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Fritz Bertram, ein Dichter der preußischen Oberlausitz Bon Herbert tzenkner, Bautzen l. Seine Stellung zur Oberlausitz allen sächsischen, um nicht zu sagen, deutschen Gauen, ist die Oberlausitz hinsichtlich ihres Schrift- tums einer der verwöhntesten und am reichlich- sten bedachten. Auf den verschiedensten Gebieten fMWW hex Heimatpflege und des Heimatgedankens, sei es Geschichte, Volkskunde und schöngeistiges Schrifttum, hat sie zahlreiche Vertreter. Überdies fehlt es ihr auch nicht an Geistesheroen, die sich in der Ewigkeit der Ge schichte ihren rühmlichen Platz erworben haben. Trotzdem bilden die Dichter, vor allem die noch leben den, welche wirklich bis ins Tiefste des Bolksgemütes, der Volksseele und in all die tausenderlei Feinheiten ihrer Landsleute eingedrungen sind, die als wirkliche, echte und wahre Schilderer ihrer Heimat aus dem Innersten ihres Volkes geschöpft haben, um mit dichterischer Kraft zu gestalten und neu zu beleben, nur einen verhältnis mäßig engen Kreis. Die Prominentesten unter ihnen sind Wilhelm o. Polenz, Oskar Schwär, Wilhelm Friedrich, Richard Blasius, August Matthes, Rudolf Gärtner und einer, dem leider in der sächsischen Oberlausitz noch viel zu wenig Beachtung geschenkt worden ist, Fritz Bertram, Lauban. Der feinste Hauch, der aus ihren Werken weht, ist aus der Lunge ihres Volkes geatmet und der Impuls, der sie belebt, ist der Herzensrhythmus ihres Volkes. Da die Oberlausitz keineswegs ein politisch abgegrenztes Gebiet darstellt, so muß es als bedauerliche Tatsache be trachtet werden, daß als Oberlausitz für gewöhnlich nur der sächsische Teil der Oberlausitz angesehen wird und weite Kreise sich durch die sächsisch-preußische Grenze zu diesem Irrtum verleiten lassen. Auf den wirklichen Um fang der Oberlausitz besinnen sich die meisten aber wohl nur, wenn sie mit Stolz auf die Geschichte ihrer Heimat zurückblicken und von der Blütezeit des Sechsstädte- Bündnisses sprechen, zu dem auch Görlitz und Lauban gehörten. Die Gegend um Lauban muß auch heute noch zur Oberlausitz gezählt werden, wenngleich sie gewisser maßen ein Grenzgebiet zu Schlesien darstellt. Freilich haben die Dialektkenner recht, wenn sie zwischen der Mundart der Laubaner Gegend und jener der sächsischen Oberlausitz einen merklichen Unterschied feststellen. Der durchaus verwandte Grundzug im Charakter beider Mund arten läßt sich jedoch nicht abstreiten. Natürlich ist auch der Einfluß des nachbarlichen schlesischen Dialektes nicht zu vermissen, ebenso wie wir in der Gegend von Zittau und Reichenau den sächsisch-böhmischen Dialekt beobachten können. Und würden wir einmal dem Dialekt in der Gegend von Großröhrsdorf, Pulsnitz und Kamenz etwas mehr Beachtung schenken, als das bisher geschehen ist, so dürfte uns auch hier mancherlei auffallen. Leider haben die anerkennenswerten Versuche von Hermann Weise, Pulsnitz, die Mundart seiner Gegend mehr herauszustellen, noch zu wenig Erfolg gehabt. Ein Teil dieser Tatsache mag auf das Konto der Schreibweise zu rechnen sein. Lauban mit seinem Fritz Bertram bedeutet für uns Lausitzer also in gewissem Sinne ein vorgeschobener Posten. Dr. Frenzel beleuchtete jüngst die interessante Tatsache, s daß wir unsere besten Heimatdichter gegenwärtig an den Grenzen der Lausitz zu suchen haben, so wie Oskar Schwär (Dresden), Richard Blasius (Schandau) und Rudolf Gärtner (Hellerau). Wir dürfen hierbei Wilhelm Friedrich und August Matthes gen. Bihms Koarle (Reichenau und Zittau) nicht vergessen. In diese Reihe gehört aber unbedingt auch Fritz Bertram (Lauban). Allein nach diesen Betrachtungen rein äußerlicher Natur würde Fritz Bertram zu den Unsrigen zu zählen sein. Am tiefsten wird uns dies aber bewußt, wenn wir ein mal genau betrachten, was Fritz Bertram für uns bedeutet, was er schuf und wie er es gestaltete. ii. Aus seinem Leben Es ist das goldene Borrecht jugendlicher Stürmer und Dränger, begeistert nach dem Höchsten, nach den Sternen zu greifen, aus der Enge in die Weite, aus der Nähe in die Ferne zu streben. Leicht übersehen sie dabei das Gute, das ihnen oft so nahe liegt, Probleme und Ereignisse, welche die Heimat ihnen bietet und die der künstlerischen Gestaltung ebenso würdig sind, wie das oft recht weit Hergeholte. (Aus dem Borwort zu Fritz Bertrams neuestem Bande „Derlabtes und Erduchtes".) Fritz Bertram, der die 50 bereits überschritten hat, ist längst kein Stürmer und Dränger mehr. Er durfte in der Ferne weilen, um so recht aus tiefstem Herzensgründe zu erfühlen, wie wertvoll doch das Nahe ist, wie ganz anders der Klang des schönen Wortes Heimat das Ohr berührt, wenn es zuvor fremde Stürme umbraust haben. Er weiß auch, was Scholle bedeutet, wenn man sie her geben muß. Das Köstlichste jedoch, was ihm ein gütiges Geschick bescherte, ist ein freudiges, liebevolles Herz und ein sonnig-warmes Gemüt, geläutert durch eine harte Lebensschule. Nichts sollte ihm vorenthalten, nichts ihm erspart bleiben. Freud und Leid glichen diesen Mann aus, der nun als ein geklärter und gereifter Charakter vor uns steht. Freude, Sonne und strahlender Goldeswert war der Inhalt seiner Iugendjahre, Romantik seine ganze Jugend. I Ja, es war eine Schillerjugend, die der fromme kleine Fritz verbringen durfte. Ein Geistlicher wollte er werden. Die Lieben mußten geduldig seine Predigten über sich ergehen lassen. Sein inbrünstiges Herz verlangte nach Morgen- und Abend-Andacht und ahnte wohl kaum, wie viel Trost es der armen, von Nöten gequälten Vergolder familie spendete. Als kleiner Dichter und Regisseur legte er frühzeitig eine geschickte Gestaltungskraft an den Tag, deren Zeugen immer und immer wieder Angehörige, Freunde und Verwandte sein mußten. Jauchzende Wonne einer glückseligen Jugend spiegelte sich in diesen Jahren wieder und selbst dem wunden Herzen des Vaters, den es wohl am meisten schmerzen mochte, einem solchen Sohne nicht eine glückliche Zukunft sichern zu können, wird mancher Freudenstrahl zu neuer Hoffnung belebt haben. Solange Großmütterchen noch Märchen erzählte, indes der kleine Fritz ihr anschmiegend und lauschend zu Füßen saß, war alles noch gut. Doch dann kam die rauhe Hand des Schicksals, die den jungen Träumer jäh ausrütteln und ihm des Lebens ernstes Führen so rauh vor die Seele stellen sollte. Leidooll waren die Jahre, als das Geschäft des flei ßigen Vergolders durch die industrielle Einwirkung mehr und mehr nachließ, als das Vaterhaus, der Ort der Wiege, der traute Schauplatz^ tiefsten Kindheiterlebens geopfert