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Der Hirschberger Großteich ist nicht, wie man annehmen könnte, ausschließlich ein Werk der Natur, übereinstimmend besagen ältere Nachrichten, daß er von Kaiser Karl dem Vierten im Jahre 1366 angelegt worden ist, derselbe soll zu Zeiten mit eigenen Händen dabei geholfen haben. Es handelt sich in diesem Falle wohl um die Erweiterung eines schon vorhandenen großen Teich- und Sumpfgebietes für die Zwecke der Fischzucht. In seiner Bedeutung als Badeort ist unser Hirsch berg freilich erst jungen Ursprungs. Noch vor einem Jahr zehnt lagen Ort und See auch während des Sommers in beschaulicher Ruhe. Nur in den Kreisen der Ornitho logen und Botaniker hatte der Großteich schon immer einen guten Klang, und alljährlich stellten sich einige der selben ein, um an seinen stillen Ufern reiche Ausbeute zu finden. Und es gab auch schon eine kleine Zahl Sommer frischler, die das kleine billige Städtchen Hirschberg oder die wenigen Häuser von Thammühl als Erholungsaufent halt ausersahen. Das wurde mit einem Schlage anders, als nach dem Kriege Baden und Schwimmen in erhöhtem Maße beliebt wurden und das Familienbad in Aufnahme kam. Die erstaunlich rasche Entwicklung der Orte zu vielbesuchten Binnenseebädern erfuhr eine Unterbrechung und Hemmung durch die reichsdeutsche Inflation, in der man sich für eine lächerlich geringe Anzahl Kronen ein Ostseebad leisten konnte. Als aber Anfang 1924 die Goldmark ihre Herrschaft antrat, da flutete der Strom der Baöelustigen nach Böh men zurück und Htrschberg und Thammühl erlebten einen beispiellosen Aufstieg. Und obwohl allerorten und in be sonders großzügiger Weise gebaut wurde, vermochten die vorhandenen Wohnstätten in der Hauptbadezeit dem lawi nenartig wachsenden Andrang kaum zu genügen. Es ist ver ständlich, daß sich damit auch die Preise in aufsteigender Linie bewegten, doch sind dieselben heute immer noch als erträglich zu bezeichnen. Daß gleichzeitig viel zur Hebung des äußeren Eindrucks, vor allem zur Ausgestaltung des Badestrandes, geschehen ist, muß zugegeben werden, doch bleibt gerade in dieser Hinsicht noch mancherlei zu tun übrig. Und so entwickelt sich, wie wir in diesem Jahr fest stellen konnten, am Hirschberger See ein Strandleben, wie es ein Ostseebad von etwa mittlerer Größe auch nicht anders bieten kann. Wenn auch einen großen Teil der Besucher naturgemäß die Tschechoslowakei, insbesondere ihre Landes hauptstadt Prag stellt, so strömen doch Reichsdeutsche, unter ihnen Sachsen, in Hellen Scharen herbei. Und obwohl die anwesenden Tschechen sich ausgiebig ihrer Muttersprache bedienen, behauptet die deutsche Sprache noch entschieden ihre Vorherrschaft, und der ursprüngliche rein deutsche Charak ter der Orte ist noch klar zu erkennen. Mögen die reichs deutschen Seebäder in ihren Einrichtungen unseren Groß teichbädern noch vielfach voraus sein, in landschaftlicher Be ziehung stehen sie ganz gewiß über ihnen. Bei einem Vergleich der Orte Hirschberg und Tham- mtthl müssen wir, wie schon erwähnt, sagen, daß beide ihre besonderen Vorzüge besitzen. Hirschberg hat einen großen, sandreichcn Badestrand, während der von Thammühl be deutend kleiner ist, doch verbindet dieser die Reize des See bades in erhöhtem Maße mit denen des Gebirges, da sich hier prächtige Sandsteinfelsen unmittelbar am Ufer er heben. Wer einen mehr ländlichen Aufenthalt liebt, wird diesen Ort wählen, wen das Leben der Kleinstadt anzieht und gewisse städtische Eigenschaften nicht entbehren kann, wird in Hirschberg Wohnung nehmen. Beide Seebäder sind übrigens durch einen regelmäßigen Motorbootverkehr mit einander verbunden, zudem ist Gelegenheit zu genußreichen Bootsfahrten reichlich vorhanden. Von den zahlreichen in fast allen Fällen außerordentlich lohnenden Ausflugsmög lichkeiten soll bei anderer Gelegenheit die Rede sein. O.Sch. Werbt für die Gberlaufitzer Heimatzeitung! i Beitrage zur Geschichte Jonsdorfer Flurnamen 4. Die beiden Orgeln Ungefähr in der Mitte des Mühlsteinbruchgebietes lie gen auf einer steilabfallenden Felszunge über einer ziem lich tiefen, engen Schlucht sEckerts Loch) zwei geologisch merkwürdige Felsgebtlöe, deren von dunkelbraunen Eisen bändern durchzogenes Gestein in reichlich mannshohe, 8— 10 Zentimeter dicke Säulen gespalten ist: die große ünd die kleine Otgel. Sie lenkten seit Mitte des vorigen Jahr hunderts zunächst das Interesse der Geologen aus sich. In der Gegenwart werden sie alljährlich von mehreren Hun derten von Fremden und Einheimischen ausgesucht und be staunt. Bietet doch auch die kleine Felsplatte, auf der sie stehen, ein angenehmes Ruheplätzchen in stiller Waldein samkeit mit herrlichem Ausblick auf das neue Dörf mit der „Heide" und darüber hinaus bis zu den „Löbaücr Bergen" und der „Landeskrone" bei Görlitz. Vor der genannten Zeit dürften die beiden Orgeln kaum allen Ortsbewohnern bekannt gewesen sein. Im Flurnamenverzeichnts der „Ge schichte von Jonsdorf" aus dem Jahre 1836 sind sie nicht mit aufgezählt. Als Ursache dieses Unbekanntseins könnte man vielleicht annehmen, daß die Säulenform ihres Ge steins wegen des öfteren Vorkommens derselben in den Vasaltbrüchen der Zittauer Gegend und des angrenzenden Böhmens nicht besonders auffiel, ja, daß man die Jonsdor fer Sandsteinsäulen selbst für Basaltsäulen hielt. Erst durch die Forschungsergebnisse zweier Zittauer, des Prof. Alb. Herrn. Preßler (1837 Lehrer, 1852 interim. Direktor an der königl. Gewerbeschule Zittaus und des Apothekers C. F. Reichel, niedergelegt in „Einige Beiträge zur Kenntnis der Verwitterung, im Bef. der des Klingsteines und Basalts" v. A. H. Preßler (Gewerbeschulprogr. Zittau 1881), und „Die Basalte und säulenförmigen Sandsteine der Zittauer Gegend in Sachsen und Böhmen" von C. F. Reichel (Leip zig — Wilh. Engelmanns, wurden Gelehrte und Laien auf diese interessante Naturerscheinung aufmerksam. Der letzt genannte schreibt von den beiden Orgeln: „Einen Schatz, einzig in seiner Art, finden wir auf der östlichen (?) Hoch ebene. Nebeneinander prangen zwei niedrige Sandstein blöcke, bestehend aus basaltartigen, aufstrebenden, eng ver bundenen schlanken Säulen: vergleichbar in ihrer Gesellung jenen bekannten Bergen, dem Königstein und Lilienstcin. Die schlichte Auffassung der Umwohner gab ihnen den treffenden Namen der „Orgelpfeifen". Der sinnende Geo loge mag aber noch manches Jahr zu diesen Altären der Demütigung wallfahren, ehe er imstande sein wird, eine allen annehmbare Hypothese über die Entwicklung der selben aufzustellen." — Das ist die erste Urkunde von die sem jetzt weit und breit bekannten, vom Sächs. Heimatschutz betreuten Naturdenkmal und seinem ursprünglichen Namen. Verfasser stellt den „Umwohnern" das ehrende Zeugnis aus, daß sie in dieser „treffenden" Benennung schlichte Auffassung bekundet hätten. Leider wurde etwa drei Jahrzehnte später diese einfache, sachliche Bezeichnung in den etwas hochtönenden Namen „Humbvldtorgel" umge wandelt, weil erzählt wurde, daß Alexander v. Humboldt 1861 in Jonsdorf gewesen sei und die beiden Orgeln mit besichtigt habe. Da der Name „Orgel" die Sache nicht so scharf faßt wie der ursprüngliche, sondern meist falsche Vor stellungen und Auffassungen erweckt, ist es wünschenswert, zu letzterem zurückzugreifcn. Reichel hat seinen, Merkchen außer anderen bunten Bildern auch eins der „Jonsdorfer Orgelpfeifen" beigefügt, welches zeigt, daß die beiden Fels bilder zu jener Zeit „umfangreicher" gewesen sein müssen als jetzt. Leider ist dieser „Verfall" nicht bloß dem „Zahn der Zeit" zuzuschreiben, sondern auch „ruchlosen" Händen „unreifer" Menschen, die ganz unbedachterweise ihrer Sam-