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O^erlaositzektZeimatreitulig ll5 währen. Dann wird wieder neuer Wald, neues Feld, neues Leben, neue Siedlung auf der ihrer verborgenen Schätze be raubten Scholle erwachsen. „Unter demselben Blau, über dem nämlichen Grün wandeln die nahen und wandeln die fernen Geschlechter, und die Sonne Homers, siehe, sie lächelt auch uns." Gleiche Gedanken kommen uns, wenn wir von einer der Ruhebänke der Hutberganlagen in ungestörter Stille hinib- zur Aamenz—Königsbrücker Straße und das Staatsauto m rascher Fahrt dahmeilen sehen und nur daran denken, daß vor Jahrhunderten auf dem gleichen Straßenzuge der alten Hohen Straße, langsam der Fuhrmannswagen dem Königs brücker Tore der Sechsstadt Kamenz zustrebte. Ein Thingplatz auf der Höhe des Hutberges geht seiner Vollendung entgegen. Vielleicht haben vor zwei Jahrtausenden Germanen an gleich, r Stelle stch zum Thing vereinigt! — Doch wir haben bereits die nüchterne Betrachtung unse.ar Landschaft verlassen und wollen nun mit einer heimatlichen Würdigung des Kamenzer Hntberges schließen. Hutberge gibt es gar viele in deutschen Landen, wohl mm chen, der höher aufragt, keine» aber, der sich in seinem An lagenschmück mit dem Kamenzer Hutberg meßen kann. Die prächtigen Koniferen und die herrlichen Azaleen und Rhovo- dcndrenpflanzungen erfreuen de» Kamenzer ebenso wie veu fremden Besucher. Zur Blütezeit wird der Hutberg mit Recht als der „Blühende Berg" bezeichnet. Gewährt er so allen seinen Besuchern die Freude an der herrlichen Gottesnatur, so kommt für den Kamenzer die Verbundenheit seines Heimat berges mit seinem Leben dazu. Von so mancher Bank der Hutberganlagen schaut er weit ins Land hinaus, und mit Sein Hinausschauen in die nebelverschwommene räumliche Ferne verbinden sich die Gedankengänge in örtliche und zeitliche Ferne — dahin, dahin! — So mancher Plan mag gefaßt, so manche Hoffnung gehegt worden sein beim Blick von oieses Berges Höhe, bluten liegt zu Füßen des Berges das Städtchen: Er innerungen steigen auf an frohe Kindheit, die Heimgegangenen Eltern, an Liebe und Leid. Hoch ragt aus dem Häusergewirr der Turm von St. UUarien auf: Glaube und Heimat, ziehts durch den Sinn. Und da hält der in Grün gebettete Friedhof mit der St.-Just-Kirche Blick und Gedanken fest: „Drei Hände voll Staub, die auf deinen letzten Ankerplatz hinein gesegnet werden". Ja, jetzt verstehen und empfinden wir, was Gpränger meint, wenn er sagt: „Deine Hoffnung, Deine Liebe und Dein Glaube, Dein köstlichstes Erbe und Dein heiligstes Zukunftsgut: das ist Deine Heimat". Vvm Ksmenref uncl ^scltZeic^iclitlic^en Von Dr. Gerhard Stephan Im neuen schönen Lessinghaus, womit Heimatstolz den großen Stadtsohn an seinem 200. Geburtstage ehrte, ist eine Stätte geschaffen worden, die der breiten (Masse wenig, dem Kenner außerordentlich viel bietet: Das L e s s i n g m u s e u in. Seine vier Abteilungen be richten von den (Werken und Bildern des Dichters, von seinen Ahnen und deren Nachkommen, von seinem Leben und endlich von seinen Beziehungen zu seiner Heimatstadt. Der Laie staunt, was stch hier alles für Seltenheiten na- den, Sachen, die es nur einmal in der Welt gibt: Da ist zu nächst das Jugendbild, auf dem der (Maler den jungen Gotthold Ephraim mir seinem jüngeren Bruder darstellt, wie es der Knabe einst wünschte: „(Mit einem großen, großen Haufen Bücher müßen Sie mich malen, oder ich will überhaupt nicht gemalt sein!" Weniger das Bild selbst, das einen ni Hk gerade geschickten Schöpfer verrät, als die Erzählung machen das Stück sehenswert. Dann die sechs großen Ahnen- bilder mit der beiliegenden Ahnentafel, die beweist, daß in Lessings. Adern trotz seiner duldsamen Gesinnung kein Trovfen semitischen Blutes kreist. Besonders die beiden Großvät-r, der Kamenzer Bürgermeister Theophilus Lessing und der Pastor Primarius Feller find charaktervolle Persönlichkeiten. In der Abteilung: Lessings Leben und (W erkc findet man die Original-Abbildung seiner Geburtsstättc, des alten Archidiakonats im „Pfarrgäßchen", das beim großni Stadtbrand 4 842 ein Raub der Flammen wurde. Das alle Kamenz der Lessingzeit entsteht aus den übrigen Bildern. Dun Feinschmecker und Bücherfreund bieten die zahlreichen Erü- ausgaben, Früh- und Prachtdrucke eine Fund grube von Schönem und Sehenswertem. Alle Werke Lessings dürften, wenn nicht in Erst-, so doch in Frühdrucken vorhanden sein. (Man staunt über die Fülle Lessingschen Geistes, die in seinen Schriften verankert liegt. Der gegenüberliegende Raumteil ist der Familie Les sing gewidmet. Ein großes zweibändiges Werk gibt Auf schluß über das weitverzweigte Geschlecht, das im Erzgebirge scinen Ursprung nimmt, dann über Schkeuditz bei Leipzig nach Kamenz kommt, von wo es sich in alle Welt zerstreut. 0 roch heute wohnen Nachkommen in vier Erdteilen! Bedeutende Männer find der Familie entsprossen, es seien nur erwähnt der Hussitenmaler Carl Friedrich (um 4860), der Bild hauer Otto (um 1900) und dessen Bruder, der vermögenoe Earl Robert (um 1000), dem die Stadt den Grundstock zum (Museum verdankt. Als Bemerkenswertestes dieser Ab teilung seien die beiden schlichten Pastellbildchen erwähnt, sie stellen des Dichters Bruder Gottlob und seine Gattin dar und dürften die einzigen Abbildungen dieser Perso nen sein. — — — Im ehemaligen Bürgersaale des Rat hauses ist das Stadtgeschichtliche 91t useum nntergebracht. Es birgt viele schöne Dinge: alte Ansichten aus der alten Gechsstadt und ihrer Umgebung, Ansichten von be deutenden Männern der engeren Heimat, alte Münzen, I i- nungssachen, Gegenstände des täglichen Lebens, Handwerks erzeugnisse, alte kostbare Bücher, Erinnerung an Weltkrieg und Inflation, Kostbarkeiten des kirchlichen Lebens und manches andere mehr. Für den einheimischen Geschichtsfreund eine reiche Ouelle zur Vergangenheit und Volkskunde! Den Fremden aber fesseln in erster Linie Dinge, die er anderswo weniger reichhaltig oder gar nicht vorfindet. Auch ihm kann ein Be such empfohlen werden. Er wird eine reichhaltige vorge schichtliche Abteilung vorfinden, die von der Stein zeit mit ihrer Schnnrkeramik bis in die Frühgeschichte reicht. Besonders gut ist die Bronzezeit mit ihren Abschnitten der Lausitzer Kultur (Buckelurnenzeit) und der Bill.m- dorfer (Kleintonware) vertreten. Wieder aufgebaute Gräber