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Gefck)icf)ie, ^eimaikunöe, Väiristlertung und Geschäftsstelle in Reichenau, Scr. FeenspneeherNr.300 SW Blatter füft ^Ku nft^itenatuv' Druef u. Verlag: Alwin Mar?', Buchdruckerei und Zeilungsvertag G.«.b.H.Neichenau i.Sa. MüttsilunpsblaU des Verbände» „Lulatia" der Humboldt-, Fortbildung»-und Gebirgsvorelne dergejamten Gbsrlausitz. — Hauptlchriftleltung: Gtto Ma rx, Bsichenau, Sa. unter Mitwirkung zahlreicher bewährter HeimatjchriMellsr. schrijtleitung sür das Gebiet der Geschichte sinjchliepllch der Heimatkunde und der Kunstgelchichte jowi« das der Volkskunde: Dr. Wolfgang Witter, Sittau, Peinzenstraßs 15 d, wohin alle diesbezüglichen Arbeiten direkt zu lenden And. — Manuskripten ist Wckporto beizu. fügen, da fönst Anspruch auf Mckf-ndung nicht besteht. — Unberechtigter Nachdruck au» der „Gberiausther Leimatzeitung" wird strafrechtlich verfolgt. — Erfüllungsort und Gerichtsstand für Bezieher und Inferenten L-ichenau, Sa. — lüosticheckeonto: Leipzig Nr. 27 5L». — Bankverbindung: Gewerbebank und Girokaffe Beichenau Nr. IS Nr. 18 31. August (Erntinq) 1930 § 11.Jahrgang Edmund Kretschmer. Zu selnem Ivo. Geburtstage am ZI. August 1SZ0. Von D r. G. T a u t e - Dresden „Singe, wem Gesang gegeben, in dem deutschen Dichterwald! Das ist Freude, das ist Leben, wenns von allen Zweigen schallt." (Uhland.) Jsts nicht, als suchte unsere Lausitzer Heimat diesem Appell am eifrigsten zu entsprechen? Allerorten sprießt Dichtersaat, Dichter des Wortes und Dichter der Töne. Und nicht erst in der Gegenwart, Jahrhunderttage er innern an ferne Vergangenheit. Hiller und Mar sch lier, Schicht und Schneider — sie alle waren Söhne der Lausitz. Und nun auch noch Edmund Kretschmer, der 31. August bringt seinen 100. Geburtstag. Auch er war einer der Unfern und konnte sich rühmen, beider Künste Meister zu sein, wenn auch seine Hauptbedeutung auf dem musikalischen Gebiete lag. Hervorgegangen aus dem Schulhause des Städtchens Ostritz als der Sohn des Rektors F. H. Kretschmer, hatte er vom Vater nicht nur die „Natur", sondern auch eine starke musikalische Befähigung geerbt. Sie zu entwickeln, fand er schon in frühen Jahren im Elternhaus, in Kirche und im Gesangverein vielfache Gelegenheit. Mit 16 Jahren begann er in Dresden die Vorbereitung für den Lehrer beruf und zugleich die weitere Ausbildung seiner musika lischen Fertigkeiten, wozu ihm ja die Kunststadt vielfache Möglichkeiten bot. Ja, gewisse Personen, denen er nahe trat, übten einen so mächtigen Einfluß auf ihn aus, daß er sich im stillen entschloß, sich einmal ganz der Musik zu zuwenden. Zwar trat er nach vollendeter Vorbereitung in den Dresdener Schuldienst ein, arbeitete aber auch jetzt noch an seiner künstlerischen Weiterbildung. Bei dem Meister des deutschen Männergesanges, Julius Otto, nahm er Unterricht in Harmonielehre und Kontrapunkt, da ihm der Besuch eines Konservatoriums nicht möglich war. Bei fortschreitender künstlerischer Entwicklung zeigte cs sich, daß Kretschmers musikalische Befähigung sich ebenso stark auf dem Gebiete der weltlichen wie der kirchlichen Kunst erwies, und es traf sich höchst günstig, daß er 1884 das Hilfsorgantstenamt an der Dresdener kath. Hofkirche erhielt, das er neben seinem Schuldienste ausüben konnte. Um den Anforderungen dieser Stellung ganz gerecht wer den zu können, begab er sich in die Schule des berühmten Orgelmeisters I. G. S ch n e i d e r, unter dessen Augen er den Grund zu seiner späteren Meisterschaft auf der Köni gin der Instrumente legte. Nachdem Kretschmer beide Ämter fast ein Jahrzehnt gemeinsam geführt hatte, wurde ihm die zweite Hoforga nistenstelle übertragen, mit deren Übernahme er seinen Schuldienst niederlegte, um sich in Zukunft ganz der Musik zu widmen. Mit diesem Amte verband er seit 1872 die Stel lung eines Instruktors der Kapellknaben jenes seit 1708 bestehenden Instituts, das durch August den Starken zur Mitwirkung bei den musikalischen Aufführungen in der kath. Hofkirche gegründet worden war. Eine wesentliche Erweiterung erfuhr Kretschmers amt liche Wirksamkeit, als im Jahre 1880 die Kirchenmusik der Hofkirche einer gründlichen Umgestaltung unterzogen wurde. Es wurde zur Erleichterung des Orchesters die Vokalmusik bedeutend erweitert und der Sängerchor ent sprechend verstärkt. Die Leitung sämtlicher Vokalmusiken aber wurde Kretschmer übertragen, der außerdem den Titel eines König l. Kirchenkomponisten erhielt, eine Auszeichnung, die vor ihm nur ganz hervorragende Männer, wie I. G. Naumann (1764—1776) und Joseph Schuster (1773—1782) erhalten hatten, die aber seit 1824 überhaupt nicht mehr verliehen worden war. Im Jahre 1886 wurde Kretschmer zum 1. Hoforganisten ernannt, und 1894 erhielt er den Titel eines Königl. Kapellmeisters, dessen Wirksamkeit er aber schon seit 1880 ausgeübt hatte. Bei seinem Scheiden aus dem Amte wurde ihm der Titel eines Hofrates verliehen. In diese durch einige wichtige Ereignisse gekennzeich nete amtliche Laufbahn fügt sich eine reiche tonsetzerische Tätigkeit ein, die sich über das Doppelgebiet der weltlichen und kirchlichen Musik erstreckt. Obwohl beide zeitlich nicht getrennt sind, sondern in bunter Folge abwechseln, sollen sie doch hier gesondert zur Darstellung gelangen.