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Psarrstelle geschah damals in folgender Weise: Der Patron präsentierte dem Konsistorium einen ihm zusagenden Bewerber. Dasselbe bestätigte denselben, falls keine Hinderungsgründe vor» lagen, und trug diese Amtshandlung im Bestätigüngsbuche ein. Der bestätigte Pfarrer erhielt gegen eine Gebühr von 15 gr. einen Bestätigungsbrief (Anstellungs-Urkunde). Für Oderwitz führen die libri conk. zwischen 1395 und 1430 nicht weniger als 13 Pfarrer (plebani) namentlich auf. Davon werden sechs für die Kirche in Oderwitz (acl ecclesism), sechs für die Kirche der Parochie in Oderwitz (sä eccl. parock.) und einer zuerst für die Kirche und ein Vierteljahr später für die Parochie bestätigt. Dabei bleibt es zweifelhaft, ob die Ausdrücke (acl eccl. — aci eccl. parocti.) von den Schreibern des Konsistoriums absichtlich oder nur willkürlich angewendet wurden. Das gleiche gilt für den Ausdruck ultimus rector (letzter Leiter, Vorsteher), der in sieben Bestätigungen vorkommt. Zwölf Bestätigungen bilden dem inneren Zusammenhänge nach eine fortlaufende Kette, zwei erscheinen überflüssig oder falsch. Man macht deswegen den libri conk. den Borwurf der Ungenauigkeit. Sicher trifft letzteres nicht zu. Vielmehr weisen diese Unstimmigkeiten auf das Vor handensein einer zweiten Kirche in Oderwitz hin. Beide Kirchen stehen aber damals unter ein- und derselben Patronats- Herrschaft. Heute ist das noch erkennbar. Auf dem früheren Hainewaldischen Anteile von Niederoderwitz ruht noch heute die Ntederoderwitzer Kollatur, während durch Verkauf des Kirch- lehns aus dem späteren Hainewaldischen Anteile von Oberoder witz im Jahre 1516 das Kollaturrecht erst auf Zittau, dann auf den Ruppersdorfer Anteil überging. Die erste urkundliche Erwähnung der Oberoderwitzer Kirche stammt vom 18. September 1422. Sie wird ausdrücklich als die 8uperior ecclesis (obere Kirche) in Oderwitz bezeichnet, (^cta iuä. Bd. VI!, S. 40.) In den libri cvirk. folgen für Oderwitz nach dem Jahre 1422 noch acht Bestätigungen, ohne das Vor handensein zweier Kirchen bemerken zu lasten. Bedenkt man dazu, daß das erzbischöfliche Kapitel sich von 1423 ab im Franzis kanerkloster zu Zittau aufhielt, wohin es infolge der Hussiten kriege geflohen war (der Erzbischof selbst war zu den Hussiten übergegangen), also in allernächster Nähe weilte nnd daher mit der Örtlichkeit vertraut war, so folgt noch nicht daraus, daß für diese Zeit, trotz der beiden Kirchen, nur eine Pfarrstelle bestand. 1395 trug man sich mit dem Gedanken, für jede Kirche eine Pfarrstelle zu schaffen. Doch gab man diesen nach einem Viertel- jahr wieder auf, und es blieb der bisherige Zustand bis zum Jahre 1409 bezw. 1411 bestehen, wo jede Kirche ihren eigenen Pfarrer erhält. In der Folgezeit herrscht auf der einen Stelle (Oberoderwitz) der fortgesetzte Wechsel, wie ihn die libri conl. erkennen lassen, während die andere Stelle (Niederoderwitz), mit dem Presbyter Michael von Zarnaw besetzt, sich langer Ruhe erfreut. 1423 ist ein gewisser Johann Rudwicz capellun in Oderwicz. (-Vota iucl. VII, S. 113.) Als ältester bekannter Glöckner (campanariu8) und höchstwahrscheinlich auch Schul- meister wird 1424 ein gewisser Franciscus in Oderwicz genannt. (Ebenda, S. 110.) Weiter zurückliegend wird im Jahre 1396 in der Zittauer Landtafel Oderwitz 8uper --- Oberoderwitz und Oderwitz inker --- Niederoderwitz unterschieden. Sicherlich haben die beiden Kirchen zu dieser Unterscheidung beigetragen. Von hier aus ist es nur noch eine kurze Spanne bis zum Jahre 1352, dem ersten urkundlichen Erwähnen (Zehntregister), bezw. dem Jahre 1350, dem Zeitpunkte des Erbauens der oberen Kirche. Wir stehen somit vor der Tatsache, daß Oderwitz bereits beim Eintritt in die Geschichte zwei Kirchen hat. Was vorher war, ist durchaus un bekannt. Ganz haltlos ist die Ansicht von dem Bestehen der Ntederoderwitzer Kirche seit etwa dem Jahre 1100. Nicht der geringste Hinweis liegt hierfür vor. Es mögen noch einige kirchliche Nachrichten im Hinblick aus die 200-Iahrfeier folgen. Der erste bekannte Pfarrer vom gesamten Oderwitz heißt Nicolaus de Gladus (von Schwerta bei Marklissa). Zu seiner Zeit spielte die sog. Prager Fehde. Drei- hundert gepanzerte Prager Bürger marschierten 1363 durch das Zittauer Land. Aus dem Marsche verübten sie allerhand Greuel- laten. In Herwigsdorf bei Zittau brannten sie die Pfarre nieder und erstürmten die Kirche. In Ruppersdorf verteidigten der dortige Pfarrer, der Richter und die Einwohner den Kirchhof. Die Böhmen eroberten ihn aber und nahmen die hierher ge- flüchteten Kühe, Pferde und Schweine weg. Der Pfarrer und der Richter wurden erschlagen. Um den Nachlaß des ersteren begann dann ein Streit. Zur Schlichtung desselben (es handelte sich um eine Hufe Acker und um ein Meßbuch) ward ein Schieds gericht eingesetzt, welchem der Oderwitzer Pfarrer Nicolaus de Gladus mit anqehörte. Von 1390—95 war er Dekan (Leiter, Vorsteher) des Zittauer Dekanats. Auf ihn folgte von 1395 bis 1406 Caspar de Muczenitz (von Mauschwitz). Ein Cristoff Mawsewitz, wahrscheinlich ein entfernter Verwandter von ihm, von Heynwalde ausz dem Zittischen lande, wird 1480 als Raub- ritter genannt. (N. L. M. 85, S. 56 und 107.) Später besaßen die von Mauschwitz Anteile von Oderwitz. Caspar tauschte 1406 mit dem Reichenauer Pfarrer Heinrich. Mit Michael de Zarnaw (von Sorau) von 1409—1411 schließt die Reihe der gemein- samen Pfarrer von Oderwitz. Bis zu welchem Jahre er die Niederoderwitzer Pfarrstelle inne hatte, ist unbekannt. Für die Oberoderwitzer Kirche kommen die folgenden Pfarrer in Frage: Auf einen gewissen Martin von 141 l -1414 folgt Marlin Predel von 1414 - 1423. Mit ihm hatten die Patrone und Parochianer der oberenKirche einen langwierigenProzeß.Die^cta iucliciaria enthalten kurze Niederschriften über sechzehn Termine. Es han delt sich um gewisse privile^ia in Steuersachen, die man ihm streitig macht. Als Zeugen erscheinen Nicolaus, Pfarrer in Henricioilla (Großhennersdorf), der Reichenauer Pfarrer Caspar (früher in Oderwitz), der Zittauer Glöckner (campanator) Bartholomeus de Pyernis (Pirna), Fridricus Kyav und die drei Oderwitzer Laien Bertold, Bernhard und der Richter Nicolaus. Letztere sind die ältesten bürgerlichen Namen von Oderwitz, die heute noch existieren. (Berthold, Bernhard, Nicol.) Martin Predel tauscht am 1. Dezember 1423 mit dem Kittlitzer Pfarrer Johannes. Er schuldet nach seinem Weggange von Oderwitz noch der Witwe Dorothee Taytyn in Zittau IV 8olicli8-----Schillinge. Vorher schuldet er in Zittau 1 Schock für einen Mantel. Nach knapp 14 Tagen folgt am 13. Dezember auf Johannis Nosticz der bis herige Löbauer Presbyter Nicolaus Friczko (Fritsche). Ob er derselbe ist, der vier Jahre mit einer gewissen Katharina, geb. Conrad von Odrwicz in wilder Ehe lebte und mit ihr einen Knaben hatte, welcher lebt und deswegen am Tage Gallus und zu Weihnachten je ein Schock zu zahlen hat, steht dahin, (^cta iucl. VII, S. 34.) Am 23. Februar 1424 tauscht er mit dem Pfarrer Petrus in Fridricivilla (Friedersdorf bei Zittau). Am 11. Oktober 1426 folgt Johann Haze, zuvor in Ziffridivilla (Oberseifersdorf). Sein Nachfolger heißt Andreas Smoczel, vom 27. November 1426 bis 2. August 1427. Vom letztgenannten Tage bis 27. Januar 1429 hatte ein Nicolaus de Stupicz die Pfarrstelle inne. Ein von Staupitz rettete später Luther im Augustinerkloster zu Erfurt aus schwerer Seeleunot. Es folgt Johann de Strigaw, 1429—1430, wo er starb. 1430 erscheint wieder ein Johannis de Nostitz. Vermutlich ist er derselbe, der früher wenige Tage das Oberoderwitzer Pfarramt verwaltete. Die mitunter sehr kurzen Amtsperioden spiegeln deutlich die hussitischen Unruhen der damaligen Zeit wieder. Die mehr oder weniger starke Einstellung für oder gegen die Lehre des Huß gestaltete wohl damals das Amt eines Pfarrers recht schwierig. Bis zur Reformation ist dann nur noch ein Pfarrer be- kannt. Es ist Laurentius Seydel, welcher 1459 erwähnt wird. Welches Oderwitz in Frage kommt, ist unbekannt. Uber den Stand der Reformation in (Nieder-)Oderwitz, bezw. auf den Oybiner Besitzungen zu der Zeit, als die Jesuiten erschienen, besitzen wir interessante Berichte. Petrus Canisius, erster Provinzial des Jesuitenordens in Deutschland, berichtet 1556: Sie (gemeint sind die beauftragten Commissare) hätten auf ihrer Wanderung in zwei Klosterdörsern Pfarrer von ihren Ämtern entfernt, welche verheiratet seien und die Sakramente lutherisch verwalteten. Aber sie hätten niemand