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Sofort klang es schnippisch zurück: „Fällt mr ju goarnö ei, do tätt ees ju ock no dreckger warn." Das war dem Bauer etwas zu starker Tabak, weswegen seine vierschrötige Gestalt jetzt in der Türöffnung erschien. Durch seine Stimme klang eine nicht mißzuverstehende Drohung, die den Worten ihren Nachdruck verlieh. „Nu, Du verdoammter Bdalg, iech war Dr glei larn, mit Denn Poater annersch zo riädn." Aber erstens war Ruth derartige Unterredungen schon längst gewöhnt, und dann war sie ja auch eben des Vaters Tochter. Ihr harter Kops dachte garnicht daran, dem harten, viereckigen Schädel des Vaters auszuweichen. Wie hätte Ruth Furcht vor dem Vater empfinden sollen? Sie sah sich als gleichberechtigt mit ihm auf dem Gute an. Sie setzte ^inen irdenen Topf sehr unsanft auf die Herdplatte, stemmte die Arme in die Seiten und begann nun in dieser weib lichen Fechterpose: „Doderzu ös ba miär zo spät. Do hätter iher dermit missn oasang. Iech hoa ju zeitslabens ock -Schimpsn ond Matern ghorrt. Ond wiemer en Buusch bliäkt, su bliäkt's oh wieder raus." Der Bauer lief purpurrot im Gesichte an, preßte aber die Lippen zusammen und sah der Tochter nur scharf in die Augen; dann erwiderte er ohne besonderen Stimmaufwand, über indem er die Worte grimmig zwischen den Zähnen hervorzischte: „Otz wörd nu aber groad of stiehnder Foahrt Huchst gmacht, ond wenn's oh eenzg ond alleen Diär zon Possn wiär." Ruth nickte mit dem Kopfe und ließ ein Knurren der Bejriedigung hören. „Jähr mit Euern Eisnschadl brecht's fertg, ock an annern zon Possn falber es Onglick laufn. Aber suvill soi'ch: O dann Tag, wu Jähr heiroatn tutt, nahm iech mr 'n Krauttonl." Schramm machte der Bauer kehrt und nahm seinen Marschschritt wieder auf. Dabei schrie er: „Do sitt ees ja glei, woas fer a oalbernes Ding Du böst. An vernömftgn Majdl tätts nö eifoalln, siech oa su an Traumtött zo häng, wie dr Toni ös." „Ond mecher vernömftge Bauer vo fuffzg Iuhrn nömmt'ch denn vir, namo zo heiroatn? Nee, mitt'n Bernömftgsein spielt ock Iähr'ch nö uf! Do kommt'er ne weit," lautete die Entgegnung. Da ließ sich Rieger zu der Unbesonnenheit verleiten, sein Vorhaben der Tochter gegenüber zu verteidigen. Daß er damit ihr Recht anerkannte, in seine Angelegenheit hineist- Zureden, das er bis jetzt immer bestritten hatte, überlegte er sich im Augenblicke garnicht. „A Bauer en bestn Iuhrn," begann er. Da wurde er schon von der spöttisch auflachenden Ruth unterbrochen. „En bestn Iuhrn? Doas sedd Jähr? Doß mer'sch ock nischt tutt." Die Quecksilbersäule des Grimms war beim Vater wieder im Steigen begriffen, weswegen auch das Marschieren auf hörte und er sich wieder in die Türöffnung postierte. Seine Stimme bebte jetzt in unterdrückter Wut. „Oalberne Goans Du, hielt 'n Schnoabl! A Bauer en bestn Iuhrn, dar'ch an vernömftge Frau nömmt, ös woas ganz annersch, oas a dommes Grieschl, doas'ch e an Oaffn verguckt." Klirrrr ging es. — Ein tönerner Topf war in weitem Bogen an die Wand geflogen und dort in Scherben zer sprungen. Das Mädchen zitterte vor Zorn am ganzen Leibe. „Woas, iech verguckt en Krauttonl? E su a Ioammer- gstell? Nö dersahn koan'ch'n. Aber iech weeß,Iähr könnt'n oh nö dersahn, wingstns nö oas Schwiegersuhn. Ond groad dastwajgn heiroat'ch'n, groad Euch zon tickschn Possn." Zerbrochene Töpfe hatte es bei ähnlichen Anlässen schon gegeben. Der Bauer warf nur einen befriedigten Blick auf die Scherben. Befriedigt darüber, daß er die Tochter doch so richtig in die Hitze gebracht hatte. Dann ging er wieder zur Tagesordnung über, indem er giftig antwortete: „Doas sitt'er ahnlch, doß Du Dch zeitslabns iälend machst, ock öm doß'd an annern ees auswischn konnst. Do ös Dr oalls anner egoal. Su a Luderbeen vo anner Toachter Hot ees nu. 's ös an Schänd." — „War zwingt en denn derzu?" lautete die trotzige Entgegnung Ruths. Darauf zu antworten, vermied Rieger, ging aber einige Schritte in das Stüblein zurück, hieb dort die Faust auf den Tisch und schrie: „Suvill soi'ch Dr, wenn doas Arnst wörd mit dan Pflaumtoffl, aus'n Haus schmeiß'ch Dch naus." Krach, polterten ein paar eiserne Töpfe zusammen. Mit der Faust auf die heiße Herdplatte zu hauen, schien dem Mädchen doch nicht ratsam. Höhnisch erwiderte sie: „Doas hoatt'er ju goarnö nutwendg. Iech zieh ju vo alleen. Iech war ju danno Jong-Frau en Krautbauer-Gutt." Der Bauer ließ einen Fluch hören, der inbezug auf Länge und höllische Güte nichts zu wünschen übrig ließ. Dann erklärte er, mit dem Mädl sei ja nie ein Auskommen ge wesen, es sei eben dem Leibhaftigen vom Hinterteil los geschnitten. Mit dieser volkstümlichen Redewendung wollte er die Unterhaltung beenden, sah aber sofort, daß er da die Rechnung ohne seine Tochter gemacht hatte. „Nu, do 'ch ock doas weeß," hakte diese gleich wieder ein, „bis ötz hoa'ch ömmer gdoacht, iech wiär 'n Rieger- bauer sein Toachter. Ond woas 'ch no soin wollt, denkt'n Jähr, Euch wörd de Zickl-Witfrau mign? Do sedd'er oas vill zo groob bkannt." Der Vater, der sich soeben am Tische hatte niederlassen wollen, nahm seinen Marsch wieder auf und fragte grimmig, wie es dann mit ihr sei, wenn man ihn grob nenne. Schlagfertig erwiderte Ruth, wenn sie auch grob sei, so könne sie insofern nichts dafür, als ihr das eben anererbt und angeboren sei. Der Bauer überlegte, was ihm da die To chter, ohne es zu wollen, verraten hatte. Da sollte sie aber schiefgewickelt sein, nahm er sich vor. Langsam, jedes Wort abwägend, damit es umsomehr Wirkung erziele, sagte er: „Wenn D' do druf baust, doß'ch vo dr Zickln an Korb Krieg, do host'ch ömmer no verreckst. Denn oall ös danno die Gschicht no lang nö. Gheiroat wörd, ond wenn'ch Euch oalln zon Possn die ahle, grobe Foasldn vo Diemdors heiroatn soll. Ruth zuckte zusammen. O weh, wenn der Vater gewußt hätte, was da inbezug auf die Fasoldn schon unterwegs war! Aber sie biß sich auf die Lippen und sagte nur, das werde sich der Vater wohl noch zehnmal überlegen. Das spöttische Lachen um ihre Mundwinkel machte den Riegerbauer nur noch wilder, weswegen er in wütender Unbesonnenheit brüllte: „Ne eemo iberliäch mr doas. Ond iech soi Der'sch ötze ee fer ollmol, entweder de Zickln oder de Foasldn, aber keen Drötte." Ruth lachte laut auf. Und nicht die geringste Färbung von Spott lag in diesem Lachen. Es klang vielmehr wie aus einem erleichterten Herzen kommend. „Doas soll a Wurt sein, Voater," rief das Mädchen schnell. Der Bauer sah sie überrascht an. Woher kam der plötz liche Umschwung in ihrer Stimmung? Mißtrauen war wohl hier am Platze. Aber was er gesagt hatte, hatte er eben gesagt. Und er bekräftigte es noch ausdrücklich: „Freich ös a Wurt. Und a Wurt, woas dr Riegerbauer gsoit hoat, doas gölt oh." (Fortsetzung folgt.)