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25 Gberlaufltzsr Helmatzettung 377 . ' - - t- - in unmittelbarer Nähe ihrer Zimmer erhebende Johannis turm fast aänzlich aus. In noch qrößere Gefahr geriet die Gräfin Cosel aber, als in der Nacht vom 22. Juli 1743 der Blitz in das Eckzimmer ihrer Wohnung selbst einschlug und den wachthabenden Soldaten tötete; am 22. April 1744 stürzte der alte große Ofen in ihrer Wohnstube, um den die Gräfin mit ihren Gesindeleuten saß, um, und überschüttete die Umsitzenden mit Kacheln und Röhren. Infolge all dieser Schrecknisse und wahrscheinlich auch, weil das Fürstenhaus neuerdings wieder Risse im Mauer werk aufwies, verließ die Gräfin im Frühjahr 1745 ihre seitherige Wohnung und siedelte für immer in den ihr zur ausschließlichen Benutzung überlassenen und nach dem Brande wieder hergerichteten Iohannisturm über. In ihm mußte sie sich freilich kärglich einrichten. Im ersten Ober geschoß befanden sich die Küche und die Wohnung ihrer Dienstleute; im zweiten Stock war die Wohnung für die Gräfin selbst: in einer Fensternische ihr Bett und in einer anderen das des Kammermädchens; im dritten Obergeschoß war der gemeinsame Kleiderraum für die Gräfin und ihre Dienstleute. Jene Frau, die einst in den Tagen des Glanzes in den prachtvollsten Palästen gewohnt hatte, mußte sich nun damit begnügen, ihre neue Wohnung, einen engen, runden Raum, mit den bescheidensten Möbeln auszustatten: außer dem Nischenbett enthielt er noch 1 runden Tisch, 1 Grobvaterstuhl, 3 bis 4 andere Stühle, 2 Wandschränke, 1 Nähtisch, 1 Hängelampe und einige wertvolle Bilder. Bis zu ihrem Tode hat die Gräfin Cosel diese mehr als bescheidene Wohnung innegehabt; alle ihre vielen andern Möbel, Wert- und Gebrauchsgegenstände mußten im ersten Obergeschoß zusammengestellt dem Schutze der Dienerschaft empfohlen werden. Am 2. Dezember 1745, kurz vor Beendigung des 2. schlesischen Krieges, erschienen unerwartet preußische Husaren vor dem Festungstore, wurden aber nicht eingelassen und mußten wieder abziehen. Der Kommandant nahm an, daß es sich um einen Überfall zur Befreiung der Gräfin Cosel gehandelt habe, und berichtete nach Dresden. Obwohl er die Gräfin nun gern aus der Festung fortgeschafft hätte, weigerte diese sich jedoch beharrlich, Stolpen zu verlassen, da sie nun „auch hier sterben" wolle. Nach dem Tode des Obristen o. Boblick am 18. Februar 1747 wurde der schon bejahrte Obrist Johann o. Liebenau Kommandant von Stolpen. Ganz das Gegenteil von seinem Vorgänger, hat er mit seiner Familie der Gräfin Cosel allezeit hilfreich zur Seite gestanden. Er hatte für seinen Sohn das Freigut Langenwolmsdorf gekauft, und die Gräfin Cosel hat dort von 1749 bis 1760 im Kreise derer v. Liebenau vielfach verkehrt. Aus Dankbarkeit ließ sie das zu dem Gute ge hörige Rosental als Park einrichten und auf ihre Kosten unterhalten. Bon Schreck erfaßt wurde die Festungsbesatzung und nicht zuletzt die Gräfin Cosel, als im Siebenjährigen Kriege, am 3. September 1756, die Festung von dem preußischen Obersten o. Warnery überrumpelt und hierbei der Gräfin Beschützer, Herr v. Liebenau, verwundet wurde. Aus diesem Anlaß bat sie zum letzten Male König August III. brieflich um ihre Freilassung; eine Antwort erhielt sie aber auch diesmal nicht. Längere Zeit mußte die Festung damals auch einen völligen Belagerungszustand aushalten, da von dem Truppenteile des Generalleutnants v. Finck, der am 21. November 1759 bei Maxen gefangengenommen worden war, 1000 preußische Soldaten nach Stolpen gebracht wor den waren und alle Räumlichkeiten des Schlosses belegten. — Am 24. März 1760 starb der gütige Herr v. Liebenau; sein Nachfolger, der Obrist Georg v. Low, ein feingebildeter Weltmann, aber ein strenger militärischer Charakter, ver mied absichtlich einen geselligen Verkehr mit der Gräfin Cosel. In ihrer ärmlichen Wohnung hat die Gräfin Cosel in den letzten Lebensjahren mehr dahingedämmert als gelebt, dumpf vor sich hinbrütend und meistens in der Bibel lesend, teils im Lehnstuhle sitzend, teils im Bette liegend. Ihr Wohnzimmer war zum Entsetzen anzusehen, weil die teil nahmslos gewordene Frau zu einer gründlichen Reinigung sich nur selten verstehen wollte. Decke und Wände waren schwarz angefärbt, da die Hängelampe Tag und Nacht brennen mußte; Tische, Stühle und Schränke waren mit Staub bedeckt, die Fenster mit Rauch und Ruß belegt. Und ebenso unsauber waren zuletzt auch ihre Kleider, ihr Bett und ihre Tischwäsche. Nach säst 50jähriger Gefangenschaft erlöste sie am 31. März 1765 der Tod, und am 5. April wurde sie in Gegenwart ihres Sohnes, des Amtmanns Gülden und mehrerer Komissare aus Dresden in der Schloß kapelle zu Stolpen beigesetzt. Vor ihrem Tode hatte die Gräfin Cosel noch 100 Taler zur Verteilung an Arme ausgesetzt und weiter bestimmt, daß nach der Einsenkung das blaue Sargtuch unter die Kurrendaner verteilt werden sollte. Mit der Prüfung und Aufstellung ihres Nachlasses waren der Geheime Kriegsrat Clauder in Dresden und der Amtmann Gülden in Stolpen beauftragt worden. Sie hinterließ eine Bibliothek von über 3000 Bänden und viele Schriften in neujüdischer Sprache, auch 4 Stücke der damals berühmten Biblia perttubla. Wäsche, Kleider und Betten waren durchweg vergilbt, ver modert und verschimmelt. Die weniger wertvollen Sachen wurden auf Anordnung ihres Sohnes unter die armen Leute verteilt, während alle übrigen Gegenstände sorgfältig geordnet nach Dresden geschafft wurden, wozu über acht Tage erforderlich gewesen sind. Alle Schriftstücke mußten an das Geheime Kabinett abgeliefert werden, von wo aus sie später an das Königliche Staatsarchiv abgegeben worden sind, unter ihnen namentlich zwei verschlossene Pakete mit der Aufschrift „Losuia 8ecreta". Den übrigen Nachlaß hat ihr Sohn erhalten; einige wertvolle Stücke davon be finden sich heute noch auf dem Schlosse Bärenstein. Das nach der Schlußrechnung der Kuratoren verbliebene Ver mögen belief sich auf 550000 Taler, die laut Testament vom 30. März 1760 ihrem Sohne zufielen. Die beiden Töchter der Gräfin hatten bereits früher, bei ihrer Verhei- ratung, je 100000 Taler erhalten. Ihr Sohn Friedrich August starb am 25. Oktober 1770; mit ihm ist der Mannes stamm derer von Cosel ausgestorben. Wenn der Name „Stolpen" unser Ohr berührt, be schleicht uns da nicht ein Mitgefühl für die verlassene, stolze Anna von Cosel? Mag sie auch durch eigene Schuld, durch ihre Herrschsucht und unsinnige Verschwendung in glänzen den Tagen ihr hartes Los selbst herbeigefllhrt haben, so ist doch ihre eineinhalb Menschenalter währende Gefangenschaft eine lange Zeit der Buße gewesen, und in unseren Herzen klingen leise jene milden Worte wieder: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Dverlausitzer Gd andSleute vcsteNt , »es« vlc