscheinlich: aus der Zittauer Gegend. Zenseits der Elbe aber antworten wir schon: aus der Lausitz. Zn Ber lin, im Rheinland, in Bayern nsw. sind wir Sachsen. Und im Auslande vergessen wir auch unsere Stammeszugehörig keit, da sind wir Deutsche schlechthin. Wir Lausitzer hängen mit besonderer Zähigkeit an unserer Heimatscholle, vielleicht, weil sie uns den Lohn erst nach ernster und schwerer Arbeit gibt und weil unsere Vorfahren nicht selten ihre jahrzehntelangen Mächen durch Krieg und Natur katastrophen vernichtet sahen. Und auch schlimme Wirtschafts krisen haben unsere Heimat schon wiederholt heimgesucht. Zmmer jedoch hat die Heimatliebe sie mit überwinden Helsen. Durch die Berührung mit der Muttererde erhalten wir stets neue Kraft. Und eine jede Wanderung durch Gottes freie Natur — ob sie nun führt über Berge, durch Täler, über Felder und Wiesen, oder zu den Menschen selbst, in die ver träumten Winkel von Dorf und Stadt —-, es sind alles solche Berührungen mit der Mmttererde, und überall sammeln wir neue Kraft für die Lasten des Alltages. Und dennoch! Wenn wir von den Bergeshöhen Umschau halten über die Vselt zu unsern Füßen, da packt uns wohl die Sehnsucht, weiter zu wandern, zu sehen, was hinter jenen Gipfeln ist oder hinter den mächtigen TLäldern, die als breiter Gürtel die nördliche Lausitz umsäumen, Teiche und Heide um schließen. Za, hinter jenen Bergketten und Wäldern wohin n auch Menschen, die ihre Heimat lieben. Und deren Heimat lernen wir aus unsern Wanderungen und Reisen kennen. Und auch dort sind die Menschen von Hcimatliebe erfüllt. Darum sind sie uns eng verbunden. Und so schützt uns wahre Heimat liebe vor Engstirnigkeit, vor lächerlicher Kleinstaaterei oder Partikularismus. Die richtige Heimatliebe wächst über den zumeist gegebenen Raum hinaus und wird zur Liebe zum grö ßeren deutschen Vaterlands. Zst das nun gebunden an die Grenzen des Deutschen Reiches? Oder umfaßt es auch das Land unserer sndetendeutschen Stammesbrüder und das der Österreicher und Südtiroler? Das deutsche Land! Welches ist seine Eigen art? Sind es die himmelstürmenden Gipfel unserer Alpen mit dem Watzmann und der Zugspitze? Oder die Mittel gebirge, von denen fast jedes sein eigenes Gepräge zeigt? Der Schwarzwald mit seinen dunklen Tannen; der Bayrische und der Böhmer-!Wald mit seinen turmhohen Bäumen; die vul kanische Eifel, der sagenumwobene Harz oder Odenwald, Spes-