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Ar. 1<)Hbsrtaufltzsr Hetmaizs!iung Gpaziersans rnr Krüyßins Von Theodor Schütze, Hainitz Sieh die kleinen Anemonen ihrs zarten Köpfchen heben, wie sie heiter, still, bescheiden neuem Licht sntgsgenleben! Sieh der Weiden goldne Kätzchen rings an hundert Duschen ragen l Sieh der Hasel braun Gesträuchs tausend schwanke Troddeln tragen! And der Lerchen liebe Lieder hörst du aus den Saaten steigen, muntrer Amseln süß Geschmetter tönet durch das Waldesschweigen. Herz, nisin Herz, kannst du es fassen, dass all Winterleid gewendet, manches Dangen, manch ein Sorgen durch den holden Len; geendet? Ach, es lebt Erstorbnss wieder, alles Kranke mutz gesunden. Ja, durch all den Frühlingszauber haben Heilung wie gefunden! Der Vater des Rhododendron Bon Otto Flösset, Bautzen Das sind die Tage, da der Rhododendron blüht. Immer wieder ist es ein Bild unvergleichlicher Schönheit, wenn in Gärten und Parks durch die Stämme der Bäume ihr buntes Farbenfeuer leuchtet oder im Ausschnitt grüner Sträucher ihre vollen Blütenbüsche wogen. Hell lassen die Streiflichter der Sonne, die hier und dort durch die Wipfel fallen, die lichte Blumenpracht auf dunklem Grunde ausleuchten. Die Wieder geburt des Sonnenlichts vom vergangenen Sommer, so nennen die Gärtner die Blüte. Zwei Monate hindurch, im Mai und Juni, erfreut sie uns durch ihren Glanz, und noch im Winter, wenn die Gärten verwaist, belebt das dunkle Laub des Rhododendron das Einerlei des Bildes. Und trotzdem: So verschwenderisch er seine Gaben gibt, so anspruchslos ist er. Im tiefsten Schatten, aus sandigem Boden, der anderen Pflanzen längst kein Fortkommen mehr gönnt, dort ist sein Reich. Er ist ein Fremdling bei uns. In weiten Fernen liegt seine Heimat, im Alleghany-Gebirge Nordamerikas, im Ural, Kaukasus, auf dem Himalajagebirge. Das Himalajagebirge trägt den tropischen Rhododendron, den einzigen, der Duft ausströmt. Die Sträucher in unseren Gärten freilich sind nicht dort geboren. Ihre Ururahnen schon traten die Reise übers Weltmeer her zu uns an. Schwer nur mochten sie hier heimisch werden. Nur mühsam konnten sie sich den veränderten Lebens bedingungen anpassen. Ein Werk von Generationen war nötig, ehe es gelang, sie bei uns bodenständig zu mache». Und nun sind es gegen 100 Jahre, datz man die ersten Ber- suche damit begann. Nicht mit Unrecht darf man jetzt von der lOO-Iahr-Feier des Rhododendron sprechen. Führer in diesem Kulturkämpfe war all die Jahre hindurch die Gärtnerfamilie Seidel. Ihr Name ist auch über Deutsch lands Grenzen hinaus bekannt. Was die Bachs in der Musik, das waren die Seidels im Gartenbau. Aus der Lausitz gebürtig, hatten sie ihr größtes Arbeitsfeld auch in der Lausitz entfaltet. In Seidenberg war es, wo im Jahre 1670 Christoph Seidel das Licht der Welt erblickte, demselben Seidenberg, in dem auch die Wiege des Philosophen Jakob Böhme stand. Es gehörte damals noch zu Öftereichisch.Schlesien. Als Luthers Lehre dort Eingang fand, wanderte Seidel aus feiner schlesischen Heimat aus. Radeberg ward ihm zweite Heimat. Hier brachte er es gar bis zum Bürgermeister. Er ist der Gründer des dortigen Augustusbades. Zwei Söhne wurden ihm ge boren, Johann Christoph, in dessen Besitz das Bad später blieb, und Johann George. Jenem vertraute er die Berwaltung des Bades, diesem die Pflege der Anlagen an. Hierbei schuf letzterer einen Gartenbaubetrieb und Blumenhandel, den er später nach Dresden verlegte. In Dresden wurde ihm 1744 ein Sohn, Johann Heinrich Seidel, geboren, und dieser ist der Bater des Dresdner und damit des sächsischen Gartenbaues. Von I76l bis 1764 ging er zum Kurfürst, lichen Lust- und Kunstgärtner Unger in die Lehre und wurde 8 Jahre später Adjunkt am kurfürstlichen Orangengarten, der auch Herzogin-Garten hieß und teilweise heute noch erhalten ist. In der Zwischenzeit hatten ihn Reisen in die Welt geführt, endlich ernannte ihn d r Kurfürst zu seinem Hofgärtner. Bon den zehn Söhnen, die ihm geboren wurden, wurden vier Gärtner, während zwei Töchter in Gärtnerfamilie» heirateten. Als er 1815 starb, nahm er die Freude mit hinweg, in sechs Familien seiner Nachkommenschaft seinen Beruf weiterblühen zu sehen. Seine Söhne und Enkel haben sich die Zucht des Rho» dodendron besonders angelegen sein lassen. Ein Seidel fuhr in der Postkutsche nach Rußland und holte Rhododendron- pflanzen ein. Ein anderer Seidel widmete sich dieser Pflanze in Bapshof, gemeinsam mit Johann Standish, jenem gärt- nerischen Idealisten, der seinen Lieblingskulturen zweimal sein gesamtes Vermögen geopfert hat, um es schließlich durch Intelligenz und Zähigkeit wiederzugewinnen. Bor 60 Jahren noch war es kaum möglich, Rhododen- dron im Freien zu ziehen. Die Familie Seidel hatte es sich zur Aufgabe gemacht, einen winterharten Rhododendron heran, zuziehen, der auch dem strengsten deutschen Winter gewachsen wäre. Jahrzehntelang hat sie an diesem Ziele gearbeitet. Wie oft kehrten Fehlschläge und Enttäuschungen ein! Nicht selten wurde fast die ganze, in jahrzehntelanger Arbeit heran gezogene Pflanzung vernichtet. Doch die Seidels ließen sich nicht entmutigen. Anfangs wurde es durch Akklimatisation versucht. Es blieb erfolglos. Jetzt begann man es mit der Hibridisation, der geschlechtlichen Kreuzung. Die ersten in Dresden und Laubegast erzielten Erfolge damit wurden in Grüngräbchen erweitert, wohin man 1898 übersiedelte. Man wählte gerade diesen Ort, weil man das rauhe Lausitzer Klima als Bundesgenossen ansah. Mitten in großen Fichten- und Kiefernwaldungen mit ausgedehnten, etwa anderthalb Meter tiefen Moorlagern wurden die Bäume bis auf einzelne, etwas schützende Stämme gerodet und das Land urbar ge- macht. Im Laufe der Jahre wurde die Anlage mehr und mehr erweitert, und heute ist sie die größte Rhododendron- Pflanzung der Welt, auf welcher erfolgreich Winterhärte Pflanzen gewonnen werden. Wer weiß, selbst in der Lausitz, wer weiß — außer den Fachleuten — davon! Nur wenige. Kein Wunder. Denn die Anlage liegt weltvergessen in der Heide. Die Straße dahin führt durch hohen Wald. Man wandert einsam den Weg und plötzlich — plötzlich hemmt man unwillkürlich den Schritt, gefesselt von dem Bilde, das sich einem da öffnet. Zwischen den Stämmen lOOjähriger Kiefern leuchtet unvermittelt ein Heer von Farben auf. In bunter Pracht strahlen die vollen Büsche. Gerade um diese Maienzeit erschließt sich einem der ganze Zauber dieses Blüten märchens. Auf dem Grunde dunkler Föhren hebt es sich ab, hier rot, dort weiß, da gelb. Das ist kein Garten, von strengem Zaune abgeschlossen: Frei stehen die Blumenbüsche im Wald. Wie anderorts am Moosboden Farnkraut und Beerengefträuch, so wachsen hier Rhododendron und Azaleen. Scheinbar wild. Und das ist das bezaubernde an dem Bilde. Man wähnt sich in den Urwald, wo Lianen und Orchideen in Farbenpracht phantastischer Gestaltung mit Papageien und Kolibris wett- eifern. Papageien und Kolibris sind es nicht, aber Fiaken und Drosseln singen Weisen in den Zweigen, und Hummeln und Falter gaukeln von Blume zu Blume. Die beiden Häuser im Walde dabei bestärken das urwaldliche Bild. In ihrer Abgeschiedenheit gleichen sie fernen Farmen.