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braunen Bänke, der Altar mit dem holzgeschnitzten Kruzifix darüber, genau wie einst. Weiter gehe ich, über den sonnigen Kirchplatz, die Promenade entlang, vorbei an dem alten Stadtmauer rest, an dem Springbrunnen, der mit seinem Schleifer das Entzücken unsrer Kindertage war. Einen kurzen Gang noch auf den idyllischen „alten Friedhof" mit seinem grünumwachsenen Kriegerdenkmal und dann mahnt mich die Mittagsglocke an die Rückkehr zu den liebenswür digen Gastfreunden. Überall auf meinem Wege grüße ich vertraute Plätze und Winkel. Alte Bekannte treffe ich, ehemalige Klassen schwestern, aus denen inzwischen Frauen und Mütter wurden, junge Mädchen, die ich vor fahren noch mit dem Puppenwagen sah! Nachmittags geht's dann auf den Berg, auf „unseren Berg". Glückselig steige ich den alten vertrauten Weg bergan. Mieden Daum, jeden Strauch kenne ich wieder, jeder schöne Ausblick erfüllt mich mit ^iubel. In dem „Derghäuschen" gibt's dann Kaffee und selbstgebackenen Napfkuchen. Wie einst sitzen die Männer bei ihrem Skat und die Frauen bei ihrer Handarbeit, und wie einst liegt die bläuliche Rauchdecke über dem Raum. — Beim Nachhauseweg dann dasselbe Bild, das uns las Kinder schon entzückt: im dunklen Tal schimmern all die vielen, vielen Lichter des Städtchens und die düsteren Schattenbilder der Türme heben sich schwarz vom Nacht himmel ab. Awei, drei glückliche Tage liegen noch vor mir, in denen ich noch andre liebe Plätze aufsuchen will. Nach Alt-Löbau möchte ich gehen, wo die efeubewachsene alte Schule steht. Dann will ich durch den schönen, stillen Hohlweg nordwärts wandern nach Kittlitz und von da zur „Gemauerten Mühle" gehen. Der Rückweg geht dann am Wasser entlang, zwischen den hohen Felswänden der Skala hin. Wie gerne bin ich da immer gegangen l Aum Schluß muß ich dann noch einmal auf unseren Löbauer Berg gehen. Da sind noch so viele liebe, alte Fleckchen, die ich Wiedersehen muß, schöne, stille Wald wege, eine kleine versteckte Blöße, der Geldkeller, der Rinnelbrunnen. Den Honigbrunnen möchte ich auch noch besuchen und auf den Turm will ich auch noch gehen und will von da noch einmal die Heimat sehen, will das ganze liebe Bild in mich aufnehmen. Am Fuße des Berges das Städtchen, im Nmkreis all die Dörfer, die Berge und Hügel, und noch oft, oft werde ich's vor mir sehen, wenn ich wieder in dec fremden großen Stadt bin. VergüngltlHkeil Wie rasch, wie flüchtig ist die Zeit! Ls streift der Sommer ab sein goldnes Kleid und all der schöne, bunte Dlumentand entsinkt der müden Geberhand. And ist mir doch, al» sah' ich noch die Welt in weißen Dlütenflocken und blaue Frühlingsträums locken — o flüchtiger Glanz l Schon reiste längst der Ährenkranz und goldenes, seliges Sommergluck verging. Di« Tag« werden kur; und sahl und still. Es war einmal! E> banger Seufzer, keine Sehnsucht hält, was flüchtig ist, vergeht, zerfallt. Marg. 4?«ich,I-Karft«il. Gustav von Moser Persönliches und Sprüche und Aussprüche aus seinen Werken Mann, der ein halbes Jahrhundert auf dem Boden WWK unserer heimatlichen Oberlausitz gelebt, gewirkt und — gedichtet hat, wie unser Gustav von Moser, der dars wohl Anspruch darauf erheben, daß seiner einmal wieder gedacht wird. Mag auch seine Wiege am I I.Mai 1825 in Spandau gestanden haben, mit der Oberlausitz und vor allem mit Görlitz verknüpfen ihn die Fäden einer 50jährigen bühnen- schriftstellerischen Tätigkeit. 3n Görlitz begann im Jahre 1854 seine Bühnenlaufbahn mit der Aufführung seines ersten Lustspiels, hier und auf seinem Gute Holzkirch bei Lauban schrieb er über hundert Bühnenstücke, in Görlitz beschloß er am 22. Oktober 1903 seine Erdenlaufbahn und erfolgte seine Einäscherung, die er sich als begeisterter Anhänger dieser Bestattungsart ausdrücklich ge wünscht hatte. Wie er sich im übrigen zu der Frage der Leichen verbrennung stellte, das sagt er sehr hübsch in seinen „Lebens erinnerungen": „Der Verstand ist in der Minorität, deshalb lassen sich heute noch so wenige verbrennen. — 3n absehbarer Zeit werdep aber die Verständigen und die Unverständigen ver brannt werden." Die ersten dramatischen Versuche unseres Dichters müssen aber über das 3ahr 1854 hinausgehen, sonst hätte dieser nicht, wie uns berichtet wird, noch sein „50jähriges Dichterjubiläum" feiern können. Bekanntlich hat er eine Anzahl seiner Stücke gemeinsam mit Paul R. Lehnhard verfaßt. Drei Sommer hindurch war dieser in Bertelsdorf bei Lauban, wo Moser damals im Hause seines Schwiegersohnes, des Kaufmanns Karl Schuster, wohnte, sein Mitarbeiter. Eine stattliche Reihe von Werken entfloß damals ihrer gemeinsamen Feder. So die Ein > akter: „Sein Fehltritt", „Der Laubfrosch", „Der Schäferhund", „Parlamentarisch", „Die Heiratsfalle", „Die schlanke Lina", „3m Riesengebirge" (Musik von Paul Linke), alles Stücke, die man heute noch auf Ltebhaberbühnen findet. Die beiden großen Erfolge der drei 3ahre aber waren „Direktor Buchholz" und der Schwank „Unsere Pauline". Dieser verdankt, wie so manches andere, seine Entstehung einem Zufall. Mosers Lieblingstochter Asta, der er übrigens als Mitgift die Einnahmen aus seinem erfolgreichsten Werke, dem „Beilchenfresser", mitgegeben hatte, hielt in Bertelsdorf ein großes Haus und zahlreiche Dienstboten. Als trotzdem einmal garnichts „klappen" wollte und die Dumm- Helten der dienstbaren Geister der Hausfrau zum Vorwurf gemacht wurden, meinte diese schmollend: „Nächstens werde ich mich selbst noch als Dienstbote vermieten, um alles genau zu lernen." Da lief Moser vergnügt zu seinem Mitarbeiter im „Grünen Baum" hinüber und rief ihm zu: „3ch habe eine 3dee! Eine Hausfrau muß sich als Dienstmädchen vermieten!" Lehnhard griff den Ge- danken sofort auf, und schleunigst ging man an die Arbeit. Tag für Tag sah man die beiden nun im Gasthof zum „Grünen Baum" sitzen und schreiben. Bei gutem Wetter wurde das Quartier in der Veranda aufgeschlagen, wo nebenbei die Hühner gefüttert wurden. Bald war der Schwank fertig. Die Urauffüh rung der „Pauline", die, wie üblich, im GörUtzer „Wilhelm- theater" stattfand, hatte einen vollen Erfolg. Der Schwank wurde In der anschließenden Theaterspielzeit viel gespielt, im „Kaiser- 3ubiläums-Stadttheater" in Wien war er beispielsweise in jenem 3ahre das meistgegebene Stück. 3n den langen 3ahren seines Görlitzer Aufenthaltes ist Moser zu einer außerordentlich volkstümlichen Persönlichkeit geworden. Kleine Geschichten, in denen seine große Liebenswürdigkeit zum Ausdruck kommt, ließen sich zahllose berichten. Trotz seiner riesigen Einnahmen ist Moser bekanntlich wirt- schaftlich nie auf einen grünen Zweig gekommen. Zwar gingen auch noch in den letzten 3ahren an Einnahmen von den erfolg reichen Stücken monatlich über tausend Mark ei», aber der alte, lebenslustige Herr hatte etwas vorweg gelebt, und so blieb ihm nur soviel, als er für seinen Unterhalt brauchte. Der erfolgreiche