Volltext Seite (XML)
Frauen, welche zwar nicht ganz der Welt entsagen wollten, aber doch nach damaligen Ansichten sich ihre Seligkeit sichern wollten, wurden Regelschwestern, so genannt, weil sie, wie man sich ausdrllckte, nach der dritten Regel St. Franzisci lebten. In den IM Jahren des Bestehens dieses Instituts mag so manche Zittauer Jungfrau darin ihre Tage beschlossen haben. Ein solches Negelhaus stand westlich neben der Kloster kirche. Die Anstalt ward mit unter die Aufsicht des Klosters gestellt. Beim Jubiläum der Zittauer Reformation 1721 wurde dieses Haus durch eine Illumination ausgezeichnet. Im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts ward das Wesen dieser „christlichen und andächtigen Jungfrauen der dritten Regel St. Franzisci" als scheinheilig erkannt. Man hatte entdeckt, daß sie Sterbenden, die sie besuchten, ihr Vermögen abschwatzten und solche erschlichene Vermächtnisgelder im Regelhause, auch in Privathäusern, versteckten. Zittaus Reformator, Heidenreich, half dieses Unwesen ans Licht ziehen, und der Stadtrat ergriff entschiedene Maßregeln, indem er den Negelnamenverein aufhob. Von den Freuden der Zittauer Jungfrauen ist be sonders der Tanz hervorzuheben,' die Mädchen aller Zeiten haben ihn stets geliebt und nie sich nehmen lassen. Ja, als 1566 wegen großer Türkengefahr Kaiser Maximilian II. alle weltlichen „Freudentänze" untersagte, wurden doch die Hochzeitstänze ausgenommen. Auch im 30 jährigen Kriege mutz es Tanz gegeben haben; denn eine Chronik erzählt, daß zwei schwedische Offiziere beim Tanz uneinig wurden und hinter der Mauer am böhmischen Tore ein Duell ge habt haben, wobei Major von Reibnitz einen Rittmeister erschoß, der in unserer Johanniskirche begraben wurde. Zur besseren polizeilichen Aufsicht war ein Teil des Rat hausgebäudes bestimmt, an keiner andern Stelle durfte offner Tanz gehegt werden. Der Tanzboden war aus den Steinen der alten Frauenkirche von 1539 gebaut. Später, nach dem Brande, wurde in dem alten Kaufhaus und in der „Sonne" getanzt. Wie die Zittauer Hausfrauen sich dabei zu verhalten hatten, darüber wurden sie durch publizierte Tanzgesetze vom Zittauer Rat belehrt. Bei Hochzeiten mochte die Einladung der jungfräulichen Gäste durch junge Herren zu manchen Mißbräuchen Veranlassung gegeben haben, darum ward 1567 und 1616 verordnet, daß die Jung frauen nur von zwei ehrlichen Frauen zum Essen, Trinken und Tanzen geladen und von ihren Eltern aüsgebeten werden. Die Polizeiordnung von 1616 bestimmte, wieviel Mädchen bet dieser Hochzeit teilnehmen konnten. Die Zahl der Jungfrauen ward nach den Ständen bestimmt. Ein stattlicher Bürgersmann mit guten Vorräten konnte zu 6 Tischen 16 Jungfrauen laden, ein gemeiner Bürger zu 5 Tischen 12 Jungfrauen, ein Gärtner 3 Tische, 8 Jungfrauen, ein Mieter 2 Tische und 6 Jungfrauen. Für jeden überzäh ligen Tisch bestimmte das Gesetz eine Strafe von 10 Tha- lern, für jede Jungfrau 1 Thaler. Entführung von Mädchen gab es früher auch schon, der Entführer wurde mit dem Tode bestraft. Am 12. März 1592, als eine große Glocke auf den Johannisturm gezogen wurde und Aller Aufmerksamkeit nur an dieser Glocke hing, entführte Georg Hartmann die Dorothea Seiler auf der Neustadt, die ihm der Vater verweigerte. Nebst ihrem Dienstmädchen, setzte sich das Jüngferchen zum Entführer. Der Weg ging nach Bernstadt, wo sie sich trauen lassen wollten, was jedoch aus Mangel an Legitimation unter blieb; sie saßen daselbst 20 Wochen gefangen, wurden aber später zu Görlitz noch getraut. Die jungfräuliche Unschuld war in früheren Zeiten durch strenge Gesetze geschützt. Die Strafe der Verführer war außer hohen Geldstrafen Pranger, Rutenhiebe, Ver weisung, ja selbst Abschneiden der Ohren, und das Schwert stand als Strafe auf gebrauchter Gewalt. Daß in früheren Jahrhunderten Witwen weit häufiger sich wieder verheirateten, ist aus der Menge der Beispiele ersichtlich. 1542 bestimmte der Bürgermeister Flösse!, daß verwitwete Bierbürgerinnen entweder heiraten oder die Bierhöfe verkaufen müßten. Ward eine Witwe in Unehre Mutter, gab es eine besondere Strafe; eine solche mußte 1627 250 Thaler Strafe bezahlen und bekam außerdem ein Jahr Hausarrest, andere wurden Landes verwiesen. Das Stadtgesetz von 1567 bestimmt, daß eine erstmalig Gefal lene ein Jahr lang im Gefängnis sitzen sollte. Begäbe es sich aber, daß eine solche zuvor anrüchige Person zum andernmal zu Fall käme, so soll sie auf drei Jahre aus dem Zittauer Weichbild verwiesen werden, beim dritten Male durch den Henker mit Rutenhieben aus der Stadt getrieben und des Landes zu ewigen Zeiten verwiesen werden. Es geschah auch, daß eine solche Gefallene sich unter stand, im Kranze vor den Altar zu kommen, wo ihr der selbe polizeilich abgenommen wurde. Statt des Ehren kranzes mußten auch manche den Strohkranz tragen. War die Vertreibung mit Hieben verbunden, so nannte man es hinauspeitschen, ausstreichen, hinauspauken. Ein Exempel statuierte 1648 der Kommandant, der von zwei Soldaten, welche zwei Mädchen mißbraucht hatten, einen auf den hölzernen Esel setzen, den andern an eine Säule schließen ließ. Allzu streng war man insofern, als die Strafen für das weibliche Geschlecht grausamer, unmenschlicher waren, als für männliche große Verbrecher. Die Kindesmörde rinnen wurden früher gesackt und lebendig begraben. Das Säcken dieser und mancher Ehebrecherinnen geschah in der Neiße unweit des Galgens, z. V. 1683, auch 1527 eine viel fache Ehebrecherin, 1530, 1713, 14, 18, 1726 ein Dienstmädchen wegen Ktndermord, zuletzt 1749. Sie wurden nebst Tieren, wie Hund oder Katze, in einen Sack gesteckt und 6 Stunden unter Wasser gehalten, wobei der Schülerchor den Gesang anstimmte: „Aus tiefer Not schrei ich zu dir", dann ver scharrt. Auch muß man fragen, ob nicht die Greuel eines Hexen prozesses vorgekommen sind, ob nicht solche Beschuldigung auch hier alten Frauen das Leben gekostet hat. Keineswegs fehlt es da an Beweisen. Wie schon oben gesagt, gab es ein angeblich bezaubertes Mädchen, namens Gottschalk. Der Verdacht der Behexung ruhte auf einer alten Frau, namens Sabine, welche mit Gottschalks Familie ums Jahr 1700 in einem Hause wohnte. Sie ward als Hexe eingesetzt und, wenn der Chronist nicht fabelt, damit sie die Erde nicht be rührte, im Stockhause in Ketten frei aufgehangen. Von ausgezeichneter Treue Zittauer Frauen bis über den Tod ihrer Männer hinaus hat unsere Stadtgeschichte ein ganz eignes Beispiel. Als 1528 der Brandstifter Hübner gevierteilt und an jedes Tor ein Viertel gehenkt war, wußte seine Frau ein Viertel vom Bautzner Tor zu ent wenden und zu begraben. Es war zu hart, daß man sie dafür nicht allein gefangen setzte, sondern daß sie die Tat auch mit ihrem Tode büßen mußte. Zuweilen vereinten sich Frauen zu Zwecken, die sie einzeln nicht erreichen konnten. Ein solcher Frauenverein bildete sich 1580, mehr als 40 Frauen zogen zum Bürgermeister Scherfstng, um die Ab setzung des Primarius Sünder rückgängig zu machen, der wegen Hinneigung zur calvinischen Lehre und wegen Un erträglichkeit seines Amtes entsetzt werden sollte. Doch ihre Fürsprache war vergeblich. Mehr vermochten 1632 beim kaiserl. Oberstleutnant Fuchs die Fürbitten einiger Edel frauen, die einen Soldaten von der Enthauptung losbaten, als schon ein Fuder Sand zur Hinrichtung am Markt an gefahren war. Nicht so glücklich war ein solcher Versuch 1813 beim Fürsten Poniatowsky.