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3. Schuljahre ab Vorgeschichte in der Schule pflegen könne. Er zerstreute die Bedenken, daß ein neues Wissensgebiet Eingang in die Schule verlange; nur um Erweiterung unserer geschichtlichen Erkenntnisse handelt es sich dabei. Und ihre Notwendigkeit wußte er zutreffend mit ihrer Be deutung für unser deutsches Volkstum zu begründen. Im zweiten Vortrage setzte Dr. Gandert in Bild und Wort die Darstellung der „Leitformen der vorgeschicht lichen Zeit" mit der Eisenzeit fort. In gleicher Weise wie am Vortage wurden die Hörer mit der Gliede rung dieser vorgeschichtlichen Zeit in die einzelnen Zeit stufen der Hallstattzeit, der Latenezeit, der römischen Kaiserzeit und der Wenöenzeit bekannt gemacht. Tonware, Waffen und anderes Gerät und ihre Veränderungen in Form und Technik sowie ihre Bedeutung für die einzelnen Kulturstufen fanden die ihnen zukommende Beachtung. Rund 15 000 Jahre menschlicher Kulturentwickelung von der Eiszeit bis zur Wendenzeit hatte der Vortragende mit seinen beiden Vorträgen über die Leitformen in großen Umrissen zeichnen können. Der jüngsten Zeit dieser langen Entwickelungsreihe galten die Ausführungen über „Die altslawische Religion" von Dr. Wolfgang Schultz. Über slawische Tempelanlagen berichtet der dänische Geschichtsforscher Saxo Grammaticus auf Arcona und Garz auf Rügen. Auf älterer Stufe scheint ein bilderloser Kult vor allem eines Feuergottes bestanden zu haben. Auf Beziehungen zu Feuerkulten anderer geschichtlicher Völker wurde Be zug genommen; besondere Beachtung und Darstellung fand aber die Deutung des Steines von Husjatyn in Galizien, eines vierkantigen geschnitzten Pfahles. Die Ge stalt des Gottes wurde auf jeder Fläche so öargestellt, daß die vier Köpfe oben einen gemeinsamen Hut erhielten. Es scheint die Dreiwelt (die himmlische Gottheit, ein Reigen von Männern und Weibern, ein dreiköpfiger Träger der Erde) durch den Pfahl abgebildet worden zu sein. In recht anschaulicher Weise hatte der Vortragende das Fehlen jeder künstlerischen Kultur bei den Slawen durch einen Hintergrund verdeutlicht, der uns in Bild und Wort Proben von der überaus hohen künstlerischen Kultur der Germanen innerhalb von etwa drei Jahrtausenden wir kungsvoll einprägte. Mit einem Schlußwort, daß nur der Wille zur Selbstbehauptung die Kultur eines Volkes zu erhalten vermag, wurde nochmals auf die große Bedeu tung der Vorgeschichte für die Erhaltung unserer Kultur hingewiesen. Die Reihe der Vorträge beschloß der verdiente Pfleger der Bodenaltertümer im Kreise Hoyerswerda, Damerau. Er machte uns in seinen „Beiträgen für Vor geschichte des Kreises Hoyerswerda" mit seiner verdienstvollen Arbeit der Sicherung der im westlichen Zipfel unserer Oberlausitz durch den Braunkohlenbergbau besonders gefährdeten Urkunden zur Vorgeschichte be kannt. In Bild und Wort gab er Einblicke in die Schätze der von ihm geschaffenen vorgeschichtlichen Sammlung in der Kreisstadt, wobei die besonders wertvollen und die neuesten Funde besonders wirksam herausgestellt wurden. Die Zuhörer gewannen einen wertvollen Einblick in die Art und Weise, wie durch praktische Arbeit in einem enge ren Wirkungskreise viele für die Vorgeschichte wichtige Urkunden geborgen und damit der Wissenschaft größte Dienste erwiesen werden können. Dazu begeistern und anspornen, das ist ja der prak tische Zweck auch dieses Lehrganges, der mit einem Aus fluge im Postkraftwagen nach dem für ganz Ostdeutschland vorgeschichtlich so überaus wichtigen Totenstein bei Königs hain seinen Abschluß fand. Trotz des strömenden Gewitter regens zur Abfahrtszeit hatte sich etwa ein halbes Hun dert Teilnehmer eingefunden, das nach kurzer Rast in Königshain auf dem auch als Wanderziel geschätzten Totenftein dem Führer Dr. Gandert bei seinen Mittei lungen über die Ausgrabungsergebnisse an dieser Stelle gespannteste Aufmerksamkeit schenkte. Von besonderer Be deutung ist der Fund einer bronzezettlichen Gußform für eine Sichel, der ersten in der preußischen Oberlausitz. Sie wie die anderen Fundstücke konnten des eingetretenen Regenwetters nicht, wie beabsichtigt, an ihren Fundstellen, sondern mußten in geschlossenem Raume besichtigt werden. Ein gemütliches Beisammensein vereinigte einen Teil der Teilnehmer noch ein paar Abendstunden im Austausch von Gedanken über den zweiten Lehrgang zur Einfüh rung in die Vorgeschichte. Es steht zu hoffen, daß er der Vorgeschichtsforschung weitere Hilfskräfte und Freunde ge wonnen hat und daß damit seinem Veranstalter der beste Dank abgetragen wird für feine hingebende Arbeit im Dienste dieser Wissenschaft. Alfred Hartmann. Mmr Moder Mer in Waltersdorf t. „Einer trage des Andern Last" hieß der Text, zu dem Pfarrer Hiller am 27. September 1030 für den kommenden Sonntag die Predigt sich zurechtmachte; er fühlte sich etwas müde dabei, legte sich ein wenig und schlummerte dabei still in die Ewigkeit hinüber — ruhig und friedlich wie sein Leben, war also auch sein Abscheiden. Pfarrer Hiller machte nie viel von sich reden, trat nie auffällig in die Öffentlichkeit, und doch wirkte er nebst seinem geistlichen Amte viel für seine Heimat, Heimatgeschichte war sein Lieblingsfach, und zu passenden Gelegenheiten fanden sich ab und zu in einigen Tageszeitungen — die letzte kleine Arbeit war ein kurzer Artikel über die schöne Walters dorfer Orgel in der „Oberlausitzer Dorfzeitung" am 17. September 1930 — und da besonders in der Groß schönauer „Oberlausitzer Presse" gut verfaßte Arbeiten. „Aus eines Lausitzer Dörfleins Vergangenheit, zum 350- jährigen Jubelfeste des Dorfes Herrenwalde" betitelte sich die letzte größere in dieser Zeitung am 23. August d. I. gedruckte und nachher auch als — leider vergriffener — Sonderdruck im Handel gewesene Abhandlung, und mit gewissenhafter Gründlichkeit waren darin Freud und Leid des Dörfels bis zur Gegenwart dargestellt. Das Herren wälder Heimatfest überhaupt stand unter seiner geistigen Leitung, und das es so sinnreich ausgeführt wurde, ist sehr viel sein Verdienst. Er hielt den Festgottesdienst und hatte auch die schöne, gelungene Festrede am Nachmittage übernommen. — „Die „Dörfelleute" werden seiner immer dankbar gedenken. — Die Kirchgemeinde Waltersdorf aber verdankt ihm die so schön wieder vorgerichtete Kirche, welche vor reichlich einem Jahre — am 6. Oktober 1929 — wiedergeweiht wurde und zu der er, nebst der Opfer willigkeit der Gemeinde und der baukünstlerischen Be ratung des Lanöesamtes für Denkmalspflege, vor allem die vielen der Öffentlichkeit garnicht ins Auge fallenden Vorarbeiten, die schon Jahre vorher für ihn begannen, zunächst auf sich nahm, mit Begeisterung und Hingabe das Zustandekommen des Werkes leitete und ordnete, wie auch sonst mancherlei schöne persönliche Opfer, ohne aber viel Aufsehens davon zu machen, brachte. — Wer ahnte wohl, daß er nicht länger in dem in allem so trefflich ge lungenen Gotteshause der — freilich recht kleinen — Ge meinde dienen durfte! Unter großer Teilnahme ward am 30. September se^re entseelte Hülle an der Nordseite der ihm so lieben Kirche der Erde übergeben. Ein von Pfarrer Lic. Vetter aus Seifhennersdorf abgehaltenes Ehrengedächtnis fand Sonn tags darauf in der Kirche statt. — Pfarrer Th. Hiller wurde am 9. April 1876 als Pfarrerssohn in Oberseifers dorf bei Zittau geboren. Mit 7 Jahren seinen Vater ver loren, lernte er mit seinen zwei Brüdern bald den Ernst des Lebens, besuchte zunächst das Zittauer Gymnasium, studierte in Leipzig, war von 1901—04 — noch heute in