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und Zittau, Freiberg und Chemnitz, Annaberg und (Schneeberg, Zwickau und Plauen — jede trägt ein Stück sächsischer Ge schichte in ihren Zügen, und jede formte sich anders und half sächsisches Sein formen. Die Dome und Kirchen, die Schlösser und Rathäuser, die alten Bürgerhäuser in gebogenen Straßen sind eine noch lebendige Geschichte der Kunst, deren Denkmäler aus allen Zeiten über das ganze Land reich verstreut sind. Das romantische Kleinod der Wechselburger Sckloßkapelle und die Chinoiierien von Pillnitz, die Bautzner Wasserkunst im Grau der Jahrhunderte und der Meißner Dom, die triumphale Kühnheit der Göltzschtalbrücke und die Goldene Pforte von Freiberg — das alles sind ja Zeugen der Kunst, der Kultur und ihrer wandelbaren Geschichte, der immer eins eigen ist: das Streben nach Schönheit und Vollendung. Und dem Wanderer, dem Wandern mehr ist als trainierte Bewegung der Beine, wird alles gleich wichtig sein, der gotische Altar von Ehrenfriedersdorf und die klirrende Industrielandschaft der vogtländischen Kohlenreviere, die Ruinen einer alten Burg und das strebende, tätige Leben der Gegenwart, und er wird den nassen Goldglanz einer llchtdurchflossenen Großstadtstraße im Regen am Abend schön finden wie das glückselige Sommer- licht über der blühenden Bergwiess. Und so wächst, je länger und öfter man in Sachsen wandert, der Reichtum an mannig faltiger Schönheit; man stelle sich nur vor, wie viele Wander- führten es erfordern würde, alle sächsischen Städte nur einmal zu besuchen oder alle Burgen und Schlösser Sachsens in seine Porstellung zu sammeln oder In jedem Flutztal einmal ein Stück gegangen zu sein — was weißt du von der Stadtkirche zu Annaberg, vom stillen Lauf der Röder um Zabeltitz und Frauenhain, von den alten Gassen und Türmen Bautzens, von der ritterlichen Rochsburg, von den Göttern im Gras im Park zu Großsedlitz, von der Weihnachtsstimmunq eines erz- ebirqischen Spielzeugschnitzerdorfes im Schnee? Und hast du I en Klang der Mundarten gehört, wie er sich wandelt auf dem j gebirgigen Wege von den langaezogenen Weberdörfern der Lausitz über das Erzgebirge ins Vogtland, wie er aus dem schlesischen Anklang hinüberspricht ins Egerländische und Fränkiscke, wie die Mundart gleichen Schrittes mit der Ab- stufung der Landschaft vom Gebirge herunter der Ebene zu sich abschleift und gleichsam auch flacher wird, wie alles, Bau weise und Gebräuche, Charakter und Temperament der Be- wohner sich mit ihr wandelt — das alles ist ja auch wie Städte und Dörfer, Dome und Burgen aus dem landschaft lichen Boden und den geschichtlichen Schicksalen, die über ihn hingingen, erwachsen; es ist Stimme und Bildung der Land- schäft, die der Mensch ihr verlieh. Beide wurden und sind in gegenseitiger Bedingtheit. Und diese Zusammenhänge, die Verbundenheit aller Erscheinungen, ihr Zusammenwirken im Sein eines Bolksstammes ist immer wieder das stetig sich er- neuernde, uns stetig bereichernde Erlebnis auf unsere» Wander- führten durch die sächsische Heimat. Das sind Betrachtungen, die sich einstellen beim Durch- blättern eines Abreißkalenders, der nun zum dritten Male als ein sächsisches Wandbilderbuch erscheint; es ist der Sächsische Heimatkalender, den der Dresdner Verlag Oscar Laube heraus gibt (Preis 2,50 RM.). Auf über 130 Blättern bildet er Slädtebilder und Landschaften, Kunstwerke und Kulturdenk- mäler aus Sachsen und den mitteldeutschen Grenzlanden von Thüringen bis zum Harz hinauf nach schönen, sauber reprodu zierten photographischen Aufnahmen ab. Drei Tage teilen sich in ein Blatt, und während dieser drei Tage wirbt und lockt das Bild an der Wand: Dort warst du noch nicht! Und dann erscheint und mahnt ein neues. So ist der Kalender ein Jahr hindurch eine Galerie sächsischer Landschaftsschönheit und sächsischer Kunststätten, eine Bilderfolge, deren einzelne Blätter man aufbewahren kann, um sie wieder einmal zu betrachten und sich von ihnen sagen zu lassen, daß Sachsen viel schöner ist als flüchtige Reisende und allzu seßhafte Bewohner atmen. DurchKüche u.Keller weit und breit bekannt Snfteo Saal dvoSvovlausty. Hotel Goldener SternS Kamen l« Sachfe«M^^E^7 Adventsgänse Ane woahre Geschichte von Hans Semper, Chemnitz ^aß es nö bloß Martinsgänse und Weihnachtsgänse sondern o Adventsgänse, ward ihr o no ne gehört hoan. Eegenttich sein sich ja beede Oartn äußer- lich vollständ'g gleich. Aber ee Unnerschied is doch: Die Advents- gänse — wingstns die, die ich meene — hoan an ganz öm- famn Dicknöschl. Die Gschichte, die ötz ktmmt, wörds Euch be- weisen. Sie is wörklich passiert. Froit ock amo röm! Do ward Ihrsch schon derfoahrn, daß volles bis offs i-Tipselchen stömmt. 's is Heuer Lischt a Iohr har, und wu's passiert is, vo dort bis öffn Köpper seins gute sömf Stondn zo loofn. Also hiert Euchs oa: Direkt a en Woasser — nenn mersch abn amol die Taura — wohnte die Hederchmotter, ane ale Frau vo a paar 70 Iohrn. Sie woar abr no ganz öffn Zeige, toat no alles salber mach», scheuerte vo frih bis a de Nacht nei a ihren Häusl, obwohl's doch bal keen Draick mi drin goab. Lasn toat se o no ohne Brille. Und die Gsall'gkeet woar se salber. Bo dar könnt wer verlangn, woas mer wollt — oalles macht se mieglch. Kee Wunner, wenn se zon Obd mied woar und bezeiten oas Bett kroch. Eh se aber a de Koammr ging, soog se örscht namo noch'» Gänsen, ob se denn oalle siebn rei an Stoall wiärn. Für ge- wöhnlich woarsch abn ock a Gutn-Nachtsoin; denn de Gäuse koamn schon vo alleene rei, wenn's finster wurd. Und woarn se ne glei do, do klatscht ihr Schwiegersuhn — dar lange Schifaller-Töscher — ad' Hände, und danno dauert'« «rn goar ne lang, do woarn se rei. -ES M Nu guckt se vern Iohr su a der zweeln Advenlswoch oorm Schloofngiehn o namol an Gänsestoall, und weeß der hole — dar woar Hinte liärl Und's woar doch schoo a der achtn Stunde. Do hort se, wie of der Strooß no ees a de Fansterloadn pochte. (De Haustir hottn se schon zugschlossn.) Wie nu dar Schifaller- Töscher dan Fansterloadn namo ufmachte, stand Tränkner- Pachtersch Kleenmoid draußn. Die woar vo dar annern Seite der Taura über die Brück rüberkommn und soite; „Eure Gänse sein no öffn Woasser." Do lief schnell dar Schifaller- Töscher zor Hintertir naus ibers Bleechplanl dan Woasser zu. Senne Frau machtn Fansterloadn wieder zu und koam mit ihrer Motter, abn dar aln Hederchn, hinnerhar. Nu kloatschtn se oalle drei a de Hände, machten bscht, bscht und lockten se mit oalln Mötteln. Aber war ne koam, doas woarn die Gänse. Schifaller meeitte, doas hält ar o no ne derlabt. Aber de Hederchn soite: „O ju, wie'ch jung verheiroat woar, koann ich mich besinn'», doaß die Gänse a paar Tage ne vom Woasser runter wollt». Dernochern koamn se ganz alleen wieder rei. Und gschoadt hat's 'n goar kee böffl. Loßt se ock ötz. Ich stieh morn frih zeitch us und war se schon reihuln." Schifaller-Töscher und senne Frau goabn sich dermitt zofrtedn und gingen wieder as Haus nei. Su kaalt woarsch ja o no ne, daß doas Woasser zugfriern könnte. Und de Hederchmotter ging a ihre Koammer und woar o bahl eigschloosn. Als se nu ausgschloofn hott, stand se risch uf und zog'ch oa. 's woar no finster, aber wie's ahm bei aln Loitn ös, se hotte ömmer zeitch ausgschloofn. Sie riegelt nu de Haustir uf und ging uff de Bröck nuf. Röchtch, do schwoamn die siebn Döck- nöschl ganz ruhig offm Woasser. Se kloatschte wieder a de Hände, rief se mit oalln möglich» Noamn; aber woar ne koam,