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Kulturgeschichtliches zu Bertrams Heimatspiel „Unterm Hussitenschwert" Bei dem Übergange der Oberlausitz in die Verwaltung der askanischen Markgrafen von Brandenburg — eine Folge der Verheiratung Markgraf Otto des Dritten mit Beatrix, der Tochter des böhmischen Königs Wenzel (1W3) — befand sich das Land in wirtschaftlicher wie auch geist licher Beziehung dank dem Zusammenwirken aller Kräfte in dem Zustande der gesunden Entwicklung und des Auf stiegs. Wie Brandenburg, so verwaltete Otto der Dritte nunmehr auch die Obcrlausitz gemeinsam mit seinem Bru der Johann dem Ersten. Von diesen beiden Herrschern wurde die Stadt Lauban 1264 erweitert. In der dem Tode der beiden Fürsten folgenden Erbteilung ll- 5. 1268) er hielt ein Sohn Otto des Dritten, Otto der Lange, den Ost teil der Oberlausitz, das Land Görlitz, zu dem auch Lauban gehörte. Mit Zustimmung Otto des Langen stifteten die Lau- baner Bürger 1273 ein Franziskanerkloster, das ungefähr an derselben Stelle stand, wo nun die Kreuzkirche ihren schlanken Turm gen Himmel reckt. Die daran vorüber führende Straße trägt noch heute nach den einstigen Kloster bewohnern den Namen Brüderstraße. Die mit ihr gleich laufende schmale Gasse bezeichnet man noch in der Gegen wart als Mönchgasse und den alle anderen Wehrtürme Laubans an Höhe und Stärke überragenden Wartturm am Ausgange der Brüderstraße als Brttderturm. Ist diese Klosterstiftung zunächst ein Zeichen von Frömmigkeit der Laubaner Bürger, so beweist sie andererseits, daß die Bür ger es in den etwa 60 Jahren des Bestehens der Stadt durch Fleiß und Betriebsamkeit zu einem gewissen Wohl stände gebracht hatten. Soweit auch die Handwerkskreise daran beteiligt waren, verdankten diese ihre Erfolge vor allem ihrem Zusammenschluß zu Interessengemeinschaften, Zünfte genannt, unter denen, wie wir schon wissen, die der Tuchmacher, der Fleischer, der Bäcker und der Schuhmacher sehr bald eine hervorragende Stellung einnahmen. Ihre Waren stellten die Handwerker nicht wie heut in einem mit der Privatwohnung verbundenen Laden, sondern in hölzernen, auf der Mitte des Marktes stehenden Buden zum Verkauf. Daraus wurden im Laufe der Zeit feste, hölzerne Gebäude. Als eine Art Mittelpunkt entstand so die „öomus forensis", die sich allmählich zum Rathaus aus wuchs. Die noch heute auf der Mitte des Marktes stehenden und sich an die Westseite eines massiven Häuservierecks lehnenden festen Krambnden vermitteln uns ein Bild jenes Entwicklungsganges. Für die Benützung dieser Verkaufsstände, die man „Bänke" nannte, mußte von den Inhabern eine Abgabe an den Landesherrn gezahlt werden. Nach und nach brachte die Stadt das Recht zur Einziehung dieser Abgaben an sich. Wie von den Banken, so wurde auch von den zum Verkauf gestellten Waren und dem dazu benötigten Rohstoffe eine Abgabe, ein Zoll, gefordert. Man unterschied dabei den Marktzoll und den Durchgangszoll. Der Marktzoll lag hauptsächlich auf den Erzeugnissen der nächsten Umgebung. Seine Erhebung wurde wahrscheinlich nach dem Vorgänge der Stadt Görlitz sehr bald zu Zwecken der Belebung des. Marktes eingestellt. Der Durchgangszoll ist bis zum 19. Jahrhundert bestehen geblieben. Die vereinnahmten Sum men flössen anfänglich in die Kasse des Landesherrn, später in den Stadtsäckel. Zu dem Rechte der Erhebung von Durchgangszöllen wurde den Städten später auch noch das Stapel- und Nie derlagsrecht gegeben. Die Städte ließen seitdem den rei senden Kaufmann ihr Weichbild nicht durchfahren, ohne daß er seine Waren ausgepackt, auf Stapel gelegt und sie den Bürgern während einer gewissen Zett zum Kaufe ange- Lotcn hätte. Dem Bestreben des Handels, sich solchen Be- j schränkungen durch Umgehung der Stadt zu entziehen, trat die städtische Handelspolitik durch Ausübung des Straßen zwanges entgegen, indem jeder reisende Kaufmann zur ausschließlichen Benutzung der in die Stadt mündenden Straßen genötigt wurde. Diese Ausübung des Straßen zwanges sollte im Jahre 1425 den Anlaß zu einer Fehde der Stadt Görlitz mit dem Ritter Gotsche Schoff auf dem Greiffensteine bilden, von der später noch einmal die Rede sein soll. F. V. Die Fehde des Gotsche Schoff mit der Stadt Görlitz Ein geschichtlicher Beitrag zu dem F. Bertramschen Heimatspiele „Unterm Hussitenschwert" Wie schon früher angedeutet wurde, spielt in dem ersten Akte des Laubaner Heimatspieles auch die Fehde des Ritter Gotsche Schoff vom Greiffenstein mit der Stadt Görlitz eine Rolle. Was hatte es mit dieser Fehde auf sich? Görlitz als der Knotenpunkt der von West nach Ost und von Süden nach Norden führenden Handelsstraßen erhob schon sehr früh den Anspruch, daß alle Kaufleute, die ihre Waren von Zittau nach Schlesien ausftthrten, das Neiße- tal herab über Görlitz zu ziehen hätten und die von Zittau über Friedland oder über Seidenberg und Schönberg nach Schlesien führenden Nebenstraßen mieden. Ende Juni 1425 wurde den Görlitzern wieder einmal hinterbracht, daß diese verbotenen Straßen trotz aller Verbote fleißig benützt würden. Sofort gingen deshalb Görlitzer Söldner „in die Hute" nach Friedland und Marklissa und sperrten die Straßen nach Greiffenberg. Dagegen erhob Gotsche Schoff, dessen Geschlecht damals außer der Herrschaft Greiffenstcin noch die Herrschaften Kemnitz und Kynast besaß, Einspruch. Allerdings vergebens. Da überfiel er denn kurzer Hand im Juli die Görlitzer Mannschaften in Marklissa, nahm 13 berittene Leute gefangen und setzte sie auf dem Greiffen steine in die Türme. Auf einer Tagung der Sechsstädte zu Löbau (6. 7.) richteten diese eine Botschaft an Gotsche Schoff, in der sie „dienstlich" um Loslassung der Gefangenen bauten. Der Rit ter lehnte ab und schickte sogar nach vielem Hin- und Her handeln den Görlitzern einen Fehdebrief. Das bedeutete den offenen Kriegszustand zwischen beiden Parteien. Die Görlitzer Kaufleute waren durch Streifzüge, die Gotsche Schoff unternehmen ließ und die sich auch auf die von Lauban aus führenden Handelsstraßen erstreckten, aufs äußerste gefährdet. Der Handel, der Lebensnerv der Stadt Görlitz, stockte. Da ritten die einflußreichen Oberlausitzer Adligen zu Gotsche Schoff auf den Greisfenstein und etwas später nach Tschocha und redeten ihm zu, seine Feindschaft aufzugeben. Er zeigte sich auch versöhnlich, ließ etliche Ge fangene auf Zeit frei und verstand sich zu einem Tage zu Lauban und Bertelsdorf. Dieser Tag lam 29. 7.), zu dem die Parteien eine stattliche Zahl ihrer Helfer aufgeboten hatten, verlief ergebnislos, ja, er verschärfte die Gegen sätze. Schoff forderte die entlassenen Gefangenen zurück und diese mußten sich wohl oder übel stellen Die stolzen Görlitzer waren darüber aufs äußerste empört. Sie rüsteten zur Heerfahrt, „um mit Gotsche Schoff zu kriegen". Und weil der Stadthauptmann, Hans von Bolberitz, im Verlaufe der Fehde ebenfalls in die Gewalt des Ritters gelangt war, zog man als bewährte Söldner führer Folzsch von Torgan, Wenzlans von Polenz und Niklas von Ponikau in der Stadt Dienste. Um dem Lande Unheil zu ersparen, suchten die Vertreter der Oberlausitz bei einer Zusammenkunft auf Tzschvcha und Marklissa auf Gotsche versöhnlich einzuwirken. Ihre Bemühungen hatten den Erfolg, daß er am 14. August die Gefangenen gegen eine Bürgschaft von 299 Schock Groschen frei gab und den Urlaub später sogar bis zum 26. Dezember verlängerte.