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Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius 51 (Fortsetzung) Lenore wurde schon wieder rabiat. „Woas denn, soll soll? Missn tutter, wenn der no an Funkn Verstand an Ghörn hoat." Der Alte sand keinen Ausweg. „Nu ja, nu nee," brummte er verlegen vor sich hin. Aber er rechnete nicht mit der Resolutheit der Kraut- bäurin. Die fuhr ihn energisch an: „Hörrt uf mit Euern eefällgn Gpoap! Euer Hand har!" Da hatte sie auch schon seine Rechte ergriffen und fragte mit einem Tone, der gar keinen Widerspruch dul dete: „Soiter zu?" Und Eduard stotterte überrascht: „Nu ja, nu ja, freich, freich." „Doas ös wingstns a Wurt," belobigte die Bäurin seinen Entschluß, der eigentlich gar keiner war, denn die Worte hatte ihm nur die Verlegenheit entrissen. Und in dem Alten regte sich auch sofort das Gewissen. War das ein mißliches Ding! Der Ruth hatte er doch vorhin das strikte Gegenteil versprochen. Und nun kam diese entsetzliche Frauensperson und zwang ihn zum ent gegengesetzten Versprechen. Sein Kopf geriet in immer stärkeres Schütteln. Und ohne sich weiter um das Paar zu scheren, machte er Kehrt und ging in das Haus zurück. Bor sich hin brummte er ärgerlich: „Su ane Walt! Mer weeß nö, woas mer machn soll." Der Krautbauer beurteilte die Sachlage entschieden richtiger als seine Frau, da er warnend zu ihr sagte: „Doaß d ock nö ern mit Denner Kupplei schief oakömmst!" Aber die war so von ihrer Pollwertigkeit überzeugt, daß sie nur geringschätzig erwiderte: „Woas verstiehn denn Moansvelker dodervon! Nischt." Und der Krautbauer beschied sich auch damit, hob seine Pfeife auf und entgegnete trocken: „Wenn Du's soist, wörd's schonn su sein." Aber trotz dieser zweideutigen Zustimmung kam er nicht so leichten Kaufes weg, mußte vielmehr eine gehar nischte Zurechtweisung ob seines vorigen läppischen Ver haltens, wie es Lenore nannte, anhören. Nun, er hörte mit gleichgültigen Mienen zu, sog an seiner Tabakspfeife und meinte nur zum Schluffe: „Do hätt'ch ja amo wieder mei Fett weg. Nu koan'ch's Brut troig assn." Lenore ließ sich nun ebenfalls auf der Bank nieder, aber am entgegengesetzten Ende und so, daß sie ihrem Gatten den Rücken zukehrte. Der schien sich aber spott wenig daraus zu machen, brummte er doch vor sich hin, aber ganz leise: „Oh an Aussicht!" Es wäre ein dankbarer Vorwurf für einen Karikatu risten gewesen, dieses Paar, das da in streitbarer Stim mung unter der Linde saß. Unterdessen hatte der Riegerbauer seine Tochter ge sucht und hinter dem Wohnhause im Gemüsegärtchen gefunden. Ein erfreutes Gesicht machte sie keineswegs, als sie vom Besuch der Krautbauerleute vernahm, mußte sie doch sofort wieder an den Tonl denken, der ihr wie ein unverdauliches Kloß im Magen lag. Aber daß die Beiden ohne Bewirtung nicht vom Hose gehen konnten, war klar, und so begab sie sich denn in die Küche, um ihnen einen Kaffee zu kochen. August Rieger aber schritt nun in den Hof, seinen Besuch willkommen zu heißen. War er auch von dem Wesen der Lenore nicht eben eingenommen, so verstand er sich desto besser mit dem Bauer selbst. „Sedd ock villmo schien Willkomm!" schrie er über den ganzen Hof, als er aus der Türe trat und langsam voll Würde, wie es einem wohlhabenden Manne zukommt, unter die Linde schritt. Lenores Gesicht glänzte wie eitel Speckschwarte, als sie zuckersüßen Tones erwiderte: „Hoa ock Dank, Rieger- August!" Der Krautbauer schob seine Pfeife vom linken in den rechten Mundwinkel und sagte phlegmatisch: „Oh su a Ding!" Aufgestanden waren die Beiden nicht, aber Lenore drehte sich soweit herum, daß sie ihrem Manne nicht mehr den Rücken zukehrte. Was brauchten andere davon zu wissen, daß sie miteinander schmollten? Rieger setzte sich zu ihnen und sagte, um ihnen seine Freude über den Besuch zu zeigen: „'s ös schien, doß der'ch amo o an Sonnig sahn loßt. E dr Woch sahn mer ananner ock ibersch Feld niber." Lenore brannte schon wieder darauf, das Gespräch auf das übliche Thema zu bringen, und warf schnell hin: „Onser Tonl kömmt oh no anoch." August Rieger verbiß ein verstehendes Lächeln und meinte nur so leicht obenhin: „Zeija, doas gleebch." Der Krautbauer aber bekam einen heimlichen Puff in die Seite und in das Ohr geflüstert: „Sieh ock, wie a'ch friät, wenn vo onsn Tonl de Riäd ös! A will'ch's goar ne richtg merkn lossn." Der Gepuffte schüttelte kaum merklich den Kopf und schwieg. Es entspann sich nun ein lebhafter Diskurs über den Stand der Acker und Wiesen, wie das nicht anders sein konnte. Gotthelf Kraut konnte auch reden, wenn er einem vernünftigen Menschen Rede und Antwort zu stehen hatte. Seine Frau aber zählte er nicht unter diese, wes wegen er ihr gegenüber lieber schwieg. Und dann sagte er sich auch, sie schwatze ja den Tag über soviel zusammen, daß er in dieser Beziehung sich mit gutem Gewissen als abkömmlich betrachten konnte. Rieger wollte wissen, wie weit er mit dem Heu sei. Nur auf der Pfarrwiese lägen noch ein paar Schober, erklärte ihm der andere. Gleich fiel die Lenore ein: „Dodermit hot's be ons keen Nut, wu dr Tonl mit schanzt. Ja, su ener wie onser Tonl, dar oarbeit fer zwee." Rieger biß die Lippen zusammen. Daß doch die alte „verschütte Gaukl" stets mit ihrem albernen Jungen auftrumpfen mußte! Kaum, daß einer ein vernünftiges Wort reden konnte. „'s Water Hot ju ganz schien ausghaln," unterbrach er die eingetretene Gesprächspause. Auch Gotthilf ärgerte sich über die plumpe Art seiner Frau, stets ihren Jungen zu präsentieren, und sagte kurz: „Do läßt'ch goar ne annersch riädn." Und schon wieder öffneten sich die Schleusen von Lenorens Beredsamkeit. „Woas onser Tonl ös, dar soit schonn ver a Wochn a vier, „Motter", soit a, „doasmo gibts a Stoatswater." A ös a wuhrer Walerprophet, onser Tonl."