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nötigten nach vielem, vielem und tapferem Widerstand die Verbündeten zum Rückzug. — Auch für uns, die wir doch weit vom Schlachtfeld entfernt waren, waren doch diese Tage fürchterlich. — Denn was konnten wir denken und vermuten, da wir von allen Seiten her traurige Nachrichten vom Rück züge, von Plünderung und Verwüstung hörten, die sowohl vom Feinde, als auch vom Freunde geschah. Nichts anderes, als daß es uns auch so gehen könnte. Was konnten wir uns bei dem furchtbaren Kanonendonner, der auch unsere Fluren erschütterte, bei dem furchtbaren Feuermeer, das uns von brennenden Dörfern jeden Abend entgegen strahlte, vorstellen, als den Untergang vieler tausend Famil y. Groß ist das Elend, welches dieser Krieg über unser Vaterland gebracht hat. — Denn nur allein im Bautzener Kreise hat es vom töten bis 28ten Mai in 53 Dörfern und im Görlitzer Kreise in l8 Dörfern gebrannt, worunter viele sind, die gänzlich in Aschehausen verwandelt worden sind. Doch Gott sei Dank, der uns noch immer von dieser Greuel und Verwüstung bewahrt hat. Ob zwar auch unsere Gemeinde viel erlitten und gegeben hat, so ist sie doch von Plünderung, Brand und Verwüstung befreit geblieben. Am 17ten Mai kamen drei preußische Offiziere, welche die Pferde aufschrieben und sechs davon zu Remonte-Pferden Mit nahmen. — Am l9ten gegen Abend kam wieder ein preußischer Offizier mit einer Order vom General Blücher und verlangte mancherlei. Durch vieles Bitten kam es dahin, daß er mit 60 Scheffeln Hafer, 60 Pfund Speck und 20 Hühnern vorlieb nahm. Dies alles mußte in wenigen Stunden beisammen sein. Da nun aber an eben diesem Tage für die Russen nach Görlltz Hafer und Brot geliefert werden mußte, so nahm er sogleich den Hafer weg. Überdies kamen noch drei Kosaken mit einem Bürger aus Görlitz und wollten ihre Lieferung auch haben. Diesen ließ aber der Preuße nichts zu, als das Brot. Uber- Haupt war dieser Offizier jung, aber groß, lang und dick und sehr barbarisch. Alles mußte beim Ausladen im Fluge gehn, und beim geringsten Versehen schlug er mit seinem Kantschu zu, wie das verschiedene Bewohner erfahren mutzten. Am 23ten kamen wieder zehn Mann Preußen und Russen, verlangten Pferde. Da aber die Bauern ihre Pferde in Sicher heit gebracht hatten, erhielten sie nichts als einige Taler Geld. Ein Bauer, namens Gottfried Trenkler, welcher den Tag zu vor erst von der Fuhre gekommen war, glaubte sicher zu sein und ließ seine Pferde im Stalle stehen. Er mutzte sie daher geben, mitfahren und endlich im Stiche lassen. Am 24ten hatte der Kaiser Napoleon sein Hauptquartier in Görlitz, nachdem auf den Anhöhen bei Reichenbach und Markersdorf noch harte Gefechte gewesen waren. Bei dem letzten Dorfe verlor er auch durch eine Kanonenkugel den tapferen Marschall Duroc und den General Kirchner, welche nahe an seiner Seite waren. Dieser Verlust bewegte ihn sehr, er vergoß heiße Tränen und konnte sich kaum trennen von den geliebten Sterbenden. (Wenn es wahr ist.) Da die russische und preußische Hauptarmee sich immer unter beständigen Gefechten zurückzog, so konnten auch die Franzosen, die immer häufiger erschienen, bald in Schlesien einrücken. — Hier fielen, zwischen Haynau und Liegnitz, noch harte Treffen vor, wo beide Teile wieder harte Verluste erlitten, und selbst auf einige Zeit Ruhe wünschten —, weil seit Anfang Mai wohl kein Tag ohne Menschenmorden und Blutvergießen hingegangen war. Daher wurde denn auch am 4 ten 3uni zu Neumark in Schlesien zwischen Ruffen, Preußen und Fran zosen ein Waffenstillstand abgeschlossen auf acht Wochen, näm- lich bis 20ten Juli, während welcher Zeit ein Friede werden sollte, der ewig dauert, und Prag zum Bersammlungs- oder Kongreßort bestimmt war, wo auch alle Gesandten bis aus den französischen zur gehörigen Zeit ankamen. Dieser kam aber etwas spät, und da er erschien, beklagte er, daß er noch nicht der rechte sei, und keine gehörige Vollmacht habe, etwas ab- zuschließen. — Österreich, das so gern den Frieden haben wollte, trat als Vermittler auf, und brachte es dahin, daß der Waffenstillstand bis zum löten August verlängert wurde. — Nun erschien endlich der wirkliche Gesandte der Franzosen in Prag, allein, auch da blieb es beim alten. Seine Vorschläge konnten nicht genehmigt werden, daher geschah es denn, daß selbst Österreich, das mit Frankreich genau verbunden war, sich mit Rußland, Preußen und Schweden vereinigte, und Frank- reich den Krieg erklärte. Das hatte Napoleon schon längst ver- mutet, weil er Dresden auf einmal während des Waffenstill standes ungeheuer verschanzen ließ, und auch Lilienstein und Königstein und Stolpen auf Kriegsfuß setzte. Doch ehe dieser neue fürchterliche Ausbruch des Krieges geschah, so verdient noch folgendes zu stetem Andenken hier eingetragen zu werden. Als am 14ten bis 19ten Juni das fürstl. Poniatowsky'sche Korps aus Polen nach Zittau einrückte und über Böhmen kam, so wurde selbiges, ungefähr 18000 Mann stark, in Zittau und den umliegenden Dörfern einquartiert. Auch nach Reichenau kamen am I6ten Juni das l l te Ulanen-Regiment, bestehend aus 340 Mann nebst einem General und etlichen 30 Offizieren, auch stand im Oberdorf schon eine Schwadron Husaren. Da aber acht Tage hernach dieselben Revue beim Fürsten hatten, welche auf den Wiesen bei der Zittauer Neumühle gehalten wurde, so wurden die Regimenter ergänzt, und auch unter anderem aus dem 3ten und 11 ten Ulanen-Regiment ein Ganzes gemacht, welches bald ganz, bald die Hälfte dastand. — Rei- chenau hatte überhaupt das Glück, daß es statt weniger zu be- kommen, immer mehr bekam, woran zum Teil gewisse Ver hältnisse schuld waren. Am 17 ten Juli rückten 2 Kompanien Husaren ein, so daß nun über 600 Mann im Dorfe lagen, mit 50 Offizieren und 700 Pferden. Diesen allen bei den Bauern gut Quartier in einer besonderen Stube zu schaffen, war nicht möglich. Daher beschwerten sich die Bauern beim Kommissar in Zittau über die Häusler, daß sie vermöge ihres königlichen Privilegium keine nehmen, und sie nicht im Stande wären, diese alle zu unterhalten. Da erlangten sie daher den Befehl, daß die reichen Faktors welche nehmen müßten. — Jedoch diese waren größtenteils schon mit Offizieren belegt, daß sie keine nehmen konnten. Es entstand daher viel Zank und Streit und die Sache wollte erst nicht gelingen, allein durch wiederholte und scharfe Befehle geschah es, daß zuletzt nicht nur Reiche, sondern auch Mindervermögende damit belegt wurden. — Die Pferde aber behielten die Bauern und mußten sie verpflegen. Diese Einquartierung währte neun Wochen und kam Reichenau leicht einige 20000 Rthlr. Kosten, indem alles in hohem Preise stand, und der Hafer zuletzt nicht mehr zu bekommen war. Auch Lichtenberg und Markersdorf waren immer mit 300 bis 400 Mann belegt, sodaß es der arme Bauer fast nicht mehr aushalten konnte. — Am I ten August mar- Werte der General Pollinsky mit seinem Generalstab und den Husaren ab, bis nach Nieder-Sohland, dahingegen kam aber wieder der Oberst Kraschinsjky mit den Chasseurs hierher zu stehen. Am Wien August wurde nicht nur in Zittau, son dern auch auf allen Dörfern Napoleons Geburtsfest von den Polen sehr festlich begangen. In Zittau war die Stadt erleuchtet und auf der Schietzwiese ein Feuerwerk abgebrannt. Auch bei uns erhielten die Soldaten doppelte Portionen und wurden Abends in Gärten gespeist, wobei erschrecklich viel gesoffen und bei Tanz und Spiel viel Unfug getrieben wurde. Am 15 ten August erscholl endlich die freudige Botschaft: Die Polen müssen fort, welches auch zu Mittage wirklich geschah. Das war für die meisten ein trauriger Abzug, indem sie ihrem Leib ein Gutes tun und über große Strapazen nicht Klagen durften. Selbst die Offiziere bangten vor der Zukunft, weil sie nichts Gutes ahnten. Doch dies half nichts, sie mußten fort. Diesen Nachmittag war es dann so lieblich still in unserm Dorf, daß es schien, als wäre ein großer Wind ausgesahren. Bon hier ging es ins Lager nach Zittau auf die Wiesen bei der Stadt, wo sie aber nicht länger wie einen Tag standen. — Schon am 16 ten marschierten sie über Hirschfelde nach Ostritz zu, sodaß es schien, als sollten sie an der Kampagne in Schlesien Anteil nehmen. Allein schon am 17 ten kamen sie wieder zurück und ein Teil, ungefähr 2000 Mann, bestehend aus Kosaken und Kürassier und Infanterie mit einigen Kanonen, unter dem General Ominsky kamen aus Reichenau zu spaziert. Wir wußten nicht, was wir hierbei denken sollten und glaubten,