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Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius 91 (Fortsetzung) Waren es etwa gar Liebsleute? Es mußte wohl so sein. Und verdrießlich dachte er, daß er der Riegertochter doch einen bessern Geschmack zugetraut habe. Toni hatte endlich einen Anknüpfungspunkt gefunden. „Onse zahle Henn Hot gestern der Hund derbössn", be gann er freudestrahlend, weil ihm da doch etwas ein gefallen war. Ruth lachte affektiert auf. „Nee su woas!" Das nahm aber den Erzähler wunder, weswegen er vorwurfsvoll sagte, da gäbe es doch nichts zu lachen, das sei eher zum Heulen. Und Ruth zerbrach sich den Kopf, was denn eigent lich zum Heulen sei. Sie hatte sich nämlich die heimliche Beobachtung des Adam Leo so ernstlich angelegen sein lassen, daß ihr ganz entgangen war, was Tonl überhaupt geredet hatte. „Woas host'n gsoit? Iech hoa goar ne richtg druf- ghorrt," fragte sie. Da flog ein Schein des Borwurfs über des Burschen Züge. „Nu do host's," meinte er, „örscht redt'ch Der zo laut. Ond nu riäd 'ch Der wieder zo leis, doß D's goar ne hörrscht." Der am Tische giftete sich unterdessen immer mehr, daß ein Mädel wie die Rieger-Ruth sich an so einen Pappstiefel wegwerfe. Ihm wurde richtig heiß dabei. Und er nahm sich vor, gar nicht mehr nach den Beiden zu schauen. Verärgert wandte er sich halb ab, aber eben nur halb, da er ja sonst gar nichts mehr davon gesehen j hätte. „Bo onser gahln Henn," antwortete jetzt Tonl. Er hatte ja genug Zeit, die Worte in seinen Hirnschubfächern zusammenzusuchen, denn Ruth drängte ihn keineswegs. „Liät se ömmer no su fleißg?" lautete die etwas komische Gegenfrage. Da schüttelte Tonl den Kopf. „Du mußt doach ornd- lich goar nischt hiern. Wie soll se denn iiän, wenn se tut ös?" Die Seitenblicke, die Adam nach dem Paare warf, genügten vollkommen, um seine Laune immer weiter herunterzndrücken. Wie das Mädel auf den Schnabel des Tölpels guckte, grad als wolle sie ja kein Wort verpassen, was aus dem Munde dieses Tolpatsches kam. Er fühlte einen rechtschaffnen Zorn in sich aufsteigen. Mit Befriedigung stellte Ruth fest, daß die Stirn Leos sich immer mehr umwölkte. Und freundlicher, als es sonst ihre Weise dem Krautbauersohne gegenüber.war, sagte sie: „Wenn se tut ös, do losse ock nu sein! Riäd vo woas annern!" „Euja," willigte Tonl naiv ein. Lev verlor allmählich die klare Besonnenheit. Ohne zu bedenken, daß es doch sehr unklug sei, seine innere Stimmung zu verraten, hieb er wütend die Faust auf den Tisch. Da hatte man nun immer geglaubt, dieser Sohn vom Krautbauer sei halb blöde, und dabei ent puppte er sich da als einer, der schlimmer zu poussieren verstand als sonst einer. Das war doch zum Teufelholen, wenn man sich in einem Menschen so irrte. Ruth hatte den Faustschlag wohl gehört. In ihrem Herzen hatte er wie Kirmisböllerschüsse geklungen. Da tat Tonl wieder den Mund auf. „Meßt woas?" brachte er mit wichtiger Miene heraus. „Nee," erwiderte Ruth lachend, weniger über den da vor ihr, sondern aus Freude über das Gelingen ihrer List. Statt nun zu reden, schüttelte Tonl betrübt den Kopf und meinte, da ginge es nicht. Was denn nun nicht ginge, fragte ihn Ruth belustigt ob seiner bestürzten Mienen. Aber er stand vor ihr, als habe ihm ein Huhn sein Vesperbrot weggefressen, und sagte nur: „Iech^wollt abn groad woas soin." Ungeduldig drängte ihn Ruth: „Nu, woas denn egnt- lich? 's wörd oh ne vill gwast sein. Do soi's ock!" Aber der Bursche meinte nur wieder mit einer Jammer miene, da nütze nun nichts mehr. Ruth wußte überhaupt nicht mehr, was jetzt mit dem Schwerfälligen geschehen sei. „Woaröm nutzt's denn nu nischt mich?" fragte sie. „Iech hoa Diech gfroit, ob Du woas meßt, ond do host gsoit „nee." „Do riäd doch nu! Iech koan doach iher nö wössn, woas D' soin wöllst." „Iech wollt abn vurtn groad soin, Du sellst lieber riädn, weil iech nischt weeß." Leo hatte die Hände in seine Haare verkrampft und zog vor Groll an dem schwarzen Lockenschopf. Nein, daß er den Tonl so verkannt hatte! Der brachte doch sonst den Mund nicht auf. Aber mit der Rieger-Ruth schien er auf Teufel Komin raus quatschen zu können. Es fraß richtig in ihm. So ärgerte er sich über die Beiden. Zu jeder anderen Zeit hätte Ruth dem Tolpatsch den Rücken gekehrt, aber jetzt galt es ja, den Adam Leo eifer süchtig zu machen. Deswegen legte sie dem Bauernsohne vertraulich die Hand auf die Schulter und lachte leise: „Du böst mr ja dr Richtge." Tonl zuckte mit der Achsel. Die Hand da wirkte störend auf ihn. Es schien etwas von ihr auszugehen, was ihn in seiner Gemächlichkeit unangenehm berührte. „Du, niem ock Dein Hand oo menner Achsl ronner!" sagte er ärgerlichen Tones. Das Mädchen schaute ihn betroffen an. „Woaröm denn?" „'s ös su schon» su woarm heute. De Sonn brennt richtg, ond do wörd en ju ock no wärmer," versetzte der Gefragte phlegmatisch. Ruth drehte sich lachend wie ein Kreisel auf dem Absätze herum und meinte, sie habe es ja schon gesagt, er sxi eben der Richtige. „Zo woas'n der Richtge?" fragte Tonl. Ein ängst liches Zittern wurde in seinen Worten hörbar. Ruth bekam es schließlich dach satt mit dem Burschen und erwiderte schnippisch: „Nu, zon Heiroatn nö." Uber Tonis Gesicht flog ein Schein innerer Befriedigung. „Su su," sagte er bedächtig, „nu wenn ock doas nö ös, do konnst se ruhg wieder druf liün." Immer grimmiger wurden die Blicke, die Leo von Zeit zu Zeit verstohlen nach dem Paare warf. Nein, wie die doch miteinander scharmuzierten! Es würde ihn gewiß nicht wundern, wenn die zwei in vierzehn Tagen schon aufgeboten würden. So heimlich auch Leo seine Augen nur nach den Beiden funkeln ließ, der spähenden Rüth entging es doch