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Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius ISj (Fortsetzung) Da schielte sie Leo ,mit kurzem Seitenblicke an und wußte sich's nicht zu deute», warum die Riegertochter plötzlich so freundlich zu ihm war. Aber kurz erwiderte er: „Amend hot's ourtn dr Hunger gmacht. Ötz bien'ch nu bahl soat." Bei allem Gleichmut, mit dem sich Ruth gewappnet hatte, stieg ihr nun doch die Röte des Unwillens in das Gesicht. Diese Art, sich jedes Wort abkausen zu lassen, wurde ihr so langsam zuwider. Und da mußte den Burschen nun auch noch der Hafer stechen, daß er gleichgültig sagte: „Woas selltch'n oh mit der Riegerbauertoachter grüß zo riädn hoan?" Darob trat natürlich die Röte schon etwas greller in Ruths Gesicht. „Oach su, böst wühl oill zo grußoartg derzu?" rief sie ihn wütend an. Aber der Bursche war nicht aus seinem Phlegma zu bringen. Mit demselben Kühlen Tone wie bisher entgegnete er: „Nee, iech wörklch ne; iech hätt wühl zon Grußoart'g- sein oh kenn Grund." „Oach su, do bien iech wuh de Grußoart'ge?" rief Ruth immer lauter und heftiger. „Doas hoa'ch ju ne gsoit." „Aber gdocht." „Gdankn sein zollfrei." Jetzt war es um den erkünstelten Gleichmut Ruths geschehen. Sie stemmte die Arme in die Seiten und begann mit Heftigkeit: „Do weeß'ch ju gnung Also iech biens, miär schmeßt Grußoart'gkeet vir. Ond iech? Iech stieh schon» a poar Stonn oer Der maulfaul» Karin und gah wer oall Mih, doß'ch Diech zon Riädn breet. An jedn annern hätt'ch schonn lang sötzn lossn ond wiär menner Wajg gang. Aber nö, do denkt ees, dar Hot doach kenn Grund zon Mucksch- sein. Ond do versucht's ees abn ömmer wieder. Ond woas poassiert? Schmeßt wer dar grußoart'ge Leo Adam vir, iech wiär de Grußoart'ge, wenn hach ufplustert wie a dieser Sperlch." In aller Ruhe warf Leo ein: „Woas fer an Grund hätt'n iech, of Diech zo tickschn, ond woas wärschtn Du Der oh grüß draus machn?" Ruth verlor jede Selbstbeherrschung und Überlegung, während sie in ihrem Texte fortfuhr: „Ob iech miär woas draus mach oder nö, ös ganz mein Sach. Doas gieht kenn Menschn woas oa. Ond iech mach mer abn groad woas draus, groad, weil'ch will." Der Zimmermann lief allmählich auch rot im Gesichte an. Was sollte das mit dem Mädchen bedeuten? Das Blatt begann ihm so langsam zu schießen. Aber das Mädchen war so im Zuge, daß es noch lange nicht auszuhören gewillt war. „Iberoal, en ganzn Ömkreis heeßt's, der Adam-Leo wär a schneid'ger Karl, wie's kenn zweetn mih gäb. Na, iech hoa no nischt dervohn gspirt. Wievill sein schonn wajgn miär friher en Riegergutt gwast, vo dann kee Mensch sprächt, doß se schneid'g wärn. Aber Du, dr schneid'ge Adam-Leo, wechst mer e an grußn Bogn aus." Leo war so verdattert, daß er nicht wußte, was er zu dem Gefllhlsausbruche des Mädchens sagen sollte. Daß er echt war, ergab sich ohne weiteres. Leise trat er zu Ruth und sagte, wobei ein banges Gefühl ihm fast die Rede ver schlug: „Ös Der'sch denn wörklch su öm's Harz?" Erschrocken wendete sich Ruth ab und erkannte, daß sie sich verraten hatte. Und umso heftiger schrie sie darum auf den Burschen ein: „Woas ös'n doas nu wieder? Du bölst'er doach nö ern ei, doß'ch misch Diär oabittn will? Hahaha, 's ös richt'g zon Lachn. Dr schneid'ge Adam, do stieht a ond will wönsln." Leo fuhr zurück, wie von einem giftigen Insekt gestochen. „Iech wönsln? Nu, do host gschnoppt. Ötz hoa'ch 's ju ver ladt, woas fer a Göftdrachn Du böst. Du heeßt ne ömsonst de Ruth. Dan Noam hott'er Dein Motter, Gott loß se sal'g ruh», extra ausgsucht, weil Der kee anerer zukömmt. Ruth, jeija, dö Zochtrutt böst fer'sch ganze Riegergutt, dö Zocht- rutt. Ond nu lab gsond, oder wie D' sonst wöllst!" Mit langen Schritten, ohne sich noch einmal umzusehen, flüchtete sich Leo aus dem Hofe. Ruth wußte vor Zorn nicht, was sie anstellen sollte, den Schmäher zu beleidigen. „Woas, wenn Noam schmeßt mer vir?" brüllte sie ihm nach. „Du, wie heeßtn Du? An Hundnoam host. Wecher vernömft'ge Mensch heeßt'n Leo? j — Leo, such, such, such!" Aus der Scheune trat der alte Schlohwenzel, der die lauten Worte des Zankes gehört haben mußte, als er ver sucht hatte, auf dem Stroh einen Nachmittagsschlaf zu halten. „Nee, dar sucht of'n Riegergutt nischt," brummte er vor sich hin. Ruth aber sah eine Weile dem Davonstürmenden nach. Dann schüttelte sie sich, als wolle sie etwas Unangenehmes von sich weisen, schlug die Hände vor das Gesicht und ging langsam in das Haus. Scheu schlich sie sich in ihre Kammer. Daß sie weinte, brauchte niemand zu gewahren. Schlohwenzel aber nickte mit dem weißen Kopfe und sagte: „Jeija, wu Stoahl ond Steen ofnanner schloin, gibt's Funkn. Aber wu a Feuer brenn soll, missn oh Funkn fliegn." Und das war das Vernünftigste, was jemand über die beiden — Ruth und Leo — sagen konnte. 10. K a p i t e l Warum der Riegerbauer.eine Unruhe im Leibe hat und wie der Schüttclkopf zwei neue Klienten bekommt. 6ös^ie Tage auf dem Riegergute hatten zwar immer Zt eine gewisse Gewitterschwüle an sich, unbeschadet ob sie auch Schnee und Nordsturm brachten, aber jetzt war es schlimmer als je geworden. Der Bauer und seine Tochter gingen einander aus dem Wege, soweit es das Handinhandarbeiten erlaubte. Die geplante Wieder verheiratung Riegers stand drohend zwischen ihnen. Aber August war nicht der Mann, der so leicht ein Vorhaben fallen ließ, wenn die Umstände dagegen an kämpften. Er fraß sich vielmehr nur noch weiter in seinen Plan hinein, hatte auch bereits eine Anfrage an die Frau Zickler in Hennersdorf gesandt, worauf ihm der Bescheid gekommen war, sie wolle sich die Sache erst überlegen. Die Antwort aber war dem Bauer zu weit läufig gewesen, weswegen er ihr hatte sagen lassen, zu überlegen sei da nicht viel, er erwarte ein Ja oder ein Nein. Nun hatte die Zicklwitfrau sagen lassen, sie werde an einem der nächsten Tage einmal im Vorbeikommen