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Nr. 6 —— Hderlaufltzer HelmaizeitunZ öS Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius Vf (Iortsktzung) Gotthelf riß wütend die Pfeifenspitze aus dem Munde. Herr des Himmels, mußte denn das Schwatzmaul seiner Alten ihn selbst immer mit blamieren. „Doas hoa 'ch oh schon» ost gdocht," begleitete er ihre Verzückung. Prompt ließ sich der Riegerbauer vernehmen: „Doas gleb 'ch." Wenn er auch selbst keine Fopperei vertrug, so meinte er doch das Recht zu haben, andere damit be denken zu können. Der Krautbauer aber in seiner verärgerten Stimmung war nun auch empfindlich geworden. „Du host goar nischt zo gleebn, oder hichstns doasselbe vo denn Majdl, wenn oh wieder of an anner Oart." „Himml Donnerwater!" August hieb die Faust auf den Tisch und sprang auf, wie von einem Insekt gestochen. Doch Gotthelf versetzte bereits wieder phlegmatisch: „Dastwajgn brauchst no kee Stieh-uf-Mannl zo warn. War austeeln will, muß abn oh eisteckn." Lenore hielt es für an der Zeit, etwaigen Streitig keiten vorzubeugen, weswegen sie beschwörend rief: „Do hörrt ock wingstns uf, wu onser Tonl do ös." „Onser?" Iech wößt nö, woas a miech oaging," brüllte Rieger erbost. Lenores Antlitz glänzte schon wieder wie lauter Sonnenschein, als sie bedeutungsvoll erwiderte: „Woas nö ös, koan ju no warn." Das war deutlich genug gewesen, und August hatte es auch sehr gut verstanden. Wütend biß er sich in die Lippen, um eine scharfe Entgegnung zu unterdrücken. Aber bei sich dachte er, die alte Schwätzerin werde sich da grimmig schneiden. Die Perle des Kraulhofes war herangekommen. Mit verlegenem Lachen, das dem Meckern eines Schafes ähnelte, begrüßte er den Riegerbauer. Und die Mutter fand darob gleich wieder Anlaß, entzückt zu rufen: „He- hehehe, woas a fer Freedn Hot!" Nochmals ließ der Bursche in seiner Unbeholfenheit ein Lachen hören. „Hähähähä", kam es aus dem breiten Munde. „Hehehehe", echote Lenore verzückt. „Höhöhöhö", bellte Rieger belustigt dazwischen. „Hmhmhmhm", knurrte Gotthelf Kraut mißmutig. Lenore rückte in die Mitte der Bank und bot ihrem Sohne Platz an: „Nu setz D'ch ock, mei Tonl!" „Höhöhöhö", klang noch immer Riegers schallendes Gelächter. Das fiel dem Gotthelf auf die Nerven und veranlaßte ihn zu der Mahnung: „August, woas zo vill ös, ös zo vill. Nu hier uff!" Lenore aber mischte sich in völliger Verkennung der Situation ein: „Do loßn doach lachn! Iber onsn Tonl hoan oall Leut Freedn. Ock Du böst a Roabnvoater," worauf der Rabenvater schwieg und um so grimmigst an seiner Pfeifenspitze sog. Tonl ließ sich umständlich nieder, lachte noch mit offenem Munde in die Welt hinein und begann: „Du, Motter, de Grußmoid Hot gsoit..." Doch der Wortschwall Lenorens schnitt ihm die Rede ab. „E Du, loß ock ötze de Oarbeit sein! Heut ös Sonntg. Ieija, onser Tonl Hot ock ömmer 's Römschuftn en Kopp. Nee aber, wu össn de Ruth heute? Die läßt 'ch ju goar ne sahn." Rieger erwiderte trocken: „Se koacht Kaffee." Lenore puffte ihren Sohn und flüsterte ihm zu: „Gieh ock a brinkl nei zuner, und soi gun Tagg!" Der Aufgesorderte aber begann wieder: „Du, Motter, hörschte Du!" „Woas denn, mei Suhnl?" „Du, Motter, de Grußmoid Hot gsoit ..." „Loß ock doas ötze! Gieh lieber nei!" Tonl schob seinen Riecher in die Höhe und sthnup- perte nach der Haustür zu. „Tun mer ötz Koaffee trinkn?" fragte er naiv. Ob dieser Frage fühlte sich gar die für ihren Sohn so außerordentlich eingenommene Mutter betroffen und flüsterte ihm verweisend zu, so dürfe er doch nicht fragen, wenn er bei fremden Leuten sei, worauf Tonl laut zur Antwort gab: „Be fremdn Leutn? Mr sein doach ock den Nobber August." Rieger steckte wieder seine dröhnende Lache auf und sagte zu Tonl begütigend: „Host ganz raicht. Mr trinkn ötz Kaffee." Darauf erhob sich der Bursche und meinte, da werde er immer oorausgehen. Vorerst aber wandte er sich nochmals zur Lenore: „Aber Motter, meßt?" „Woas össn nu no, mei Suhnl?" „Nu, de Grußmoid Hot abn gsoit ..." Doch da war endlich auch einmal die Geduld der Mutter gegenüber ihrem Söhnlein zu Ende. Erregt fuhr sie auf: „Bis ock nö su oalbern! Iech will ötz nischt wössn. Gieh ock!" „Euja", sagte Anton Kraut und ging, ohne sich dar über ausgelassen zu haben, was denn nun eigentlich die Großmagd ihm anvertraut habe. Unterdessen hantierte Ruth in der Klicke. O weh, hatte sie eine Laune. Polternd stieß sie die Buchenscheite in den Ofen, klirrte dann ziellos mit Töpfen und Tassen und wußte nicht, an wem sie ihren Groll auslassen sollte. Sie hatte schon früher die Krautbauersleute nicht eben gern gesehen, aber jetzt, wo sie sich in ihrer Wut so voreilig dem Vater gegenüber vermessen hatte, den Tonl zu heiraten, konnte sie die Leute von drüben nicht erriechen. Das war ja wieder einmal ein Sonntag! Erst die Auseinandersetzung mit dem Vater, dann den Arger darüber und das Kopfzerbrechen, wie man die böse Fasoldn auf den Vater Hetzen könne, und nun gar noch diese alberne Person, die Lenore, auf dem Halse, die weiter nichts im Kopfe hatte als ihren Dummhut von Jungen! Denen wollte sie schon einen Kaffee kochen, daß sie genug für ein paar Wochen hatten. Als das Wasser brodelte, nahm sie ein Stück Zichorie, warf es hinein und ließ das aufkochen, daß dem Wasser eine braune Färbung verliehen wurde. So, das sollte der Sonntags nachmittagskaffee für den hohen Besuch sein. Der alte Eduard kam in die Küche geschlürft, die den Hinteren Teil der Hausflur einnahm, und merkte schon, woher der Wind wehte. Er suchte dem Mädchen gütlich zuzureden. Doch vergebens. Ruth setzte die gute Kaffee- Kanne mit dem Goldrande so hart auf den Herd, daß sie klirr machte und ihren Henkel fahren ließ. Ein ärgerlicher Fluch zischte zwischen des Mädchens Zähnen hervor, dem ein grimmiges Lachen folgte.