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für die ganze Umgebung zu überzeugen. Aber auch das gelang schließlich, und nachdem weiterhin das erforderliche Anlage kapital sichergestellt worden war, konnte endlich an die eigent- lichen Ausführungsarbeiten herangetreten werden. Und das war wahrlich keine geringe Aufgabe. Wie sah das heutige Gebiet des Waldtheaters damals aus? Der ganze Raum war eine noch nicht lang angelegte Fichten schonung auf einem Boden, der in ganzer Länge von mehreren parallelen Erhebungen und Furchen durchzogen wurde. Das Ganze sah aus wie die Oberfläche eines sturmgepeitschten, aber plötzlich zu Stein gewordenen großen Teiches. Das Gelände, auf dem sich heute die Bühne und die Sitzreihen befinde», war mit zahllosen Felstrümmern von zum Teil recht beträchtlichen Größen- und Gewichtsverhältnissen übersät. Hier mußte der Boden abgetragen «werden, an anderer Stelle aufgeschüttet und geebnet werden. Besonders viel Mühe machte die Beseitigung des Felsgerölls, das zum Teil gesprengt werden mußte, aber für den Unterbau des Bühnenhauses und des Unterkunsts- raumes Verwendung finden konnte. Trotzdem machten die Arbeiten unter zuverlässiger fachmännischer Leitung rasche Fort schritte. Für die Bühnenanlage hatten meine zahlreichen und sehr guten Lichtbilder von dem Dresdener Naturtheater manchen wertvollen Fingerzeig geben können. Sie sind auch erkennbar mitbenutzt worden. Leider habe ich es damals nicht durchdrücken können, daß das Blockhaus auf der Bühne um etwa 2 Meter seitlich »ach links zu stehen kam. Dadurch ist nicht nur ein sehr schöner Teil des Hintergrundes dem Auge des Besuchers ver deckt, sondern auch ein wertvolles Stück der an sich ja außer ordentlich weitläufigen Bühne der Benutzung entzogen worden. Am ersten Pfingsttage des Jahres I9lt konnte das Oybiner Waldtheater seiner Bestimmung übergeben werden. Die Er öffnungsvorstellung mit Goethes „Iphigenie" und Margarete Fel den in der Titelrolle wird allen Beteiligten unvergeßlich bleiben. Mir auch. Ich war nämlich nicht dabei, so riesenhafte Selbstüberwindung es mich auch kostete. Es hatte wenige Tage vor der Einweihung eine Verstimmung gegeben, während deren mir andauernd das berühmte Zitat des Mohren aus „Fiesco" in den Ohren lag. So saß ich denn mit heißem Sehnen im Herzen und der Uhr in der Hand in meiner Gartenlaube fern von Madrid, um im Geiste Szene für Szene zu verfolgen. Ich habe die Zähne fest zusammenbeißen müssen. Es ist schon mög lich, daß ich das Waldtheater nach seiner Fertigstellung über haupt nie wieder betreten hätte, wenn nicht einige Tage später Ferdinand Hesse in sichtlicher Betretenheit mich vor eine schwere Alternative gestellt hätte, und seine Freundschaft war mir schließlich wertvoller, als eine vorübergehende Enttäuschung. Die zahllosen Freilichtbühnen, die nach I9I I wie Pilze aus der Erde schossen, sind weder durch das Harzer Bergtheater, noch durch die Dresdener Bolkswohlbühne, sondern durch die unter Fritz Klötzels künstlerischer Leitung vorbildlich gewor dene Oybiner Schöpfung angeregt worden. An dieser Tatsache kann kaum jemand zu rütteln wagen. Möge die Oybiner Bühne ihre überragende Stellung zu behaupten wissen. Bruno Reichard. Drei kleine Geschichten Die kleine Hanni steht an der Wiege ihres jüngeren Bruders, um ihn in den Schlaf zu schaukeln. Plötzlich setzt sich eine Fliege bei dem Kleinen just auf das Stumpfnäschen. Trotzdem sich nun das Schwesterchen eifrig bemüht, ihren Bruder vor dem Plagegeist zu schützen, will es ihr doch nicht gelingen. Die Fliege kommt stets nach kurzer Zeit wieder, Schließlich wird die mit einer Handarbeit beschäftigte Mutter auf das Treiben ihrer Tochter aufmerksam. Endlich gibt sie dem Töchterchen den Rat, die Fliege zu fangen, sie aber nicht zu töten, sondern zum Fenster hinauszulassen. Mit vieler Mühe gelingt es der Kleinen, der Fliege habhaft zu werden. Als sie jedoch an das Fenster tritt, um die Fliege hinaus fliegen zu lassen, bemerkt sie, daß es draußen regnet. Schnell eilt sie zur Mutter und fragt: „Du, Muttr, woas mach'sch ock itze? — Haußn rajnt's suh sichre, do koann'ch do die oarme Fliege ne rausjoinl" * * * Der kleine Max fährt mit seinem Vater zum ersten Male eine größere Strecke auf der Eisenbahn. In Bautzen ruft der Verkäufer sein bekanntes: „Bier, Zigaretten, warme Würstchen!" aus. Als sie in Dresden ankommen, horcht der kleine Kerl mit einem Male auf und sagt dann zum Vater: „Nee, Papa, muß dar Moan abr dropp loofm Kinn. Itz vcrkeest dar sei Bier und seine Würschtl schunn wiedr a Drasn!" * * * In der Schule erklärt der Lehrer seinen Kleinen, was ein Wunder ist. Er sagt: „Wenn ich jetzt auf das Dach unseres Schulhauses klettern würde, und ich siele herunter, ohne mir einen Schaden zu tun, was würde das sein? — „A Zufoall!" ruft einer. — Da jedoch der Lehrer auf das Wort „Wunder" hinaus will, schüttelt er bloß mit dem Kopf und fragt von neuem: „Wenn ich aber nun ein zweites Mal hinausstiege und wieder herabsallen würde, ohne mir Hals und Beine zu brechen, was wäre das?" — „Schwein!" meint ein anderer. — „Nein, das meine ich auch nicht", entgegnet der Lehrer ärgerlich. „Stellt euch doch bloß einmal richtig vor, was das wäre, wenn ich nun immer noch einmal auf das Dach stiege und noch einmal herabstürzte, ohne mir das Genick zu brechen?" — Und da schrie einer freudestrahlend: „Gewohnheet, Harr Lährer!" (Nacherzählt v. 3. W. Dreßler.) Schnurren aus der Heimat Nacherzählt von I. S. Das unbekannte Auto „Es ist gar noch nicht lange her," so wurde kürzlich bei einer Unterhaltung im Berggasthause erzählt, „daß ein Reichen berger Fabrikant, der sein Jagdgebiet hinter der Lausche hatte, mit seinem Auto zur Jagd fuhr. Oben im Gebirge an einer sonnigen Bergwiese wurde Halt gemacht und die Jäger stiegen aus, um sich durch ein Frühstück am Waldesrande zu stärken. Der Wagenführer hat noch einiges am Auto zu ordnen. Da kommt ein Bergbauer aus dem Walde, der sich das neumodische Fahrzeug schon von weitem verwundert besieht. Als er den Chauffeur an der Kurbel hantieren sieht, sagt er: „Da Hann Se wohl dasselbe Pech gehatt wie ich? Da is Ihn wohl och die Deichsel abgebrochen? Da könn Se ja gleich mit mir zur Schmiede fahrn!" Der Führer erwidert, daß sein Auto keine Deichsel habe und von selbst fahre. Aber der Bauer schaut ihn ungläubig an und schüttelt den Kops. Der Autosührer denkt: Das soll ein Spaß werden! Er geht zu seinem Herrn und fragt, ob er den Bauer, der noch kein Auto gesehen, ein mal ein Stück fahren dürfe. „Aber scharf! Das soll ein Gaudi werden!" erwidern die Jäger, die interessiertnähertreten. Auf allseitiges Zureden läßt sich das Bäuerlein bewegen und steigt ein. Der Führer kurbelt an und fort geht's, erst langsam, dann immer schneller, daß unserem Bauer Hören und Sehen vergeht. Unser Chauffeur will seine Kunst zeigen und fährt hart um eine Kurve., Da schleudert der Wagen und stößt an einen Baum und beide Insassen stürzen in hohem Bogen über den Straßengraben auf eine Wiese. Der Wagenführer kommt zuerst wieder zu sich und läuft zu dem Bauer. „Ist Ihnen etwas?" fragt er besorgt. „Nä," antwortet der Bauer, der sich langsam zurecht findet. „Fehlt Ihnen wirklich nichts?" forscht jener noch einmal. „Nä, ich wißte nich," meint der Bauer, „aber sagen Sie mal, wie bringen Sie denn das Ding zum Halten, wenn Ke Bom da is?"