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der Waldmeister leuchtet so grün wie im Herbste aus dem verblichenen Herbstlaube heraus. Die auf dem Gipfel des Berges (Mündung des Nordweges in den Fahrweg, Felsen am Bismarckdenkmal) eingebürgerte Pflanze aus dem Kau kasus, die zweifelhafte Fetthenne, hat dagegen ihre kleinen saftigen Winterblätter in einen roten Wintermantel gehüllt. Sträucher und Bäume des Berges haben im Herbste die Blätter abgeworfen, wenngleich der Wandergenosse mehrere mit einer dichten, grünen Laubkrone geschmückte Bäume sichtet. Sie stehen am Nordhange des Berges zwischen dem Nordwege und dem Gipfel. Westlich vom unbenützten Rodleraufstiege finden wir auch einige solcher wintergrüner Laubbäume. Eine allbekannte Bodenpflanze hat dieses Naturwunder vollbracht, der Epheu. Er vertritt an diesen Stellen unserer Landeskrone die „Lianen" der tropischen Wälder. Ein kleines aber feines Exemplar ist leider vor einigen Jahren von Bubenhand zerstört worden. Grünes Laub schmückt auch die wenigen Brombeersträucher des Berges, soweit es nicht von den Rehen als Winterkost ver bissen worden ist. Im übrigen scheinen Bäume und Sträucher abgestorben zu sein, doch der Schein trügt auch hier. An den blattlosen Zweigen der Haselnußsträucher schaukeln schlanke Troddeln oder Kätzchen im leichten Winde. Gelber Staub fliegt auf. Ein Teil von ihm wird von den feinen roten Härchen, die wir aus kleinen Knospen hervorlugen sehen, aufgefangen und damit der Grund zu einer guten Haselnußernte gelegt. An den Zweigen des Nachbarbaumes aber läßt eine Kohlmeise ihr erstes Frllhlingsliedchen er klingen, auf den Feldern zu Füßen des Berges krächzen Krähenschwärme, tägliche Besucher des Berges im Februar, und suchen Nahrung dort, wo den ganzen Winter über Gänseblümchen am Wege und die geruchlose Kamille auf dem Felde blühen. In manchen Wintern ernten die nordi- schen Seidenschwänze die Hagebutten des Berges ab, schweifen nordische Dompfaffen oder Gimpel in den Dorf gärten herum. Ihr Keller Frllhlingslaut verrät die eifrig die Bäume nach Insekten absüchenden Spechtmeisen. Nonnen- oder Sumpfmeisen fliegen am Waldesrande, die feinen Stimmchen der Blaumeisen erklingen in den Gärten der Landhäuser am Fuße der Krone und die Farben dieser reizenden Vögelchen leuchten im Hellen Sonnenscheine eines Tages zwischen Weihnachten und Ostern. O du Tag! in meiner Brust wühlst du Sehnen wunderbar, lockst ein Lied und Veilchcnlust iiber Frost und Februar. cMax Zeibiq.) Freiheit und Friede in der Natur! Sieh' nur hinaus in Wald und Flur, auf Berges Höh' und grüne Nuen, daß du die Wunder der Natur mit ganzer Seels kannst befchausn. Du wirst dis Herrlichkeit und Pracht, dis Lieb' und Güte kaum srmesjsn — das hat dein Herrgott dir gemacht, den du so oftmals hast vsrgssten. Sieh nur hinaus, dir wird so leicht, als schwänden Gram und Schmer; und Sorgen, die Freiheit dir die Hände reicht, vor allem Leid bist du geborgen. Nnd still zieht in dein Her; hinein ein wunderbarer Seelenfrieden. Genieste froh den Sonnenschein, den die Natur dir hat bejchieden l Emil M«ipn«r. IZriefe im Vorfrühling (Bus dem Skizzenbuch eines Künstlers) Von (Zustav Wolk-Weika Weika, am lv. März 1424, nachmittags. Visse blauen vage! Märzsnscbnee und Sonnenschein! ver §rükling bangt in der Lukt und der Bimmel siebt über allem so klar wie eins Glasglocke. Schaust vu kinauf, so vergißt vu, daß nocb kaum eine braune Scholls oder ein Gräslein durck den Scbnse guckt. Und ein Glanz und ein Lickt in all dieser klar- beit, wie sonst kaum wieder in einer Jakreszeit! Mittags ist die Luft so lau wie am sckönsten Maientag. — O, dann ist es ein bitteres (Zsfükl um das Wissen, solang nock — vielleicht immer - allein durck diese scköne Welt geben zu müssen, weil es die Wesensbestimmung trotz aller Seknsückte so keisckt! Sollte ick dann nickt traurig sein, daß ick einer liebenden Seels begegnet bin, der ick okne Bokknung gegsnübersteken muß, obwokl mein Berz und ikres es anders möckten? Vuk der einen Seite das Bewußtsein des Unfertigen neben dem vrieb zur Wandlung, auf der andern der tieke Wunsck nack Bube in einem frisdlicken Val, seitab vom Getriebe der Welt, der Wunsck, als ein Unbekannter irgendwo wieder einzutaucken in den großen Strom, wo eins dem andern glsick. Lin stilles Glück im stillen Beim! Und dock mackt sick viellsickt eines vages die kalte Vernunft über olles Ker, was da geworden, und zertritt es unbarmkerzig Vernunft? Sollte man diesen Votengräber nickt lieber Waknsinn nennen? Ob es nickt besser wäre, wenn ick in meinem Leben nickt in die Spkären der Gsisteskultur und Zivilisation vsrscklagen worden wäre? Viellsickt KStts ick dann nie die Zwiespältigkeiten so empfunden und gesckaut mit dem unselig klaren Blick. Eigentlich ist es jämmerlich, daß ick nie über diesen Stand, punkt kinauskomme und — Ls ist am besten, ick verabsckiede mick an dieser Stelle Mr ein Weilcken und schreibe zu anderer Stunde weiter. Spät abends. Und nun die vackt! Mond und Sterne sieben so blankgeputzt am Bimmel, als wären sie eben aus der Band des Juweliers gekommen. Wie reick an Sckönkeit ist dock dis Natur kür den Menscken, der ein offenes Bugs dafür Kat! — So war's und so dockte ick, als ick vorkin kinausging. Und als ick jetzt keim- ' kekrte, stand die Sickel sckon zismlick nabe dem Borizont und war von einem Bof umgeben, einem großen Dunstkreis - Ick will mick auck bald in meinen „Bok" zurückzieken und die Bugen zuklappen, veskalb sage ick Mr beute „Gute Nackt". vm 1l. März krükmorgens. Siebst vu, beute ist der Bimmel ganz anders: ein einförmiges Wsitzgrau, nur in etwas dunklerer lönung als die Sckneeklächen kier unten, vick friert, wenn vu durck die Sckeiben kinaus- blickst und es kommt vick kein Verlangen an, durck den Morgen zu geben Bütten draußen dis Sperlinge nickt gepiepst und der Baku nickt gskräkt, vu kättest drinnen in Deiner Kammer nickt gewußt, ob es nock Dämmerung oder sckon vag sei. vber wieder um — es ist dock auck sckon, weil es anders ist als gestern, und wenn vu beginnst, zusammenzuklingsn mit diesem vag, käst vu ibn ebenso gern wie den gestrigen. Vlnd nun körst vu die Bäkne kräken den ganzen Vormittag kindurck, als wollten sie die liebe Sonne und den §rükling mit aller Mackt kerbeiruken. Ligentlick körst vu nickts sonst in dem stillen Dorf als dieses kräken, und Vein Berz sckwingt mit in ikrem Buk und ist so voller Lrsude und Gewißkeit, als läge nickt eine Zeitspanne der Bokknung zwiscken Wunsck und Lrküllung. Mittags. Jetzt um die Mittagszeit lackt Lock genau wie gestern die Sonne vom Bimmel und Kat die graue Decke in Schollen auf- gelöst und diese versckeuckt. In der Südwestecks sammeln sick die Bests zu einem sckmalen Damm. Vber oben auf den Böken leucktet der Borizont in dem gleicken Lmaillesckmelz durck die Stämme der lickten Büscke und die keinen Wipfelruten der scklanken Birken wie das ungetrübte Blau im Zenit. — Sage mir, käst vu sckon einmal bemerkt, daß im §rükling dis kaklen Bäume ganz anders ausseken als im Berbst, nicht so müde und verzagt? Linen vkzent der Sswitzkeit und des Be wußten spürst vu jetzt an iknen. Ick glaube nickt, daß es nur so sckeint; ich glaube nickt, daß es nur die klare Luft ist, die alles bestimmter und kriscker ersckeinen läßt, nickt nur die Märzensonne, die den Dingen und Sckatten scharfe Umrisse gibt und nicht nur