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Ein Gang durch das Krumbholz-Museum zu Großschönau rofessor Krumbholz, ein geborener Großschönauer, legte den Grundstein zu diesem Museum durch seine um- fangreiche Privatsammlung. Er war Naturwissen schaftler, beschäftigte sich aber auch viel mit Malerei, weshalb er vom Verein Deutscher Maler zum Ehren- Mitglied ernannt wurde. Ein großer Teil der Altertümer, die sich jetzt im Museum befinden, stammt jedoch von Ortsbewohnern, welche diese Sachen dem Museum meist schon bei Lebzeiten versprochen hatten. Das Museum ist jetzt im Besitz der „Saxonia", Verein für Ortskunde und Naturwissenschaften. In ihren Besitz ist es durch Schenkung von Professor Krumbholz übergegangen und wird durch die eifrige Sammeltätigkeit der Mitglieder stetig vergrößert. Einen Hauptzweck sieht der Verein darin, durch das Museum die Geschichte und Industrie des Ortes Groß- schönau darzustellen, deshalb sind manche Sachen für den aus- wärtigen Besucher garnicht so interessant, für den Ortseingesesse- nen aber umso wissensweiter. Das beste Beispiel hierfür legt ein Album sämtlicher Soldaten, die während des Weltkriegs ihren Tod gefunden haben, ab. Kurz gesagt ist das Museum eine kostbare Perle der ganzen Oberlausitz. Nach einem Museum, welches uns die Geschichte des Ortes vor Augen führt, sollte jede Gemeinde streben. Beim Eintritt ins Museum fallen uns linker Hand sofort Andenken an den Weltkrieg, wie Granatsplitter, Granatkörbe und Fliegerbomben, ins Auge. Einige Stücke, noch nicht ganz verarbeitet, ze'gen, daß auch die Granatdreherei im Orte Fuß gefaßt hatte. Am Türstock hängen Bilder aus Großschönaus alter Zeit, eins stellt uns z. B. den ersten Auszug der Schützen dar. Weiter fallen uns einige fast wie Korallen aussehende Gebilde auf. Es sind in den Waldungen von Großschönau gefundene Hexenbesen. Sie sind eine krankhafte Erscheinung, die ost bei Birken beobachtet wird, aber sich auch an anderen Bäumen vorfindet. Eine Wand des Raumes hat durch alte Waffen und andere Kriegsgegenstände ein würdiges Aussehen erlangt. Die Waffen stammen einesteils aus der Karasekhöhle bei Spitzkunnersdorf, andernteils sind es Beutestücke aus Kriegen. Dazwischen hängen alte Richtfahnen des Groß- und Neuschönauer Schützen- Vereins aus dem Jahre 1846, Reiterpistolen, Kosakenspeere, Feuersteinschloßgewehre u. a. m. Auch ein altes Hufeisen, welches aber unserem jetzigen Hufeisen nur noch im Material gleicht, findet man vor. Die Gewehre sind schwerer Konstruk tion, sodaß man mit ihnen nur kräftige Leute bewaffnen kann. Das Feuersteinschloßgewehr z. B. hat nahezu eine Länge von 2 m und natürlich auch ein entsprechendes Gewicht. Weiter zeigt uns die Wand fremdländische Waffen und Geräte. Da steht am Boden ein Gestell, an welchem eine Menge verschieden starker und großer Bretter angebracht sind. Man weiß zunächst nicht, welche Bewandtnis es damit hat. Bei näherem Hinsehen gewahrt man unter den Brettern 8 aus- gehöhlte Kürbisse, über die ein zartes Häutchen gespannt ist, das beim Anschlägen der Brettchen vibriert, und so kommt ein Ton zustande. Jetzt wird auch jeder merken, was für eine Bedeutung das Gestell hat. Es ist ein Klavier in primitivster Ausführung mit nur einer Tonleiter, wie es von den Negern zum Musizieren verwendet wird. Interessant sind ferner ein Paar Steigbügel aus Holz, wie sie von den Eingeborenen Chiles benützt werden. Sie weisen kunstvolle Verzierung auf und sind vielleicht bei ihrem früheren Besitzer Prunkstücke ge- wesen. Daneben arabische Säbel und Lederschilde aus Nubien; alles bunt durcheinander und doch in einer bestimmten Ordnung. Grauenerregend steht ein Kopfschmuck aus, der aus einem Hai- fischschädel angefertigt ist. Bugverzierungen und Götzenbilder von chinesischen Dschonken, einzSchirm mit reichster Lackmalerei geben uns ein .Abbild von.^chtnestscher.^Kunst. Aus Palm blättern gewebte und mit natürlichen Farben behandelte Stoffe zeugen von einer großen Fertigkeit ihrer Hersteller. Bewun dernswert sind ferner Pantoffeln aus Holz, Bogen, vergiftete Indianerpfeile, Sporen der Gauchos aus Mexiko, Häuptlings gürtel und ein indisches Kaffeesieb aus Bast. Jede dieser Sachen ist ein Kunstwerk für sich. Es ist nicht viel, aber doch genug, um einen Blick in die Kultur und Kunst und das täg liche Leben exotischer Bolksstämme zu tun. Diesem Raume sind noch naturwissenschaftliche Samm lungen angegliedert, die jedoch später behandelt werden sollen. Wir wenden uns zurück zur Ortsgeschichte. Nahe am Ein- gange steht ein Schrank, der kunstvolle Schmiedearbeiten ent hält, u. a. einen Türbeschlag aus der alten Großschönauer Kirche, eine Sanduhr, welche eine Viertel-, Halbe-, Dreiviertel- und volle Stunde anzeigt. Nach jeder abgelausenen Stunde muß die Uhr wieder umgedreht werden. Zahlreich sind die Kriegsandenken von 1870/71. Die Büchsen- und Kanonen munition von damals mutet einen fast vorweltlich an, wenn man die Kaliber mit den jetzigen vergleicht. Wunderlich ist es, daß sogar der Zwieback der preußischen Soldaten aus dem Jahre 1866 aufbewahrt worden ist. Ec ähnelt dem heutigen Hundekuchen. Äußerst wertvoll ist die von einem Großschönauer gestiftete Münzsammlung, welche neben sehr alten Silber- und Gold münzen noch Geldstücke aus neuerer Zeit, z. B. Meißener Porzellangeldstücke enthält. Aus der Kirche stammen verschiedene Holzfiguren und Bilder. Eine Mannesgestalt in halber Lebensgröße stellt Moses mit den Gesetzestafeln dar, fernerhin sehenswert ist ein in Holz gestochenes Abendmahl. Eine Sammlung von Photographien aus der Kriegszeit läßt in manchem Besucher alte Erinnerungen wach werden. Komisch wirken die Bilder, die uns zeigen, wie Großschönaus Bürger schwerbewaffnet die sogen. „Goldautos" erwarteten. Alle Zu- und Abfuhrstraßen wurden mit Baumstämmen und Steinen verbarrikadiert und stark besetzt, auf daß die Autos sofort in Empfang genommen werden könnten. Einen weiteren Abschnitt bildet die Damastweberei, für welche viele Belegstücke vorhanden sind. Großschönau war als Damast erzeugender Ort weit über Sachsens Grenzen hinaus bekannt. Dieser Erwerbszweig wurde hier im ^.Jahr hundert eingeführt. Im Anfang des 19. Jahrhunderts stand er in hoher Blüte. Hauptsächlich Leinendamast ist gearbeitet worden. Die Damastweberei stammt aus dem Orient und zwar aus Damaskus, es erscheint aber sehr zweifelhaft, da von anderer Seite behauptet wird, die Babylonier wären die Be gründer der Damastweberei. Der Damast wird aber auch in Ostindien und China gefertigt. In Europa wurde er zuerst von Holländern und Italienern nachgeahmt, während später Deutschland, England und Frankreich die Hauptproduktton an sich riffen. Der Damast erhält sein Muster durch die eigenartige Webart. Der in Großschönau hauptsächlich hergestellte Leinen damast diente zu Handtüchern, Servietten und Tafeltüchern, diese wurden mit bestimmten Einfassungen, Mittel- und Eck stücken gewebt. Die im Museum liegenden Damaststücke stellen namentlich religiöse Handlungen dar. Einige waren erst in fremden Händen und sind erst später durch Kauf oder Schenkung ins Museum gelangt, so z. B. eine Altarbekleidung aus der Kirche zu Lückendorf, die uns die Kreuzigung Christi vor Augen führt. Eine Decke aus dem 18. Jahrhundert zeigt uns eine Hirsch jagd in der Weise, wie sie zu jener Zeit in Frankreich sehr gepflegt wurde. Jetzt ist die alte Art der Damasterzeugung so gut wie ausgestorben, weil der Stoff billiger und schneller auf maschi nellem Wege hergestellt werden kann. Zum Betrieb eines alten Handwebstuhles waren 5 Personen nötig. Näheres über die Weberei folgt bei der Schilderung des „Weberstübchens".