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Der Riegerbauer aber stieß einen leisen Fluch durch die Zähne und dachte bei sich, was bloß mit diesem „Trutsche" wieder los sein möge. Nein, wie konnte das Mädl nur so ein Theater aufführen! „Gun Tagg, Frau Foasldn!" sagte Ruth und lachte vor Freude über das ganze Gesicht, als sie der Besucherin die Hand zum Gruße reichte. Und verblüfft schlug die Fasoldn ein und sagte: „Gun Tagg, mei Majdl!" Aber der Bauer rannte wütend im Hofe hin und her, ballte die Fäuste und murmelte nur immer ein Wort vor sich: „Iäser, Fäser!" Dann ergriff Ruth den Arm der Frau, zog sie nach dem Hause hin und meinte immer liebenswürdiger: „Jähr ward wühl mid sein. Kommt ock rei! Wollter'ch ne of a paar Tag of'n Riegergutt eirichtn?" Noch immer war die Frau starr und brachte weiter nichts heraus als: „Nu freich, nu sreich." „Mer warn ock örscht a Schalchn Koaffee trinkn," sagte Ruth, während sie die Frau Fasold in das Haus schob. Der Riegerbauer lief wie ein zornigkollernder Trut hahn im Hofe umher, fuchtelte erregt mit den Händen in der Luft und stieß halblaute Flüche vor sich hin. Eins war ihm heute klar geworden: Die Weibvelker, ob jong oder ahlt, se hoan doach voll 'n Teisl an Leib. 16. Kapitel. Fritzens Zahnschmerzen. Leo beschreibt aber mals einen Bogen um Ruth. DerSchüttelkopf wirdDiplomat. ein Bewohner des Riegergutes konnte im Laufe der nächsten Tage sagen, daß das Leben etwa langweilig sei. Die ungebetene Besucherin sorgte dafür, daß die Leute in ewiger Aufregung umherliefen. Da war zunächst der Bauer. Anfangs hatte er den Versuch gemacht, herauszubekommen, wer ihm die böse Fasoldn auf den Hals gehetzt hatte. Aber vergebens! Die Tochter hatte diplomatisch erklärt, daß sie mit dieser Frau das erste Wort gesprochen habe, als sie auf dem Hofe gestanden hatte, sie habe sie persönlich überhaupt nicht gekannt. Daß ja eine Mittelsperson im Spiele sein könnte, hatte sich der Baler nicht überlegt. Aus dem Bruder war ebenfalls nichts herauszukriegen gewesen. Dieser hatte nur umsomehr den Kopf geschüttelt und war nach einigen erstaunten „Nu ja, nu nee" seiner Wege gegangen. Nun hatte sich Rieger-August gesagt, es müsse ja von der Zickln bald Bescheid kommen. Dann wäre er wenig stens insofern aus seiner Not gewesen, als die Fasoldn nicht mehr in Betracht gekommen wäre. Er verfluchte täglich seine Unbesonnenheit, die ihn zu dem Ausspruche verleitet hatte, wenn die Zickln nicht wolle, werde er die Fasoldn oder gar keine heiraten. Aber es konnte ihm ja gewiß nicht fehlgehen. Die Zickln würde doch seinem Ruse folgen. Umso wütender war er, als ihm die Korbmenzeln den abschlägigen Bescheid in das Haus brachte. Nun blieb ihm nur die Fasoldn übrig, wenn er nicht offen zugeben wollte, daß er sich vor dieser fürchte. Er ging umher wie vor den Kopf gesa lagen, brummte und knurrte von früh bis abends und war besonders bemüht, der Gästin gegenüber sich so mißliebig wie nur möglich zu machen. Wie ihm, so ging es auch dem Kühjungen. Sein fort währendes Stoßgebet bestand darin, der Himmel möge ein Einsehen haben und die böse Fasoldn wenn nicht gleich zu sich, so doch wenigstens vom Riegergute weg zunehmen. Er hatte auch allen Grund zu dieser Bitte. Sobald die Frau des Jungen ansichtig wurde, konnte» ihn nur seine flinken Beine vor schmerzlicher körperlicher Berührung mit ihr behüten. Einigemale war sie aber doch unvorhergesehen über ihn gekommen, was zur Folge gehabt hatte, baß sich alle fünf Finger ihrer Rechten auf seiner linken Wange abgezeichnet hatten. Einige Tage nach der Ankunft der unholden Besucherin stand der alte Schlohwenzel hinter dem Wohnhause vor einem kleinen Holzschuppen und hackte Reisig. Der Küh- junge band die Bündel mit Birkenruten zusammen und stapelte sie auf. Um den Kopf hatte er ein wollenes Tuch gebunden, weswegen ihn auch Schlohwenzel fragte: „Os denn goar su schlömm mit Denner Zoahnangst, doß dr host missn dan Fetzn ömbinn?" Verschmitzt schielte ihn der Junge an. „Zech hoa iber- haupt keen Zoahnangst," sagte er pfiffig. Schlohwenzel schüttelte den Kops verwundert und fragte: „Woas soll'n do dar Loappn?" Vorsichtig sah sich Fritz nach allen Seiten um, trat dann nahe zu dem Alten und flüsterte: „Jähr hörrt's ju, wie's seit acht Tagn be ons zugieht, seit de Foasldn do ös. Die schörmziert doach röm, doß een himmlangst warn kennt." Das war dem Schlohwenzel natürlich nichts Neues. Dennoch schüttelte er den Kopf. Was das mit dem Fetzen da zu tun habe, fragte er den Jungen. Abermals schaute sich Fritz vorsichtig um, ob etwa ein Lauscher in der Nähe sei, und näherte dann seinen Mund des Alten Ohr: „Zech lab doach e ebger Angst, doasse mer namo een neiheebt. Woas die fer an Pfut hoat, iech dank schien. Ond do bien 'ch abn dodrus komm. Zech tu, oas wenn'ch Zoahnangst hätt ond hoa mr doas Tichl ömgwörkt. Wenn se miech amo wieder zo packn kriggt und schmiärt mr een, do hält das Tichl wingstns woas oab." Schlohwenzel schüttelte wiederum den Kopf, lachte jetzt aber laut auf und meinte, so groß sei die Gefahr doch nicht, denn bei Fritzens Behendigkeit könne er ja dem Unheile immer zeitig genug aus dem Wege gehen. Der Junge lächelte geschmeichelt, setzte aber sogleich hinzu: „Aber dr Bauer, dar ös oh neunmol ve Hosier wie sonst. Ond's toat doach friher schonn zulang." Da verfiel der Alte in seine Gewohnheit, Sprichwörter zu rezitieren. „Ieija, 's ös besser, Weiber bgroabn, oas e de Körch sihrn," meinte der alte, eingefleischte Jung geselle. „Aber de Ruth ös ötze vill ömgänglcher," sagte Fritz, wobei die Freude auf seinem Gesichte glänzte, daß wenig stens die allzeit flinken Hände der Riegertochter jetzt nicht mehr die alte Gefahr bildeten. Sie hatten ja sonst auch so bedrohlich locker am Handgelenke gehangen. Schlohwenzel schmunzelte verständnisinnig: „Woas dann Enn sein Eul ös, ös dann Annern sein Nachtigoall." Der Kühjunge sann einige Augenblicke vor sich hin und meinte dann wehmütig: „Aber woas de Foasldn ös, die ahl Runkunkl, die kennt doach nu egntlich wieder gihn. Wenn se oh amend nö groad ausschliät, aber e ebgn Sorgn muß mr doach labn." (Foittetzung folgt j